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Autor: knochengott

Erstellt am: 20.07.2007

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neue regeln



Geschrieben von:   knochengott


Teil des Episodenwerkes: wolf!

  - Einleitung
  - Kapitel 1: neue regeln
  - Kapitel 2: angenehm gefühllos
  - Kapitel 3: taktisch einsam
  - Kapitel 4: angepaßt süchtig
  - Kapitel 5: sensorisch monoton
  - Kapitel 6: organisch vertraut
  - Kapitel 7: erschreckend sanft
  - Kapitel 8: eisig glühend


Das Ziff läßt meinen Körper vibrieren. Ich höre ein leises Rauschen und mit Entsetzen bemerkt mein Verstand, daß es meinen eigenen Zähne sind, die langsam vor und zurück aufeinander reiben. Mühsam beherrsche ich mich und unterdrücke den Zwang mich zu bewegen. Alle Systeme auf Roten Alarm! Kampfbereitschaft! Das ist der Nachteil bei Ziff: Entweder du bewegst dich bewußt oder dein Körper bewegt sich allein. Du kannst es nicht kontrollieren. Nur für einen Weile unterdrücken.

Ich bin im The Dive, ein scheißenger Club im beschissensten Viertel der Stadt. Was für ein Scheißort! Das The Dive ist nach meinem Gefühl ungefähr so groß wie ein Klo, nur lauter und stickiger. Die Lüftung wird in solchen warmen Winternächten bewußt abgestellt, damit die Leute mehr trinken. Ich trinke eine Menge. Wenn man viel trinkt, schwitzt man auch viel. Ich liebe den Schweiß, den Geruch, das feuchte Schmatzen. Aber das Ziff will, daß ich mich bewege. Ein hämmernder Sound dröhnt durch den Club und ich kann nicht anderes, ich dränge mich durch zur Tanzfläche und beginne mich zu bewegen. Bald verliere ich die Kontrolle und sehe mich selbst mit dümmlichem Interesse, wie ich über die Tanzfläche peitsche und etliche andere Leute anremple. Die eine oder andere Bierflasche fliegt, aber das Ziff läßt mich automatisch ausweichen, ohne das ich aus dem Takt komme. Herrlich. Der Schweiß glänzt auf den Seiten meines Schädels und den Unterarmen. Das Shirt klebt an meinem Körper, die Bandage an der rechten Hand ist feuchtwarm. Mein überdimensionales Schlüsselbund schlägt mir rhythmisch gegen den Oberschenkel. Ich senke mich wieder herab und vereint sich mit meinem Körper. Ich schwitze. Ich keuche. Ich triefe. Ich rase. Ich lebe.

Links neben mir entdecke ich ein fahles Leuchten. Der weiße, glatte Schädel von Rev blitzt auf und verschwindet wieder, wenn er seinen Oberkörper nach vorn schnellen läßt. Seine Augen sind geschlossen, die von den Zähnen zurückgezogenen Lippen murmeln den Text des Liedes mit und sein ganzer Körper bebt. Ich richte meine Aufmerksamkeit einen Moment auf die Musik, weg von dem dumpfen Dröhnen und Schieben, daß durch das Ziff gefiltert mein Gehirn erreicht und entsinne mich auf den Song. Mir fällt der Name nicht ein, aber die vielen Fucks lassen mein Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen. Ich werde zur Peitsche, die im Takt vor und zurück schnellt und ein heiseres Brüllen entrinnt meiner Kehle. Erst nach einigen Momenten gesteht mir mein verseuchtes Hirn, daß ich den Text des Songs mitbrülle. Auch Rev brüllt und läßt aggressiv die Fäuste vorschnellen. Ein heiserer, erregter Schrei neben ihm macht mich auf Merc aufmerksam. Seinen stoppeligen Schädel wirft er ebenfalls im Einklang mit Rev nach vorn und springt wie wahnsinnig hin und her. Das Lied setzt einen Moment aus, zögert die nächste Attacke herbei. Keuchen um mich herum. Rev schenkt mir einen erschreckend fröhlichen Blick und ein sadistisches Grinsen. Auch Merc, jetzt rechts von mir, keucht und seine Fäuste zittern vor Anspannung. Sein rotes Shirt hat die Farbe von Blut angenommen, es glänzt auch genauso feucht. Der aufgedruckte Werwolf grinst ebenfalls.
"Wolf!" rufe ich ihm zu und nach einem Augenblick erwidert er den Ruf.
"Wolf!" heult uns Rev zu und wir erwidern es beide.
"Wolf! Wolf! Wolf!" beginnen jetzt auch andere zu rufen, als der Takt des Songs wieder einsetzt. Es wird zu einem heiseren Sprechgesang, bis der Takt kurz vor der nächsten Zeile wieder aussetzt.
Rev stimmt ein Heulen an, dem sofort der Rest folgt. Dann setzt die Musik wieder ein und die Tanzfläche wird zum Zwinger. Wir sind keine Menschen mehr, nur noch instinktiv getriebene Tiere. Das Ziff scheint uns alle unter Kontrolle zu haben. Ich kann es ihnen nicht verdenken.

