Benutzer
Passwort




Autor: knochengott

Erstellt am: 05.03.2006

Beitrag für Buch vorschlagen

Zufälliger Beitrag



Artikelliste


Direkter Link zum Artikel



sensorisch monoton



Geschrieben von:   knochengott


Teil des Episodenwerkes: wolf!

  - Einleitung
  - Kapitel 1: neue regeln
  - Kapitel 2: angenehm gefühllos
  - Kapitel 3: taktisch einsam
  - Kapitel 4: angepaßt süchtig
  - Kapitel 5: sensorisch monoton
  - Kapitel 6: organisch vertraut
  - Kapitel 7: erschreckend sanft
  - Kapitel 8: eisig glühend


Die Dose ruckt in meiner Hand und schlägt mit einem metallischen Klang gegen meine Zähne. Sie ist halbleer, allein diese Tatsache bewahrt mich vor einem frühzeitigen Erguß ihrerseits. Die Bahn ruckelt um die Ecke, also lasse ich die Dose sinken und starre vor mich hin. Außer mir sind noch ein paar andere Menschen anwesend, auf deren Dasein ich gerne verzichten könnte. Mir dröhnt der Kopf, auch die letzte Dose hat es nicht verbessert, eher verschlimmert. Gern würde ich mich über chemische Umwege davon frei machen, aber ich kann nicht. Es würde meine Reflexe und Leistungsfähigkeit herabsetzten. Und Bitter haßt Unzulänglichkeiten aller Art. Also hoffe ich das sie sich im Laufe des Abend verflüchtigen werden. Und ich bin sicher das werden sie. Sagt man jedenfalls.

Die mühsame Kurve ist überstanden und ich setzte die Dose wieder an, als die Frau vor mir aufsteht und zur Tür geht. Ein Duft nach Vanille und etwas ähnlich Kitschigen wird durch diese Bewegung frei gesetzt und plötzlich habe ich ihr Bild wieder vor Augen. Seit ein paar Nächten schlafe ich schlecht, egal wo der Mond steht. Verdammte Elfe! Ich hatte sie gewarnt. Ärgerlich schiebe ich den Gedanken an sie beiseite und blicke noch einmal tief in die Dose, bis auf den Grund. Kühl und glatt fließt es durch meine Kehle. Tröstend...

Endlich bin ich da und verlasse die Bahn. Glücklich nehme ich die kalte Luft in meine Lungen auf und zünde mir eine Kippe an. Der Tabak schmeckt rauh, aber ich kann diese verdammten Vanillekippen nicht mehr riechen. Schlechte Erinnerungen.
Ein kleines Mädchen von vielleicht acht Jahren steigt hinter mir aus der Bahn. Ihr Mutter daneben. Als sie mich sieht bleibt sie neugierig stehen und mustert mich. Meine Augen scheinen sie zu faszinieren, ich kann es mir nicht erklären. Dann zuckt sie zusammen und drückt sich fest an ihre Mutter, die mir einen verwunderten Blick zuwirft und sie schnell wegzieht. Dabei murmelt sie unentwegt leise Beruhigungsformeln. Ich lächle kalt. Sie hat mein Mal gesehen, da Mal der Grauen. Nur wenige Kinder sehen es, also wird auch sie eines Tages zu uns gehören. Sie weiß es nur noch nicht. Wie ich es nicht wußte. Aber es ist besser so.
Die Kippe schmeckt plötzlich schal, ich werfe sie weg und trete sie aus.
‚Sicher ist es besser so!‘ sage ich mir zornig. Wenn man es oft genug sagt, klingt es real. Ich stampfe mit den Händen tief in den Taschen davon. Woher kommen nur diese vielen Gedanken heute abend? Warum kann ich sie nicht abschalten? Ich werde unbewußt schneller. Ich brauche Bitter - Jetzt. Fast renne ich.

