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Autor: knochengott

Erstellt am: 05.03.2006

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eisig glühend



Geschrieben von:   knochengott


Teil des Episodenwerkes: wolf!

  - Einleitung
  - Kapitel 1: neue regeln
  - Kapitel 2: angenehm gefühllos
  - Kapitel 3: taktisch einsam
  - Kapitel 4: angepaßt süchtig
  - Kapitel 5: sensorisch monoton
  - Kapitel 6: organisch vertraut
  - Kapitel 7: erschreckend sanft
  - Kapitel 8: eisig glühend


Anmerkungen des Autors:
wir haben es fast geschafft...



Drek knirscht unter meinen Schritten, als ich das tote Gebäude betrete. Die Schritte hallen leise von den Wänden wieder, Schatten ragen weit in den riesigen Raum. Ich betrete einen und sofort hüllt mich tiefe Dunkelheit ein. Keinen Zentimeter weit kann ich sehen, ich taste mich vorsichtig weiter, während mit ihre Stimme den weg weißt. Seit heute morgen kann ich sie hören, nicht nur als Flüstern spüren, sondern wirkliche Worte verstehen. Sie haben mich hierher geführt, in dieses alte Gebäude, in dem ich endlich ihr Versprechen erringen kann. Unbarmherzig und inzwischen immer stürmischer drängt es mich vorwärts und so mache ich einen unkontrollierten Schritt, mein Fuß endet im Nichts und ich falle nach vorn. Mein Körper verkrampft sich in Erwartung des Aufpralls, doch er bleibt aus, während ich tiefer falle, als der Boden ist.

Dann erfolgt doch der Aufschlag, feucht und kalt klatsche ich in flaches, übelriechendes Wasser, der Boden schlägt mit hart gegen die Brust und einen Augenblick muß ich fast krampfhaft Luft einsaugen und schlucke dreckiges stinkendes Wasser. Sofort schaltet meine Toxinerkennung auf Alarm und reizt meinen Magen, den ungebetenen Gast wieder zu extrahieren. Ich übergebe mich geräuschvoll, mehrmals, bis auch der letzte Schluck ausgestoßen ist. Meine Herz rast, die Kehle schmeckt bitter und Speichel hängt mit von den Lippen, als ich aufstehe und mich umsehe. Ich stehe in einem Tunnel, bis zu den Knien im Wasser und dämmrig leuchten die Wände von einem Pilz oder einer Bakterienkolonie. Genug Licht um etwas zu erkennen - die Kanalisation.
Ich sehe nach oben, erkenne gegen den grau verhangenen Himmel das unregelmäßige Loch, daß der Schatten so wirksam vor mir versteckt hat und entdecke keine Möglichkeit wieder hinauf zu gelangen. Also schlage ich den Weg nach rechts ein und folge dem Tunnel, knietief im stinkenden Wasser, genaustes darauf bedacht, keinen unnötigen Einzelheiten in ihm oder meiner Umgebung zu entdecken.

Während ich durch die Dunkelheit stolpere, meine Füße klatschend das schlammige Wasser zerteilen und ich mich krampfhaft von Lichtpunkt zu Lichtpunkt orientiere, sehe ich vor mir einen schnellen Schatten davonhuschen. Ich bleibe stehen und lausche gespannt. Mein Geruchssinn ist hier unten in diesem Dreksloch 'eh für den Arsch, also verlasse ich mich auf Augen und Ohren. Leises Geräusche, mehrere Schritte im Wasser und ein keuchender Atem verraten mir eine Richtung, der ich schnell folge. Innerhalb von Sekunden geht meine akustische Orientierung verloren, als nur noch mein Herzschlag, mein Atem, meine Schritte zu hören sind. Doch da der Tunnel gerade ist und keine Kreuzung oder etwas ähnliches vor mir auftaucht, kann ich ihm oder ihr auch blind folgen. Wieder kann ich einen Schatten sehen, der durch einen fahlen Lichtschein huscht und zum ersten mal registriere ich, das er ziemlich groß ist. Etwa so groß wie ich. Und schnell.
Verdammt, vielleicht ist es keine gute Idee ihm zu folgen...!
Ich verdränge diesen Gedanken schnell und renne weiter. Vielleicht ist es dumm von mir, vielleicht nicht. Aber ich denke es oder er oder sie wird einen Ausgang kennen. Es können ja nicht alle so blind sein und durch eine Loch im Boden fallen.