In dem Moment bekomme ich den ersten Checkout und die Welt verwandelt sich für einen Augenblick in eine träge Schliere. Alle Geräusche klettern die Tonleiter hinab und die Bewegungen werden traumhaft langsam, während das Ziff meine Nerven zu einem letzten Burnout veranlaßt und dann seinen Geist aufgibt. Sofort ist die Welt wieder im normalen Zeitrahmen, aber alles ist anders. Die Musik zu laut, der Laden zu stickig und mein Körper viel zu erschöpft. Keine Treibstoff mehr, Kapitän. Alle Systeme im roten Bereich!
Ich verlasse schnell die Tanzfläche, krame in meinen Taschen und finde noch eine Ampulle Ziff. Ein breites Grinsen überzieht mein Gesicht, während ich die Toilette aufsuche. Noch ist der Abend nicht zu ende. Noch verdammte Scheiße nicht.

Die Toiletten empfangen mich mit sterilem Weiß und angenehmer Kühle. Doch innerhalb von Sekundenbruchteilen reagiert mein Körper und eine Gänsehaut überzieht ihn. Mich drängt hinaus, zurück in den Irrsinn, den man Nachtleben nennt. Also schnell an den Waschbecken vorbei, einen kurzen Blick zu den Pissoirs (später Jungs, später) und an der ersten Klotür gerüttelt.
Sie ist verschlossen.
Die unkoordinierte Unsinnigkeit des grünen 'Frei'-Zeichens und der Tatsache, das die Tür trotzdem verschlossen bleibt, läßt mich einen Augenblick an der gerechten Verteilung von positiver und negativer Energie im Universum zweifeln. Aber nur einen Augenblick. Den zu meinem Glück gibt es drei Klos, also ist die Schicksalhaftigkeit des Universums im Verhältnis eins zu drei eventuell doch ausgeglichen.
Ich versuche Nummer zwei.
Ebenfalls verschlossen, diesmal schreit mir das rote 'Besetzt'-Schild seine Botschaft sarkastisch-freundlich entgegen.
Also Nummer drei.
Und mein Universum rückt sich von allein wieder gerade, als sich Tür Nummer drei durch einen sachten Stoß öffnet und mit eine weiße Schüssel und fröhlich beschriftete Wände präsentiert. Ich schließe die Tür und atme tief ein.
Willkommen in meinem Paradies!
Doch mit dem Einatmen nehme ich etwas Verderbtes, Böses in mich auf.
Die dunkle Seite der Macht schleicht sich ein und versucht Besitzt von meiner Seele zu nehmen.
Angewidert sehe ich mich um und entdecke einen bräunlichen Absatz unterhalb des Klodeckels. Ein Schauder überfällt mich.
Die dunkle Seite der Macht streckt ihre grauenvollen Finger aus und packt nach mir.
Mit dem linken Fuß hebe ich vorsichtig den Deckel an, wobei ich mich seitlich an den Wänden abstütze. Noch bevor der Deckel sich mehr als zehn Zentimeter gehoben hat, ist mir der Inhalt der Toilette klar, doch meine versagenden Nerven reagieren nicht auf den verzweifelten Befehl des Hirn und so hebt sich der Deckel mit langsamer Monotonie höher und höher.
Die dunkel Seite der Macht packt mich mit ihren Klauen, deren messerscharfe Krallen mein Fleisch zerreißen und meine Seele peinigen.
In dem Augenblick, als der Deckel mit einem plastenen Klacken an das ebenfalls plastene Spülungsbecken zum Halt kommt, gibt mir das verderbende Ziff die zweite Warnung, ob seines Versagens.
Die dunkle Seite der Macht reißt ihr Maul weit auf und wirft mich, meine Seele, mein Selbst in diesen grauenvollen Schlund...

