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Autor: knochengott

Erstellt am: 05.03.2006

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taktisch einsam



Geschrieben von:   knochengott


Teil des Episodenwerkes: wolf!

  - Einleitung
  - Kapitel 1: neue regeln
  - Kapitel 2: angenehm gefühllos
  - Kapitel 3: taktisch einsam
  - Kapitel 4: angepaßt süchtig
  - Kapitel 5: sensorisch monoton
  - Kapitel 6: organisch vertraut
  - Kapitel 7: erschreckend sanft
  - Kapitel 8: eisig glühend


Ungeduldig trommeln meine Finger auf der Armlehne des Sessels herum. Ich werfe Blicke durch den Raum, ohne jemanden oder etwas zu sehen. Ich warte. System standby. Power- Management low. Verdammt, wie ich es hasse zu warten. Aber so ist nun mal das Spiel. Dieses verdammte Spiel. Ich wollte ich könnte einfach gehen. Aber ich kann nicht. Nur noch einmal. Nur noch einmal heute, sage ich mir. Und danach...

Ein paar vertraute Takte dringen in mein Ohr und sofort gebe ich das elende Warten auf und springe zur Tanzfläche. Auf dem Weg dahin reiße ich die kleine Tüte aus der Bein tasche meiner grau-grünen Armeehose, fingere zwei E-Z heraus und stopfe sie mir in den Mund. Ein Glas mit etwas Trinkbaren gerät in meine Blickfeld, ich reiße es mit, schenke dem Besitzer nur ein warnendes Knurren und stürze es gierig herunter. Die Pillen werden ertränkt und in den Verdauungstrackt geleitet. Ich erreiche die Tanzfläche, nur noch wenige Sekunden, bis der Song richtig startet und zähle den Countdown mit. Mein Magen ebenfalls.

5!
Neben mir stürzt Merc auf die Bühne, taumelt gegen ein Mädchen, zieht sich an ihr hoch und richtet seine verwirrten Sinne auf die Tanzfläche. Er grinst mich an, entblößt blutig rote Zähne und mit einem Schauder denke ich an das Mädchen, daß er vorhin bei sich hatte.
4!
Ich balle die Fäuste, meine Zähne knirschen, als sich mein Kiefer in Erwartung des Anfangs verzieht. Doch noch muß die Ordnung des Augenblicks auf das kostbare Inferno aus den 3-Wege-Boxen warten. Noch...
3!
Scheinbar gelangweilt schlendert Rev an mir vorbei und baut sich gegenüber auf. Er, Merc und ich bilden die elitäre Dreifaltigkeit der Mitte. Keiner zwischen uns, so wie es sein soll. Wie es mir die Grauen erzählt haben.
2!
Ein heiseres Bellen ertönt links neben mir und ich schieße einen wilden Blick in die Richtung. Der Kerl verstummt sofort. Dies ist MEIN Zwinger! Kein Platz für Preispinscher.
1!
Ich werde stocksteif und mein Körper vibriert wie eine Sehne... bald!
0!!!

Mit dem ersten Einsatz sacke ich in mich zusammen, reiße mich anschließend sofort wieder in die Höhe. Ich beginne den Takt mit den Füßen zu beherrschen, nehme die Arme vor das Gesicht und warte auf meinen imaginären Vater. Er erscheint in meinem Kopf und dann auch in meiner Vorstellung. Das E-Z macht ihn real. Im Takt schlage ich auf ihn ein, lasse die Schultern aggressiv nach vorn zucken und spüre, wie mir nach wenigen Augenblicken der Schweiß ausbricht. Mein ärmelloses Shirt klebt bereits an meinem Körper, meine Fäuste sind so hart geschlossen, das die Gelenke knirschen und ich raste völlig aus. Die schweren Stiefel donnern über den Boden, während auch Merc und Rev meiner Performance in nichts nachstehen. Wieder einmal ist mein Zwinger gut gefüllt und viele der Leute außerhalb werden froh sein, daß die Käfiggitter stabil zu sein scheinen. Ich grinse humorlos, während ich richtig aufdrehe. Langweilige Spießer!