Schon bevor ich um die nächste Ecke biege kann ich ein unstetiges, schwaches Licht sehen. Goldgelb und ganz fein scheint es von den graugrünen Wänden zurück. Ich schlitterte um Halt suchend um die Ecke und sehe in einen weiteren Gang. In seiner Mitte ist ein kleiner Raum, aus dessen rechter Seite das feine Licht kommt. Im Hintergrund sehe ich die Gestalt davoneilen, sie läuft wie ein Hund auf allen Vieren. Ein leises Zischen, ähnlich einem halberstickten Atemzug reißt mich aus meiner versunkenen Beobachtung zurück in die Gegenwart. Das Zischen kam aus dem Raum vor mir. So etwas habe ich noch nie gehört.
Ich kreuze schnell die Finger meiner rechte Hand und schleudere eine kinetische Impuls nach der Gestalt. Das Wasser spritzt schäumend davon und hinterläßt einen Schaumberg und einen noch übleren Geruch. Das Tier ist bereits um die nächste Ecke, als mein Impuls ankommt und somit auf der nackten Wand verendet. Meine Fingerspitzen kribbeln. Könnte das ein Hund gewesen sein? Zu groß sage ich mir und bin doch irgendwie froh, daß er offensichtlich mehr Angst vor mir hat, als ich vor ihm. Immerhin flieht er. Ein Hund dieser Größe könnte unappetitliche Sachen mit meinem Gesicht anstellen.

Langsam gehe ich näher in den Raum hinein. Das Zischen klingt immer wieder in kurzen Zeitabständen auf, erinnert mich an das Todesröcheln eines Sterbenden. Es klingt leise, langanhaltend und seltsam feucht. Vorsichtig schleiche ich näher, die Finger gekreuzt, auf alles gefaßt. Der Schein wird immer heller, bis ich endlich die Ursache dieses Licht erkennen kann. Kerzen. Dutzende Kerzen. Sie sind auf einer alten, halbverfallenen Kommode aufgereiht und spenden wohltuendes weiches Licht. Das Zischen ist in dem Augenblick vergessen. Ich entblößte die Zähne und bin versucht, das schlammige Wasser zum Löschen der kleinen Feuer zu verwenden. Doch es scheint eine Bedeutung zu haben und das Licht ist endlich wieder etwas Angenehmes inmitten dieses verseuchten Rattenlochs von einer Kloake, deshalb lasse ich sie in Ruhe. Ein paar der Kerzen brennen nicht, und winzige Fetzen haften an ihnen. Ich trete neugierig näher und nehme es genauer in Augenschein.
Fassungslos erblicke ich die Sammlung und wie von allein heftet sich mein Blick auf etwas Vertrautes inmitten dieser Vielzahl. Ich strecke die Hand aus, kann meinen sauren Schweiß riechen, kann den Drek und die Pest der Kloake riechen, erkenne jedes Detail im Augenblick und nehme das Objekt an mich. Betrachte es - atemlos.

Ich halte den kleinen Finger in die Luft und betrachte ihn. Mein Fleisch und meine Haut sehen gut aus, nur die bläulich purpurne Farbe irritiert leicht. Der Fingernagel ist wie immer kurz geschnitten und etwas dreckig. Ich halte ihn neben seine Brüder und fast scheint sein Geist auf sie überzuspringen, den seinen künstliche Imitation zittert einmal leicht. Er trägt einen Nummer - 138 - und nach dem Geruch zu urteilen ist seinen Betreuung nicht wirklich gut gelungen. Dutzende solche Finger stehen zwischen den brennenden Kerzen und allmählich dämmert mir was ich da verfolgt habe. Wen ich verfolgt habe. Ihre weiße Haut. Ihre metallisch glänzenden Zähne. Ihre tierische Gestalt.
Ein zischendes Geräusch links von mir und ohne zu zögern reagiere ich, schreie auf und stoße nach links. Das Wasser schäumt auf und ein schrilles Quieken überzeugt mich davon, das ich gerade der heldenhafte Mörder einer Kanalratte geworden bin. Ich atme schwer, meine Hände zittern und ich will weg, nur weg von hier. Wieder drängt sich das monotone Todesröcheln in meine Aufmerksamkeit, deren Ursache mir noch immer fremd ist. Niemand zu sehen.
Plötzlich mischen sich andere Geräusche unter das Zischen, sie kommen aus einer anderen Richtung. Stimmen, knurrend, fauchend sind zu hören und ich blicke in den Tunnel, in den die Gestalt verschwunden war. Erstarre. Sehe Schatten. Mehrere. Und deutlich größer diesmal.
Ich stopfe mir den Finger in die Tasche, wohl bewußt das dieser nie wieder seinen Dienst aufnehmen wird und entdecke einen groben, eckigen Umriß an der anderen Seite des Raumes - eine schwere Eisenschott. Ich haste durch das Drekwasser hinüber und reiße an dem Hebel. Kreischen bewegt er sich in seinem Gelenk und entriegelt mit einem hörbaren Knacken die Tür. Ich reiße sie auf, das Zischen gellt mit laut und feucht entgegen, wieder ist ein Geräusch hinter mir zu hören, doch ich nehme mir für nichts von beidem Zeit und stürme in den Raum hinter der Tür. Schwer fällt sie ins schloß und ich verriegle sie wieder von innen. Schweißnaß lehne ich mich dagegen und atme durch. Diesmal klang das Geräusch bösartiger als eine Ratte, deutlich bösartiger. Und näher als mir lieb war.