Wieder verwandelt sich die Welt in einen zehnfach verlangsamten Schleier aus millionen Lichtpunkten und Frequenzen. Ein tiefer Brummton erschallt und erfüllt meinen Kopf, während mir diese Nanosekunde eine kostbare Zeitlupe des brillanten Inhalts der vermaledeiten Kloschüssel liefert. Zu kostbar. Zu brillant.

Die sämige braune Jägersoße ist angenehm um das als Schnitzel oder Steak zu identifizierende Stück Fleisch drapiert und das mannigfaltige Mischgemüse am äußeren Rand der Schüssel scheint in Größe und Konsistenz stark zu variieren. Anscheinend hat der Koch einige Verfallsdaten nicht beachtet, jedenfalls läßt der leicht säuerliche Geruch darauf schließen. Aber das ist in einem Fünf Sterne Restaurant wie dem hier wohl kaum möglich. Diese Schüssel enthält nur das Beste vom Besten, abgeschmeckt mit ein oder zwei Martini bzw. Cola-Wiskey und einem Hauch Magensäure...

Ich stürze aus dem Klo, während das langsame Bewegen der Welt anhält und stürze schwer gegen das Waschbecken. Mein Kopf prallt dagegen und sofort springt die Nadel in eine andere Rille und der Zeitfluß setzt wieder ein. Das Brummen klettert die Tonleiter hinauf und verwandelt sich in einen langgezogenen, atemlosen Schrei.
Meinen Schrei.
Ich schließe den Kiefer abrupt und beiße den Schrei ab. Die Zähne prallen hörbar aufeinander. Ich sitzt zittrig unter dem Waschbecken und atme langsam durch die Nase. Das Gourmet-Menü in Klo drei hat meinen aufgepeitschten Geist so ziemlich den Rest gegeben. Ich sehne mich nach der Tanzfläche, dem dumpfen Wummern der Musik und dem Ziff.
Hektisch krame ich es aus der Tasche, während mein rechter Arm krampfhaft versucht mich am Waschbecken hoch zuziehen. Zu viele Drinks heute abend lassen die Angelegenheit zu einem an das Unmögliche grenzende Unternehmen werden, aber mein Arm ist zornig und verbohrt. Er gibt nicht auf und nach einem kurzen Augenblicks im Kampf von Trunkenheit, Schwerkraft, Gleichgewichtssinn und Sturheit gewinnt er und zieht mich hoch. Dankbar stehe ich vor dem Waschbecken, betrachte mein weißes, hageres Gesicht im verkratzten Spiegel und bewundere den Mut und die Unbeugsamkeit meines heißgeliebten Arms, als sich die Tür von Klo zwei hinter mit öffnet.
Die Nadel springt wieder, diesmal fast zu weit und mein Universum schlägt einen Purzelbaum, als mich die freudige Erwartung einer Ampulle Ziff herumwirbeln läßt.