Mitten in den nächsten paar Minuten purer Raserei werde ich unsanft von hinten angerempelt und stolpere einen Schritt nach vorn. Wütend drehe ich mich um, doch der Faustschlag des Anderen läßt mich erneut die Richtung wechseln. Aus dem Augenwinkel heraus erkenne ich den ominösen Besitzer des geraubten Getränks, der scheinbar mit der vorangegangenen Vereinbarung nicht einverstanden ist. Er möchte neu verhandeln wie mir scheint. Blut gegen den billigen Wodka. Nun gut, verhandeln wir. Ich kann es schmecken. Mein Blut...

...keine schmerzen...
Fast heiter sehe ich den nächsten Schlag kommen, während mein aufgeputschter Körper den Adrenalinausstoß hochschraubt. Er trifft mich und...
...keine schmerzen...
Herrlich, wie die Chemie über den Geist siegt. Mein Hirn sucht verzweifelt nach möglichen Verletzungen, aber das völlige Abwesenheit von Schmerz läßt es ins Nichts enden. Der nächste Schlag und...
...keine schmerzen...
Mein Dauergrinsen scheint ihn zu irritieren. Ich kann mir denken warum. Doch sein Ego kapiert es einfach nicht und schon schnellt er wieder nach vorn, holt weit aus und...
...keine schmerzen...
Rev und Merc haben inzwischen Wind von der Sache bekommen, ich kann sie durch die Leute drängen sehen. Ich schätze einen hat er noch frei. Sie sind schnell, aber er ist schneller. Seine geballte Faust und...
...keine schmerzen...
Er verzweifelt. Ist verwirrt. Ich kann es deutlich sehen. Sein Ego schreit nach Rache, aber es erhält den Triumph nicht. Fast tut er mir leid. Doch als er zu dem nächsten Schlag ansetzt, ändert sich meine Meinung. Nicht verwirrt, sondern dämlich. Er kommt, die schon blutigen Knöchel sausen durch das Licht eines Punktstrahlers, scheinen kurz zu glühen und...
...keine schmerzen...
...keine schmerzen...
...keine schmerzen...

Ich verlasse die Tanzfläche, während im Hintergrund Merc und Rev mein Problem lösen. Gewalt ist Rev einzige Droge, und er ist extrem abhängig davon. Seine verstärkte Faust kracht immer wieder hörbar auf die Gesichtspartie und das feuchte Klatschen deutet einen Blutregen an. Ich gönne ihm den Spaß. Merc hält ihn derweilen fest, seine dünnen Muskeln sind hart wie Fahrstuhlkabel. Unberechenbar, unbarmherzig und unsozial, das Rudel des Clubs. An der nächsten Ecke bemerke ich den feuchten Fleck auf meinen Shirt und die Farbe deutet eindeutig an, das es sich dabei um Blut handelt. Mein Blut schätze ich. Ich lehne den Kopf gegen die Wand und sinke zwei Ebenen runter. Meinen Nase hört auf zu bluten. Ich sinke noch tiefer und meine Prellungen verschwinden. Neues Blut wird gebildet. Platzwunden an Lippe und Kinn schließen sich. Ich steige wieder auf und hebe zeitgleich den Kopf. Fertig für die zweite Runde!

Doch Merc und Rev kommen mir schon entgegen, beide grinsend, Merc mit dem Mädchen im Arm. Rev lutscht genüßlich an seinen Fingerknöcheln, die rot und klebrig sind. Er wirft mir einen Blick zu, der heitere Raserei ausdrückt. 'Alles klar, Sonny!' sagt er mir und gemeinsam gehen sie vorbei Richtung Lounge, um sich weiter zu vergnügen. Wieder schaudert es mich, als mir das Mädchen im vorbeigehen einen süßen, unschuldigen Blick zuwirft. Ich seufze etwas. Diese Unschuld... Was für eine Verschwendung!

Das blutige Shirt klebt immer noch an meinem Körper, ich sollt es wechseln. Schnell gehe ich zum Ausgang, begierig diesen stinkenden Lappen von meinem Körper zu bekommen. Es ist Blut, nun gut. Guter Saft, reichhaltig und süßlich, nahrhaft und verderblich. Aber es ist mein Blut! Das ist gar nicht gut inmitten meines Rudels. Schlechtes Karma oder so. Also sollte ich den Gestank loswerden, das Shirt loswerden. Der Ausgang. An der nächsten Ecke stoße ich mit einem weißen Gespenst zusammen und knurre es ungeduldig an. Es dreht sich um und schaut mich an. Ich bleibe stehen und entblöße die Zähne. Ein heiseres Grollen kratzt tief in meiner Kehle: SweetBitch!