Keine Wolke steht heute am Himmel und als ich aus der Häuserschlucht trete, scheint mir der Mond hell ins Gesicht. Ich hebe es kurz und schließe die Augen, während ich weitergehe. Das violett-silbrige Licht dringt durch meine Augenlider. Ich bleibe stehen und nehme die Hände aus den Taschen. Breite sie aus und bleibe so eine Weile stehen, das Gesicht nach oben gerichtet, die Augen immer noch geschlossen. Geniese das Mondlicht. Als ich sie wieder öffne sehe ich ein Mädchen auf der anderen Seite der Straße. Sie betrachtet mich verwundert und ein leises lächeln umspielt ihren Mund. Ihre Haare sind schwarz, die Augen hell und ein feines Glitzern unter ihrer Unterlippe zieht meinen Blick magisch an. Sie steht nur da und lächelt mich an. Abrupt reiße ich die Arme herunter und stoße sie wieder tief in die Tasche.
Ich beginne zu knurren, meine Stimme schicke ich direkt an ihr Hirn, spreche ihr Innerstes direkt an. Doch sie lächelt weiter, es prallt völlig von ihr ab und ich lasse verwundert die Lippen über die Zähne sinken. Ihr Lächeln verändert sich nicht, wird nicht breiter - nicht schmaler, es ist nicht zu deuten - nur da. Ruckartig reiße ich meine Gedanken davon los und bewege die Finger der rechten Hand in einem einfachen Muster, doch es mißlingt, ich kann die Energie zerspringen spüren, als ob Glas auf Beton prallt. Meine Hand zittert und vibriert unter dem Rückstoß der metaphysischen Energie, die Fingerspitzen beschreiben weiter sinnlose Kreise.
Jetzt werde ich wütend, lasse all diese Spielereien und beginne die Straße zu überqueren, achte nicht auf die hupenden Autos, die an mir vorbeirasen. Sollen die Grauen doch recht behalten! Ein Lkw nimmt mir kurz den Blick auf sie als er vorbeirast, ich kann das Entsetzten in den Augen des Fahrers eine Nanosekunde lang genießen, dann ist er weg und sie ebenfalls. Ich bleibe stehen, mein Hirn schaltet das hektische Quietschen von Bremsen und all den unnötigen Kram aus - ich konzentriere mich auf ihre Anwesenheit. Sie ist verschwunden.
'Wolf...' flüstert es plötzlich direkt neben mir und ich wirble schockiert herum. Sie steht noch immer einige Meter von mir entfernt mitten auf der Fahrbahn, beide Füße parallel auf der Mittellinie. Ich spüre ihre warmen, suchenden Gedanken in meinem Kopf, doch entgeistert registriere ich, das mir das Gefühl angenehm bekannt vorkommt. Bevor ich realisieren kann, woher, findet sie durch den Lichtschein meiner Gedanken die Antwort und stürzt sich darauf. Schlag artig spüre ich meine Gedanken in diese Richtung erlöschen und während sie noch mental die Erinnerung zerfetzt, beuge ich mich näher heran, will sie geistig genauer ins Auge fassen, doch sie fährt herum und wirft mir einen heißen, rasenden Blick zu. Ich taumle zurück, geistig sowie real und kläglich dringt ein fernes Hupen durch meine akustischen Gedankenfilter.

Das heranrasende riesige Tier kreischt schrill auf, seine Flanke dreht sich mit entgegen und trifft mich hart an der Brust...
Das Gefühl des Lösens ist fast greifbar unwirklich und ich schleuderte über das Ungetier hinweg an den Rand der Straße.
Aussetzer...
Benommen schüttle ich den Kopf, der erstaunlicherweise nicht schmerzt und öffne die Augen. Ich stehe an der Straße, noch immer mit ausgebreiteten Armen, das Gesicht zum Mond erhoben und lasse Feuchtigkeit auf mir schmelzen. Langsam und krampfhaft hebt und senkt sich mein Brustkasten, die Rippen kreischen noch immer den Schmerz, doch jetzt verstummen sie erstaunt ob der Schmerzlosigkeit der Situation. Erschreckt drehe ich mich ruckartig herum, sehe in alle Richtungen, über die Straße, wo sie eben stand, doch niemand ist zu sehen. Gemütlich tuckert der Verkehr an mir vorbei, und für einem Augenblick bin ich mir fast sicher eine Gestalt dazwischen auszumachen. ich kneife die Augen zusammen, doch es bleibt eine Einbildung. Die Arme habe ich schon längst sinken lassen und mit einem mal friert mich. Langsam setze ich mich in Bewegung und grüble über das eben erlebte nach. Schüttel den Kopf über meine Reaktion. Merc würde mich auslachen.

