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Nur Nähe



Geschrieben von:   Morgenstern



Nur Nähe
geschrieben von Asthenar am 20.02.2013
Bewertung zum Beitrag Nur Nähe
Schön, dass hier wieder was los ist.
Gefällt mir insgesamt sehr gut, ich hab nur ein paar kleinere Änderungsvorschläge - die Floskel kann ich mir langsam sparen - aber gut, kommen wir zu den Änderungsvorschlägen, zum einen ist da die vorletzte Zeile -Auch diesen Frost werde ich missen- und ich finde, dass es klanglich besser passen würde, wenn es heißen würde -werd ich vermissen- unter anderem weil du dann keinen Doppel- sondern gleich einen Dreifachreim hättest. Dann noch erste Zeile - hinab gezogen - sollte meiner Meinung nach zusammengeschrieben werden.
Gut das wars schon mit der kritischen Kritik, kommen wir zur Interpretation und Aufbau des Gedichtes. Aus irgendeinem Grund hab ich das Gefühl, dass du auf ein anderes Gedicht anspielst, ich weiß leider weder von welchem Autor oder wie das Gedicht heißen könnte - naja egal. Die erste Strophe zeigt ja schonmal zwei handelnde Akteure, also das du und das ich was beobachtet und beurteilt zusätzlich kommt der Kreis, welcher scheinbar eine Art magischen Ort darstellt, zumindest wichtig, wie auch immer. Was das jetzt sein könnte wird ja offengelassen, was zumindest mich dazu gebracht hat, dass Gedicht persönlicher zu sehen, quasi Selbstreflexion. Die zweite Strophe finde ich malt sehr große Bilder, mich hat das -tiefen, schiefen, Schilf- etwas herausgebracht, ist zwar klanglich sehr schön, aber die ungewohnte Formulierung unterbricht das Gedankenschweifen, gelesen ist das sehr schön, aber falls du sie vorliest im Rahmen einer Lesung oder so, würde ich schiefen durch ein weiteres tiefen ersetzen.
Die letzte Strophe hat mich sehr überrascht und ein wenig verwirrt. Da ich bis zum Ende felsenfest davon überzeugt war, dass bei -Wenn du versinkst, so sanft, im- auf jeden Fall ein Eis folgt und kein Kreis, lese ich dieses Gedicht bestimmt zum zehnten, elften Mal. Ist der Kreis jetzt ebenfalls Eis oder ist es die Personifizierung der Kälte bzw. der Beziehungskälte? Während ich den Kreis in der ersten Strophe für eine Art Schutzraum des Ichs gehalten hab, den er mit seiner teils unerwiderten Liebe teilt, wird es ein Raum in den die unerwiderte Liebe verschwindet - vielleicht ist es ihr Schutzraum, vielleicht ,vorallem um beim kreishaften zu bleiben, das Gefühl, dass es weder vor noch zurück geht, dass man wieder am Anfang steht. Das Im Kreis am Ende stellt für mich alles andere wieder in Frage, da der Kreis am Anfang ein Raum ist, bei dem andere Regeln gelten, als in äußeren Räumen, wenn ich es richtig verstanden habe, doch wenn sie dahin zurückkehrt, bedeutet dies, dass der Kreis Anfang und Ende der Beziehung darstellt, möglicherweise der gemeinsame Nenner, der allerdings an sie verloren geht. Das Ich hat am Ende wohl weder Nähe, noch das Du, noch einen Platz im Kreis. Ich hör an dieser Stelle auf, denn jetzt drehen sich schon meine Gedanken im Kreis.

Gruß Asthenar


Kommentar des Autors vom 20.02.2013.

Wenn sich deine Gedanken im Kreis drehen, dann ist eine Intention schon einmal gewürdigt. Schnell zum formellen: an hinab gezogen ist Word Schuld, welches so lange autokorrigiert hat, bis ich keine Lust mehr hatte und es stehen ließ. Gegen „Werd‘ ich vermissen“ habe ich mich bewusst entschieden, hauptsächlich weil der Bruch, weg vom Erwarteten, gewollt wurde. Nebensächlich, weil ich mit dem Verhackstücken von Verben aufhören will. Ich hatte beim Schreiben kein konkretes fremdes Gedicht im Auge, vielleicht habe ich mich aber unterbewusst auf eines bezogen, das ist möglich. Ich habe selber mal „Im Kreis“ geschrieben, müsste hier auch veröffentlicht sein, daran habe ich auch während des Schreibens gedacht. Selbstreflexion ist durchaus eine der Verständnismöglichkeiten, vor allem aber eine, die sich stringent durch das ganze Gedicht zieht. Andere Bilder sind aber ebenfalls beabsichtigt, beispielsweise ein Strudel, der hinabsaugt. Schön, dass die Bilder der zweiten Strophe bei dir ankommen, es ist für den Autoren, der sie vor Augen hat oder sogar beim Schreiben tatsächlich sieht, natürlich nicht immer einfach zu erahnen, ob der Effekt eintritt oder nicht. Das Schilf allerdings muss schief sein, nicht nur tief, zum einen des aufkommenden Wetters wegen, zum anderen für den selbstreflexiven Blick nach innen. Auch hier ist der Bruch erwartet, der Kreis ist in sich nicht schlüssig. Zur dritten: Der Schutzraum, den du in der ersten Strophe erkennst, ist eine valide Interpretation, eine Verständnismöglichkeit die im Rahmen der Selbstreflexion durchaus gewollt ist. Dass dir dann aber die dritte Strophe das Gefühl gibt, diese sei nicht möglich, kann ich nicht nachvollziehen. Du hast ja erkannt, dass es sich um den Blick nach innen, um zwei Akteure, ich nenne sie mal Seelen, geht. Und um den Verarbeitungsprozess, den diese Teilen. Erinnerung, Flucht, Selbstbetrug, Trauer, Akzeptanz, all dieses. Das „Du“ in der letzten Strophe hätte ich großschreiben müssen, das korrigiere ich jetzt. Die Liebe, der Mensch zu dem nur Nähe gewollt ist (und wer das ist, ist relativ offen), versinkt in der Erinnerung, wird verdrängt und „zertrauert.“ Das Ich hat am Ende also weder das Du (und hierbei handelt es sich nicht um einen der Akteure der ersten Strophe), noch die Nähe, die das Du geboten hat. Der Kreis aber ist Teil des Ichs, ob das Ich dann einen Platz in dieser Gedankenwelt hat oder nicht, sei hingestellt. Ich danke für den ausführlichen Kommentar, es ist interessant zu sehen, inwieweit die teils etwas abstrakte Beschreibung und Metaphorik verstanden wird. Ziemlich gut im Fazit, nur ein kleiner Ausrutscher bei Strophe drei, der aber gar nicht mal ungewollt ist. Ich grüße zurück