Als sich meine Augen nach ein oder zwei Sekunden an die Dunkelheit gewöhnt haben, sehe ich einen Transformator, ein paar Reglerventile und eine Leiter. Das Zischen pfeift grell durch den Raum, als sich ein Ventil öffnet und mich mit einem feuchten Nebel aus Brackwasser besprüht. Wenige Augenblicke später schließt es sich, nur um einem anderen Solisten Zeit und Bühne für dessen Auftritt zu geben. So geht es reihum, immer im selben Takt, das Todesröcheln der Kloake. Ich kichere ungehalten, und meiner Meinung nach etwas zu erheitert, in meine hohle Hand. Man kann die Hysterie hinter der Heiterkeit zu deutlich hören.
Mein Blick folgt der Leiter nach oben und dort sehe ich den kreisförmigen Himmelsausschnitt eines Deckels. Immer noch kichernd, mit klammen Fingern und triefenden Sachen, klettere ich hinauf und stemme den Deckel zur Seite. Ich bin außerhalb der Gebäudes und herrlich klare Nachtluft empfängt mich. Ich genehmige meiner Nase ein, zwei Züge, dann hieve ich mich vollends aus dem Kanal und lasse den Deckel zurück scheppern. Die Luft ist wunderbar kühl und glatt.

Kaum stehe ich, spüre ich wieder dieses Kitzeln an meinem Hinterkopf - Prettyhate. Ich drehe mich um und sehe ihr schlankes helles Gesicht in einem der zerschossenen Fenster. Ich bin noch völlig in der Betrachtung vertieft, als ich schon merke das sich meine Schritte in diese Richtung lenken - ganz von allein. Verwundert sehe ich nach unten, sehe meine Füße Regenwasser aufwirbeln und kann sie nicht bremsen. Das Flüstern in meinem Kopf wird weicher, zärtlicher und ich frage mich, warum ich sie denn stoppen sollte?
Ich finde den Weg in das Gebäude von allein, mache mir keine Gedanken um Löcher im Boden oder verfaulte Untergründe. Sicher gelange ich durch den Hausflur zur Treppe, die sich morsch und verzogen vor mir ausbreitet. Mein Fuß hebt sich ohne zu zögen und findet eine feste Stelle, der zweit folgt ihm und so erklimme ich Stufe für Stufe der knarrenden Treppe. Das Heulen des Windes empfängt mich in der oberen Etage, er reißt durch die zerschossenen Fenster und pfeift durch die leeren Räume. Ich gehe nach links, durch einen hohen, verrotteten Flur, vorbei an verschimmelten Zimmern. Ein riesiges Zimmer mit trüben wandhohen Fenstern ist mein Ziel, ich überschreite die Schwelle und plötzlich wird das graue Alltagslicht durch ein warmes rötliches Strahlen überschienen. Ich finde mich in einem dunkelrot ausgekleideten Raum wieder. Teppich umschmeichelt meine nackten Füße, und als ich an mir heruntersehe, stelle ich fest, das ich völlig nackt bin. Die Wände sind mit dunkelroten Tapeten behangen, herrlich rotgoldenes Sonnenlicht scheint durch die kristallklaren Fenster und badet mich in wohliger Wärme. Ich sehe mich um, lasse meinen Blick über die geschwungenen Möbel, die gleißende Fensterfront und das riesige Bett gleiten und entdecke Prettyhate, die direkt hinter mir steht. Auch sie ist nackt, atemberaubend nackt. Diesmal ist es ein einladendes Lächeln. Sie tritt auf mich zu, der Schleier ihrer Gefühle hüllt mich ein und als sie meine Haut berührt ist es, als erwarte ich es seit Jahren. Ihre Lippen, feucht glänzend und unter dem raschen Atem leicht geöffnet, berühren meine. Ein unbeschreiblich süßer Schmerz durchfährt mich, ich halte ihn fest, halte sie fest und langsam bewegen wir uns auf das Bett zu. Sanft drängt sie mich darauf und während ich auf den Rücken sinke, lösen sich ihre Lippen von meinen und wandern tiefer, setzen meine Haut in Flammen und jagen Stiche süßlichen Schmerzes durch mich. Nur Augenblicke lang und es scheint mir wie eine Ewigkeit später berühren sich unsere Lippen wieder und ich kann die heiße Verengung ihrer Schenkel an meiner Hüfte spüren. Heiß und weich senkt sie sich seufzend herab und beginnt langsam ihre Hüften zu rollen. Meine Finger krallen sich in die Bettdecke, als sie sich heftiger und heftiger bewegt und dabei ihre künstliche Äußerlichkeit zusammenbricht. Ihr Haar formt sich zu blutroten fleischigen Locken, das Gesicht wird noch feiner, die Augen nehmen einen silbrigen Glanz an, ihre gesamte Gestalt wird unglaublich zerbrechlich. Die Haut wandelt sich, wird samtiger, violett. Ich schließe die Augen und lache in mich hinein. Sie ist kein Mensch, natürlich ist sie kein Mensch. So wunderschön kann kein einfacher Mensch sein. Doch was ist sie? Ich habe so jemanden noch nie gesehen.