Sie ist die Diva eines alten Schwarz-Weiß-Filmes. Unscheinbar und irgendwie unwirklich tritt sie aus dem Klo in das helle Licht des weißen Paradieses und wirft mir eine langen Blick zu. Die Haut ist von einem milchigen Weiß, die Augen, Haare und Lippen dagegen schwarz, nicht das grelle, üble Blauschwarz sondern ein dunkles Braun, wie uraltes Holz. Der schlanke Hals geht in ein schwarzes Hemd über, dessen Kragen hoch geschlossen und von einer Krawatte, ebenfalls schwarz, umfaßt ist. Die Unterarme sind mit feinen dunklen Haaren bedeckt, die Haut darunter schmierig feucht. Der Brustkorb senkt sich unter ihren hektischen Atemzügen. Ihr Blick weicht nicht von mir ab, die Nasenflügel beben. Die enganliegende schwarze Stoffhose und der darüber liegende Rock lassen ihre einladenden Hüften in einer bewußten Anstrengung hervortreten. Ihre Augen sind dunkel, fast schwarz und ihr Gesicht zeigt leichte Erregung. Eine Schweißperle rinnt ihren Hals hinab, unter das Hemd, in die Region, die weiche Haut und straffes Fleisch verspricht.
Ich klammere mich immer noch an das Waschbecken, mein Körper zittert in Erwartung des Ziffs, aber ich kann mich nicht bewegen. Ihre Haut glänzt von Schweiß und ihre Geruch liegt in der Luft. Ein weißlich-brauner Geruch wie von einem Tier. Sie lächelt mich an und ihre Zähne glitzern metallisch weiß.
Verwundert begegnet mein Blick der Wölbung in meiner Hose, als mein Stab sich aufrappelt, sich zur Revolution bereit macht. Sein Winterschlaf, durch Ziff, DSLO, Powder und dem guten alten C heraufbeschworen, neigt sich gerade dem Ende entgegen, und er sich ihr. Der Stock in meiner Hose beginnt schmerzhaft gegen die Knopfleiste zu drücken und wächst noch weiter. Mein fassungsloser Blick wandert wieder zu ihr und ihr Lächeln wird noch breiter. Dann senkt sie die Lippen und den Kopf, fixiert mich aus tiefliegenden, dunklen, schreienden Augen und beginnt leise zu knurren.
Meine Nackenhaare stellen sich auf und mit einem reißenden Geräusch gibt die Naht meiner Hose nach, als mein Stab sich seinen Weg heraus bahnt. Er scheint unabhängig zu handeln. Rote Hitze steigt von ihr auf, als sie die Krawatte lockert und den oberen Knopf des Hemdes öffnet. Langsam erscheint immer mehr ihrer köstlichen Haut und mit Entzücken stelle ich fest, daß sie keinen BH trägt. Langsam sehe ich den Stoff über ihre Brüste gleiten, sehe die Brustwarzen darunter hervorstechen. Der Saum der Naht bleibt kurz an der linken Warze hängen, bevor sie mit einem sanften Vibrieren darüber rutscht. Feuchte Kühle breitet sich unterhalb meines Halses aus. Ich sabbere.

Und wieder gibt mir das Ziff einen Burnout. Die Zeit ruckt zurück und schliert träge an mir vorbei. Ich sehe ihre Haut, die Brüste, rieche ihren herrlich glänzenden Schweiß und dann setzt das Ziff noch einen drauf und knallt mir die Halluzination um die Ohren. Während sie das Hemd endgültig auszieht, entblößt sie unterhalb des ersten Paares noch ein kleineres Paar Brüste. Ich schüttle den Kopf und mein Hirn bleibt fasziniert an der Verquirlung von verschlierten Farben und Formen hängen. Dann folgt das dritte Paar Brüste, kaum größer als die eines Mädchens und der Bauch. Ungläubig gleitet mein Blick über den Oberkörper und fixiert die Unglaublichkeit. Sie bewegt sich träge, das Ziff beschleunigt mich und schießt mich in einen niedere Umlaufbahn. Ich betrachte meine Hände, die das Waschbecken immer noch umklammern und sende ihnen einen verschlüsselte Red-Alert-Code. Und wie erwartet reagieren diese beiden braven Soldaten und entkrampfen den Griff um das Waschbecken. Mein Oberkörper stürzt herab und durch das verfluchte Ziff nehme ich jede Einzelheit der Oberfläche war. Mein niedriger Orbit verringert sich rapide und unter Feuer und Licht trete ich in die Atmosphäre des Waschbeckens ein.

Die Nadel springt wieder, diesmal ins Leere. Doch der Plattenspieler führt sie ruhig zurück zum Anfang und nach ein paar Sekunden spielt sie Musik weiter.