Sie ist in weiß gekleidet und trägt jetzt einen häßlichen blutroten Fleck. Mein Brandmal.
Die blonden Haare fallen wie immer hübsch um ihr zärtliches Gesicht, in dem die Augen wie zwei Glasscherben wirken. Stahlblau und eiskalt. Ihr zartweißer Körper spannt genau an den richtigen Stellen gegen das Kleid und begierige Blicke folgen ihr. Ätzende Perfektion!
"Wolf..." säuselt sie und sofort ballen sich meine Fäuste. Das Knurren ist nicht mehr zurückzuhalten.
"Ein räudiger Köter wie eh und je!" sagt sie und ihre Augen funkeln dabei. Sie geniest es mich zu verhöhnen. Ihre Clique (alles Wichser, wenn ich das mal kurz überblicke) kichert hinter vorgehaltenen Händen und schaut mich spöttisch an. Der prächtigste Zuchthengst von allen tritt neben sie, umfaßt sanft ihren Arm und wirft mit einen verächtlichen Blick zu.
Ich ignoriere ihn, seine einsneunzig gut gepflegte und leicht bedienbare Muskelmasse und fixiere weiterhin SweetBitch. Das Grollen hängt wie eine Drohung in der Luft.
"Wolf...Wolf...Wolf!" flüstert SweetBitch leise, während sie sich an ihre Muskelmasse schmiegt und ihm mit ihren schlanken Händen die Brustmuskeln streichelt. Dabei wirft sie mir herausfordernde Blicke zu. Oh ja, sie mag es, wenn man um sie kämpft, wenn Blut fließt. Mein Blut.
Sie liebt mein Blut.
Auf dem Boden...
Auf meinem Gesicht...
An meinen Händen...

Ich reiße mich mühsam los und gehe davon. Sie flüstert hinter meinem Rücken etwas und lacht hell wie ein Kristall auf. Ihre Clique fällt augenblicklich ein. Meine Fäuste schmerzen, ich löse sie vorsichtig und sehe erstaunt neues Blut.
Ich hasse dieses Spiel!
Nur noch einmal heute...
Das schwöre ich mir!

Draußen empfängt mich wohltuend frische Luft. Ich atme tief ein und stoppe die Blutung meiner Hände. Das ewige Judaszeichen. Kein Regen heute, aber der Mond ist nur schwer zu sehen. Meine Schritte bringen mich zu meinem Wagen, ich reiße mir das Shirt vom Leib und suche im Kofferraum ein neues. Gerade habe ich etwas passendes gefunden, als sich eine kühle Hand an meine Seite legt und nach vorn zur Brust gleitet: SweetBitch!

Ich drehe mich um, knurre sie wild an und stoße sie fort. Sie ist allein, ihr Prachthengst wartet wohl im Club. Sie lächelt immer noch diese herausfordernde Lächeln und streckt wieder ihr Hand nach mir aus. Ich schlage sie weg, drehe mich um, schließe den Kofferraum und stütze mich schwer auf ihn. Sie berührt mich wieder, zieht sich an mich und verschränkt ihre Hände vor meiner Brust. Ich zittere am ganzen Körper, doch ich kann mich nicht wehren.
"Wolf!" schnurrt sie mit ins Ohr, ihr Atem ist heiß und die Stimme rauh vor Wollust. Ihre Hände gleiten tiefer und tiefer, bis sie an meinem Bauch angelangt sind. Irgendwie schaffe ich es ihre Hand zu packen und mich umzudrehen. Sofort preßt sie sich an mich, preßt ihr süßen Körper an mich und schnurrt wieder. Ich kann meine Erektion wachsen fühlen und sie kann es auch. Noch immer halte ich ihre linke Hand fest.
"Was...!!!" fahre ich sie an, doch ich brauche nicht zu fragen, ich kann es in ihren Augen lesen. Sie verachtet mich, sie demütigt mich und doch will sie mich. Ich versuche ihr zu widerstehen, aber ich kann es nicht. Und sie weiß es. Ihr Lächeln sagt es mir. Ihre Lippen berühren meine Haut und ich balle die Fäuste, presse die Lippen zusammen und atme tief ein. Das Gefühl ist so...gut. So richtig. So wie es sein sollte. Doch ich weis, es ist falsch. Sie wandert über meine Brust und ihre Zunge beginnt mit meinem Piercing zu spielen. Ich atme seufzend aus und lasse ihr Hand los. Ich kann ihr nicht widerstehen.
Niemand könnte das...