Um mich herum ist es dunkel, meine Augen sind fest verschlossen, als ich die Hand ausstrecke und sie sanft berühre. Ein elektrisches Kribbeln durchfährt mich, die Haare auf meinem Arm richten sich knisternd auf. Ihre Haut ist von weicher Struktur und glühend heiß unter meinen Fingern. Ihre Brüste zittern leicht, als meine Fingerspitzen sie liebkosen. Das Gefühl in meinen Fingern ist unglaublich zart, unglaublich süß. Mein Hand gleitet von ihrer Brust abwärts zu ihrer Hüfte, die seidenweiche Haut scheint unter meiner groben Außenhülle zu zerkratzen. Ich spüre ein winzige Unebenheit und schlage die Augen auf. Das verschlungene Tatoo an ihrer Taille brennt sich wie ein glühendes Schwert in meinen Blick, ich zucke zusammen und meine Hände verkrampfen sich.
Sie ist eine der oberen Cen!
Erschüttert starrte ich das Zeichen - ihr Zeichen - an und mir wird alles klar - ihre Möglichkeit mich zu manipulieren - ihre Fähigkeit mir zu trotzen - ihre Art mich zu verzaubern. Die Großen Alten berichten immer nur mit Ehrfurcht und Angst von ihnen, von ihren, den Erschaffern des Chaos. Ich beginne zu zittern als sie ihre Augen aufschlägt, doch ihr Blick ist gütig und wieder einmal holt mich der Gedanke ein, das sie nicht bösartig oder zum fürchten ist. Nicht mein Feind. Meine Gefährtin... Ich beruhige mich, nicht zuletzt durch ihr immerfort anhaltendes Streicheln in meinem Geist, der mir mehr Sicherheit und Ruhe gibt. Ich schließe wieder die Augen und lehne mich zurück, während sie ihre Bewegung nicht für einen Augenblick unterbrochen hat. Ich sterbe langsam und genieße es. Der Faden ihrer Gedanken und Gefühle leitet mich wieder zu ihr und unversehens finde ich mich in ihrem Geist wieder, der meine Gefühle reflektiert und ihre Gefühle an mich sendet. Ein traumhaftes Geben und Nehmen, Sterben und wiedergeboren werden. Ein sein und vergehen.
Das Gebilde ihres Geistes reißt mich immer wieder durch seine schlichte Komplexität mit. Ich stehe fassungslos staunend in der Mitte des riesigen Raumes und lasse die Struktur auf mich wirken. Statische Kraft.