Ich liege unter dem Waschbecken und einen kurzen Moment überlege ich ob es ein paar Minuten früher ist und sie gleich auftreten wird. Dann schiebt mir mein Gedächtnis das gerade erlebte zu und ich fange mich wieder in der Gegenwart. Eintritt geglückt, aber das nächste Mal bitte einen niedrigeren Winkel. Die Eintrittshitze war ganz schön extrem. Ein Knurren zwischen meinen Beinen. Ich richte meinen Blick nach unten und ihre Augen fangen mich. Sie ist nackt, das Weiß ihrer Haut verschmilzt mit der sterilen Umgebung der Toilette. Ein plötzliches sehnsüchtiges Ziehen läßt mich zusammenfahren, als sich ihre Lippen um meinen Stab schließen. Der Anblick rechtfertigt allerdings eher den Ausdruck Prügel. Ihre Lippen massieren zärtlich meine Nerven, lassen sie förmlich glühen und die plötzliche Erinnerung an einen heftigen Ziff-Burnout läßt einen Schauer durch mich hindurch rasen. Die perlmuttfarbenen Zähne blitzen bei jedem Knurren auf und ihre Augen lassen mich nicht los. Ein seltsamer Ton ertönt und wird von meinem Geist als ein Stöhnen meinerseits definiert. Ihre Lippen lösen sich nach einer Ewigkeit des fröhlichen Sterbens und mein Blick erscheint wieder hinter meinen entzückt geschlossenen Lidern. Hinter ihr ist eine Bewegung, als ihr buschiger Schwanz rastlos durch die Luft peitscht. Sie packt mich am Kragen meines Shirts, zerrt mich ohne Mühe unter dem Becken hervor und läßt sich auf meine Brust nieder. Mein Gesicht liegt genau unter ihren Brüsten. Dem halben Dutzend Brüsten.
"Wolf!" knurrt sie und packt meine Haare. Sie versenkt mein Gesicht in dieses Universum aus weiß-braunem Duft und feucht-metalischem Schweiß. Ich zünde sämtliche Bremsraketen, aber die Anziehungskraft der Supernova ist einfach zu stark. Ich tauche ein und trinke, trinke was ich bekommen kann. Jeder Tropfen ist kostbar. So kostbar.

Als mich das schwarze Loch das nächste Mal ausspuckt, hat sie mich unbemerkt zu der Kreuzung ihrer Beine geführt. Ihre Brüste beben, während ich die Spalte mit ihrem Geruch und Geschmack suche und finde. Ihre Finger krallen sich in mein Haar und reißen an ihnen.
Sie giert. Sie keucht. Sie pulsiert über mir.
Das Zerren an meinen Haaren wird stärker und stärker, als ich die Bremsraketen deaktiviere und den Hyperantrieb auf hundertzwanzig Prozent fahre. Ich höre ein reißendes Geräusch, ihre Schenkel pressen sich hart gegen meinen Kopf und ein heulendes Raunen entgleitet ihrer Kehle. Ein Schwall ihres Körpers strömt in meinen Mund und gierig trinke ich jeden Tropfen, der Geschmack ist dunkel und voll. Ihr Blick findet meinen, dann blickt sie nachdenklich zu dem Büschel Haare in ihrer Hand und wirft ihn achtlos beiseite. Dann steht sie auf, hockt sich über meinen Prügel und läßt ihn hineingleiten, während ich unter Schnauben und Grunzen in einer neuen Galaxie explodiere. Der Sog des schwarzen Loches wird wieder stärker, die Kontrollamaturen meines Schiffes zeigen alle Zero und der Antrieb bricht zusammen. Ich treibe verloren ins Dunkel des Alls.

Diesmal dauert der Sprung der Nadel lang und die Rille ist tief. Er springt eine Weile vor und zurück, setzt ein und hackt wieder aus. Stücke drängen mir entgegen, heiß und fettig.