Meine Hände arbeiten wieder wie von allein, als sie ihr Korsett öffnen und ablegen. Dann fasse ich den Rock, doch sie drückt meine Hände weg und beginnt sich langsam zu entkleiden. Meine Erektion ist meterweit zu sehen. Ich spüren das Blut in meinem Kopf pochen. Dann ist sie nackt und packt mich am Nacken. Sie zieht mich zu sich heran und ich kann nicht anderes, ich muß sie küssen. Es ist ein langer zarter Kuß, sie kontrolliert ihn völlig. Wie sie mich kontrolliert. Ihr Hände packen mich zart und beginnen langsam zu massieren. Ich stöhne wieder auf, und diesmal schafft sie es fast, daß ich mich gut dabei fühle. Sie wird schneller und fixiert mich die ganze Zeit mit einem fordernden Blick.
Dann hört sie auf, kommt ganz nah zu mir, so das sich unsere Haut berührt und setzt ihn vorsichtig an. Ich halte den Atem an und balle die Fäuste, während sie ihn langsam und bedächtig hineingleiten läßt. Mein Atem fliegt und sie beginnt sich vorsichtig zu bewegen. Sie macht es langsam, kontrolliert. Ich stehe gegen den Kofferraum meines Wagens gepreßt und die süße Verzückung raubt mir jede Kraft zum Widerstand. Sie wird ebenfalls lauter, ein langes sehnsuchtsvolles Atmen. Ihr Blick in meine Augen wird weicher und weicher bis ich fast (was...?) Zuneigung (?) erkennen kann...
Es dauert nur kurz an, dann stößt sie einen langen zittrigen Seufzer aus, schließt für einen Moment die Augen und ist fertig. Mein Mund ist trocken und ich versuche zu sprechen, ihr endlich alles zu sagen, da öffnen sich ihre Augen wieder und sie sind so kalt wie immer. Sie hat sich schon wieder gefangen und bringt mich mit zwei-drei geschickten Bewegungen zum Orgasmus. Noch währenddessen läßt sie ihn schon herausgleiten und tritt zurück. Ich stehe vornübergebeugt an meinen Auto, während mein Kreislauf kurz vor dem Kollaps steht und atme tief durch. Dann richte ich mich wieder auf. Sie schnürt gerade ihr Korsett zu und schenkt mir kaum einen Blick. Wortlos geht sie und läßt mich zurück.
Nur dieses eine Mal noch...
Gott, wie ich dieses Spiel hasse!

Meine Hände heben sich, die Finger spreizen sich ab für das komplizierte Muster der vierzehnten Ebene, doch dann stocken sie. Ich lasse sie fallen, sehe ihr nach, wie sie rasch zum Club zurückgeht und spüre ein Kribbeln in den Augen.
Warum sind sie plötzlich naß?

Ich zünde mir eine Zigarette an und ziehe die Hosen hoch. Meine Lungen nehmen rasch das Nikotin auf und verteilen es in der Blutbahn. Ich setze mich in Bewegung, gehe zurück zum Club. Sie steht mit ihrer Muskelmasse neben dem Eingang. Ein schneller Blick zu mir erscheint ihr ausreichend. Sie beugt sich zu ihrer Clique und flüstert. Sofort wenden sich alle Köpfe zu mir um und sie beginnen zu kichern. Zurück zur Tagesordnung. Ich stürme davon, hasse mich dafür und stoße auf dem Weg nach drinnen mit jemanden zusammen. Es ist ein Mädchen.
Zierlich, hübsch, ehrliche Augen, süßer Mund. Sie lächelt, doch ich knurre sie nur grob an und eile weiter.
Nicht heute abend Baby und vielleicht nie!
Ich habe kein Herz!
Mein Blick geht zurück zu SweetBitch.
Sie hat es...