Diesmal muß ich keinen Angriff fürchten und der bloße Anblick des massiven Behälters, der sie das letzte mal so in Rage versetzt hat, weckt meine Neugier erneut. Ihr Geist bewegt sich als schillernder Schleier durch den Raum und dreht konzentrierte Kreise. Sie geniest ohne darüber nachzudenken. Ich schleiche mich langsam zu dem Behälter hinüber, immer noch neugierig, was sie das versteckt. Es scheint mit mir zu tun zu haben, und ich will es endlich wissen, endlich meine Antwort bekommen. Also kralle ich meine Finger in den Deckel, ziehe mit aller Kraft und höre ihn hell knirschen. Wieder öffnet sich ein Spalt und ein feiner Geruch entströmt ihm. Ich sehe mich alarmiert um, doch noch immer gleitet ihre bewußte Wahrnehmung ahnungslos durch die Gedankenstruktur, offensichtlich zu verzückt wegen des äußeren Erlebnisses. Ich schnuppere an dem Duft und fahre zurück. Er ist sehr stark, irgendwie süß und doch schwer. Mein Hirn läßt einen vollen Scan meiner Geruchskartei durchlaufen und sucht nach verwandten Mustern. Derweil reiße ich weiter an dem Deckel, der sich unter Protest weiter und weiter verbiegt und damit stückweise öffnet.
Die Ketten denke ich und schlage mir geistig vor den Kopf.
Ich drehe die Schlösser und sehe erstaunt, wie sie unter meinem Griff zerfallen. Offensichtlich bricht ihre Barriere endgültig zusammen. Ich reiße hektisch die Schlösser ab, grabe meine Finger unter den Rand des Deckels und schleudere ihn beiseite, gerade in dem Augenblick, als mir mein Scanner die Identifikation des Duftes liefert.
Mit einem weichen Laut entweicht die Luft aus dem Behälter und plötzlich riecht alles in diesem Raum nach Vanille.
Ich krümme mich zusammen, als hätte mich ein Fausthieb getroffen und endlich habe ich meine Antwort. Mein Blick wandert zu der vernarbten Wunde hinüber und deutlich kann ich diesmal die eigentliche Struktur erkennen. Es ist dunkel geworden, stelle ich entsetzt fest, sehe nach oben und erblicke ihr Bewußtsein, schwarz und zuckend, unter der Decke hängen. Kreischend stürzt es sich herab und fährt auf mich nieder. Ich hebe schützend eine Hand vor meine Augen, eine sinnlose Geste, doch ihr Bewußtsein verfehlt mich und stürzt sich auf die vernarbte Wunde. Fängt an mit scharfen Klauen danach zu schlagen, sie erneut zu zerfetzten, während es selber schmerzhafte Schreie ausstößt. Sie leidet unter dem was sie tut.

Ich schlage die Augen auf, blicke nach oben in ihr Gesicht und als ich die Tränen in ihren Augen sehe, fährt mir ein Stich ins Herz. Es nimmt mir die Luft zum atmen und als sie nach einem Augenblick die Hände erhebt, sehe ich mein Blut an ihnen. Ich blicke nach unten, betrachte den Messer in meiner Brust mit klinischen Interesse und lehne mich entspannt zurück. Endlich weiß ich die Antwort. Das rotgoldenen Licht um mich herum sickert aus den Wänden, läßt wieder schmutziggraues Licht herein. Sie weint, weint leise, ohne Schluchzer, nur Tränen laufen ihr Gesicht hinab. Ich habe meine Antwort, sie hat ihre Rache. Das hatte sie versperrt, den einen Gedanken, der sie zu mir geführt hat - Rache. Und doch weint sie.
das Grau wird immer dunkler und es friert mich. Ich kann mein Blut fühlen, wie es von dem zerschnittenen Herzmuskel in die Lunge gepumpt wird, immer noch arbeitet die Maschine, auch wenn sie schon völlig aus dem Takt ist. Ich meine Vanilleduft zu riechen, aber das könnte auch eine Einbildung sein.
Es tropft kalt und heiß zugleich auf meine Haut und mit letzter Kraft öffne ich die Augen und sehe sie an - Prettyhate.
Wie schön sie ist.
Wie traurig sie ist.
Und während meine Maschine versagt, denke ich als letztes an die Wunde, ihre blutende, heilende, nicht zu vernichtenden Wunde und ihre Bedeutung: wolf!