Als ich bei Bitter klingle, öffnet sich keine Sekunde später die Tür mit diesem hohen elektrischen Summen, das meine Kopfschmerzen noch verstärkt. Sie scheint mich zu erwarten. Sehnsüchtig. Ich trete schnell hindurch und eile die Treppen hinauf in den achten Stock.
Ihre Wohnungstür ist nur angelehnt, wie immer.
Ich betrete die Wohnung und schließe sie hinter mir. Meine Jacke landet auf dem Boden, die Schuhe daneben. Ich durchquere den Flur, weiche Traumfängern und Kleidungsstücken auf dem Boden aus und gehe direkt ins Wohnzimmer.
Wie immer.

Sie kaut schon wieder an ihren Nägeln vor Anspannung, ihre Augen leuchten, die Nasenflügel zittern. Ich lasse meinen Blick über den Couchtisch schweifen, aber er ist nur mit dem üblichen Müll bedeckt. Kein Essen und kein Glas mit etwas zu Trinken zu sehen. Ich prüfe meinen Energiehaushalt und bin erfreut, daß es auch so gehen wird. Nachher an der Ecke vielleicht etwas zum mitnehmen. Danach...
Sie will gleich zur Sache kommen. Ich drehe mich um, ziehe mir den Pullover vom Kopf und gehe Richtung Schlafzimmer. Ich muß sie nicht fragen, sie steht automatisch auf, als ich mich umdrehe und folgt mir. Das Ritual ist bekannt.

Als ich im Schlafzimmer ankomme bin ich nackt und sie folgt mir in dem selben Kostüm. Ich drehe mich zu ihr um und sofort springt sie mich an, reißt mich auf das Bett in dem wir fast versinken. Wieder einmal bin ich erstaunt, wie weich und glatt ihre Haut ist. Ihre Finger liebkosen sanft meine Lenden. Und es beginnt sich Leben zu regen. Langsam, aber stetig. Schon hat sie es bemerkt und nimmt sich seiner an. Ihre Lippen leisten wunderbare Arbeit, das erste Mal seit tagen fühle ich mich, als ob die Kopfschmerzen nachlasen würden. Doch sie ist zu forsch, ich reiße sie los, ehe sie mich zu schnell zum Ende treibt, schließlich ist das unsere Fick. Also stoße ich sie fort, packe sie und ziehe sie aufs Bett. Kaum liegt sie, werfe ich mich schon auf sie und drücke sie mit meinem Gewicht nieder. Ich halte ihre Hände fest und beginne an ihren Brüsten zu nagen, bis sie leise Schreie von sich gibt. Ich weiß was ich zu tun habe und schnell haben meine Finger ihre Spalte gefunden und dringen ein in das feuchte Universum sinnlicher Verzwickungen. Sie ist wirklich feucht und heiß, ihre Lippen pulsieren vor Anspannung. Der erste Finger entlockt ihr ein Gurren und sie wirft den Kopf zurück, die Augen fest geschlossen, die Zähne zusammengebissen. Der zweite verursacht das erste Zucken ihrer Hüfte, ihr Atem wird schneller, und ich steigere ihn noch, indem ich das Tempo weiter und weiter erhöhe bis schließlich der dritte Finger folgt und sie lange und gierig beginnt zu stöhnen. Dann reißt sie sich los, wirft mich wieder auf das Bett und mit einer geschickten Bewegung und dem typisch weiblichen Sinn für Koordination schiebt sie ihn hinein. Ich bleibe ruhig liegen, während sie heftig auf und nieder wippt. Ihr Stöhnen wird schneller und flacher während sie sich mit Impulsen, heftigen Impulsen reizt. Es kostet mich etwas Anstrengung, aber ich kann mich entspannen, den Kopf von meinem Prügel trennen, so das sie in aller Ruhe ihrem Augenblick entgegenarbeiten kann. Ich habe sie in Fahrt gebracht, das ist es was ich immer mache und jetzt lasse ich sie in Ruhe.
Wie immer.