Sie reitet auf mir, hat ihre Fingernägel in meine Brust geschlagen und knurrt ein heiseres Röcheln durch ihre zusammengebissenen Zähne. Ihre Sehnen treten hervor und zeichnen sich unter der Haut deutlich ab. Ein stetiges Ziehen und Zerren in meinem Schritt und ein Blick nach unten läßt mich über ihre Schnelligkeit und Ausdauer staunen. Ich hebe den linken Arm (der rechte verweigert jetzt nachdrücklich den Dienst) und packe sie am Hals. Blitzschnell fährt ihr Kopf herum, ein Blick wie ein wütender Hieb trifft mich und sie schnappt bösartig nach meiner Hand. Die Nadel zittert auf der Platte und springt wieder ins Nichts, als ich einen harten Schlag gegen meine Hand und ein triumphierendes Geheul vernehme.

Diesmal hat der Plattenspiele deutliche Mühe, die Platte neu zu starten, aber in seiner Sturheit schafft er es. Die Musik setzt ein und meine Augen öffnen sich.

Tot. Ich bin tot. Über mir sehe ich eine herrlich einladende Weiße, mein Körper ist völlig entspannt und eine angenehme Kühle herrscht in mir. Ein dumpfes Pochen ist zu bemerken. Mein Kopf dreht sich zur Seite und der Boden der Toilette schiebt sich hämisch in mein Blickfeld. Frustriert registriere ich, daß ich noch lebe.
Meine Sachen sind von der Mitte meines Körpers ausgehend nach unten und oben im gleichen Verhältnis verteilt, also packe ich meine Hosen und ziehe sie hoch. Nachdem der schreiende Schmerz meiner Hand nachgelassen hat, bemerke ich den roten, geschwollenen, leidenden Zustand meines Prügels, der sich inzwischen in seiner widerlich schrumplige Daseinsform zurückgebildet hat. Seine rudimentäre Funktion erlaubt die technische Seite seines Daseins nur für minütlich begrenzte Zeiten. Das Schreien meiner linken Hand kann ich ziemlich schnell auf das nicht Vorhandenseins des kleinen Fingers zurückführen. Unangenehm überrascht fummelt meine rechte Hand schon in der Tasche meiner Hose nach der letzten Ampulle Ziff. Die drei Warnschüsse sind längst verhallt und jetzt ist Tempo angesagt. Innerhalb weniger Minuten wird sich meine Person in den Zustand tiefster Nüchternheit zurückziehen und dieser Zustand ist unumstößlich eine der schlimmsten Erfahrungen, die ich jemals in meinem Leben hatte. Also muß das Ziff her. Ich ziehe die Versiegelung der kurzen Nadel mit den Zähnen ab, werfe einen abschätzenden Blick auf die offen stehende Klotür und schleppe meinen wimmernden Körper hinein. Soldat rechter Arm ist wieder auf dem Vorposten und leistet hervorragendes für sein Vaterland, als er die kurze Nadel sauber und direkt am Hals ansetzt und gezielt in die Halsschlagader einführt. Sofort leuchten alle Poweranzeigen wieder grün und der Motor springt brüllend an. Ich horche kurz in mich hinein. Aus dem lahmen Tuckern ist ein kraftvolles Donnern geworden. Eine kleine Diode leuchtet in meinem Gesichtsfeld auf und weißt mich höflich, aber lästig auf einen kleinen Defekt hin. Der kleine Finger. Blut spritzt aus der Wunde, die ich mit klinischen Interesse betrachten kann. Die Schmerzen wurden mit der Dosis Ziff weggespült und werden voraussichtlich erst in ein oder zwei Stunden wieder am Strand angespült. Also entwirre ich den Verband der rechen Hand, reiße ein Stück ab und koordiniere es um die Wunde. Der Blutverlust ist in Toleranzbereich, alle Lichter auf grün, System ready to go.
Ich stemme mich vom Klo hoch, werfe einen Blick an mir herunter, ordne mein Shirt und schließe meine Hose. Lärmendes Gekritzel an den Wänden stürzt mir entgegen, als ich mich an die Wand lehne. Ich sauge sie gierig ein, meine Hochleistungsmaschine von Hirn, mit feinstem Metyl angetrieben und von einer doppelten obenliegenden Nockenwelle gesteuert will INPUT, mehr INPUT!!!
Also stoße ich mich ab, lenke meine Schritte zur Tür und trete hinaus aus dem Klo, hinein in den Irrsinn, der uns als Nachtleben verkauft wird.