Als dem Dunkel hinter meinen geschlossenen Augen steigt das Bild von vorhin auf. Das dunkle Mädchen, Traum oder Realität. Ihre Furchtlosigkeit vor mir – verwunderlich. Hat sie es bewußt verhindert oder ist sie nicht empatisch? Ein kalter Schauer jagt mir über den Rücken, als mir Gedanken an die Sagungen von mentaler Autonomie und metaphysischer Fähigkeiten in den Sinn kommen, doch ich schiebe sie beiseite. Das soll Merc regeln. Sie wird sich finden lassen. Es bleibt alles beim Alten, das Ziel ist dasselbe. Ich lehne mich geistig wieder zurück und achte nicht auf die kleine Sirene in meinem Kopf, die mich warnen will, warnen vor ihr. Aber wer sollte sie schon sein? Nur ein Mädchen!

Bitter ist langsamer geworden, er steckt tief in ihr und sie bewegt die Hüfte mit langsamen kreisenden Bewegungen um ihn intensiver zu spüren und sich stärker zu stimulieren. Ihr Keuchen wird wieder länger und tiefer - plötzlich stockt sie, beißt die Zähne zusammen, ich kann spüren wie sie sich zusammenzieht und ausdehnt, mehrere Male, dann keucht sie einmal auf und atmet zittrig aus. Sie läßt den Kopf nach vorne fallen und atmet ein paar Mal durch. In ein oder zwei Minuten wird sie mir den Rest geben denke ich.
Wie immer.

Tatsächlich dauert es diesmal etwas länger, scheinbar ist die Abwesenheitsphase eines Anderen doch länger gewesen als ich vermutete. Nichts desto trotz beginnt sie sich wieder zu bewegen, langsam und vorsichtig und als sie bemerkt, daß es funktioniert, sie den Sinnentaumel überwunden hat, beginnt sie kräftig zu stoßen und endlich kann ich meinen Kopf wieder mit ihm verbinden und das Gefühl genießen. Sie ist gut, sie fühlt sich gut an, feucht und warm und sehr intensiv. Ich denke an nichts bestimmtes, konzentriere mich nur auf das süße sterben und es dauert auch nur ein paar Minuten, bis ich mich in ihren Hüften verkralle, um sie an jeder weiteren Bewegung zu hindern. Sie wartet ab, bis ich sie loslasse, denn sie respektiert meine Wünsche so wie ich ihre. Als ich sie lasse, steht sie auf und verschwindet im Bad. Ich höre, wie sie die Dusche anstellt und mit einem Mal ist mir kalt. So wie immer danach.

Ich ziehe mich an, bin zu hektisch, will die Wohnung so schnell es geht verlassen, kann keinen Augenblick mehr bleiben. Ich schlage die Tür fest ins Schloß – unsere Abschiedsgruß. Hetze auf die Straße und atme tief durch. Von allein lenke ich meine Schritt in Richtung Bahn und werfe eine letzen Blick zurück in den achten Stock. Das Licht brennt. Gleich wird sie die Dusche verlassen, sich in ihr Wohnzimmer setzen und etwas lesen. Und nächste Woche wird sie wieder anrufen oder ich sie.
Wie immer.
Ich hetzte davon, gepackt von Haß auf meine Unmöglichkeit zu brechen, mit ihr und mit all dem. Dieses Spielen, Reizen, Hassen, Lieben! Und es ist einer der seltenen Momente, in denen ich nach oben schaue, die Sterne furchtlos anschaue und denke, ob es wirklich hätte sein müssen...
Ob man es nicht hätte verhindern können?
Ob man es nicht hätte verhindern müssen?
Mein Schädel dröhnt.