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Autor: emotions

Erstellt am: 06.06.2008

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Der Regen



Geschrieben von:   emotions


Anmerkungen des Autors:
Ist meine erste Kurzgeschichte.



Ich stand vor dem Fenster und blickte auf die Straße hinab. Auf dem Asphalt fingen an sich kleine dunkle Pünktchen zu bilden und kündigten auf eine sinnliche Art und Weise einen Sommerregen an. Am Horizont erblickte ich nun dunkle Wolken und richtete meinen Blick wieder auf den Ast vor unserem Fenster, der nun durch den aufsteigenden Wind hin und her gerüttelt wurde, wobei seine kleinen dunklen und nassen Blätter im Tageslicht leuchteten.
Jemand machte das Licht an und ich sah ein Gesicht in der Fensterscheibe. „Wir müssen los“, sagte er. Ich betrachtete weiterhin die Fensterscheibe. „Ja, ich komme gleich“, erwiderte ich und sah, wie seine Silhouette hinter dem Türrahmen nichts sagend verschwand. Ich drehte mich um und griff nach meinem Portmonee, das ich sorgfältig in meine kleine Tasche packte, zog an deren Reisverschluss und vergewisserte mich, dass ich meine Schlüssel in meiner rechten Hosentasche hatte. Nachdem ich die Wohnung mit einem Regenschirm verlassen hatte und ihn vor dem Hauseingang auf mich wartend stehen sah, musste ich feststellen, dass er mich früher selten so genervt und gleichgültig zugleich angesehen hatte wie heute. Ich stieg ins Auto und schnallte mich an, er stieg schließlich auch ein, schmiss den Regenschirm auf den Rücksitz und steckte den Schlüssel ins Zündschloss. „Bist du nun fertig?“, erkundigte er sich bei mir, ohne den Anschein zu erwecken, an einer Antwort ernsthaft interessiert gewesen zu sein und drehte den Zündschlüssel herum. Der Motor ertönte und brummte, was das Zeug hielt. Ich klappte meinen Regenschirm zusammen und legte ihn vorsichtig zwischen meine Füße. Mit quietschenden Reifen verließen wir den Hof. „Weißt du eigentlich, wie spät es ist?“, fragte er und klang zunehmend aufgebracht. „Du wirst es mir sicher gleich sagen“, antwortete ich, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. „Viertel vor Elf, meine Liebe und bis um Elf schaffen wir es gewiss nicht mehr.“ „Dann kommen wir halt eben zu spät“, erwiderte ich.
„Dann kommen wir halt eben zu spät“, äffte er mich nach, „was ist mit dir nur los?“
„Mir geht es gut, danke der Nachfrage.“ Ich bemerkte, wie er langsam nach Luft schnappte, um sich darauf hin dann das zu verkneifen, was er womöglich sonst gesagt hätte. Eine Weile fuhren wir schweigsam auf einer schmalen Straße, umrandet von ein paar dünnen Bäumchen, deren Äste der Kraft des Gewitters nachgaben, während der nasse Wind ihre winzigen Blätter peitschte, damit sie feuchtfröhlich zu tänzeln anfingen. Der Regen verstärkte sich und ich spürte, wie der Wind versuchte, mit uns das gleiche zu vollziehen wie mit den Blättern der Äste. „So ein Mistwetter…“, hörte ich Fred schimpfen. Ich dachte nur daran, wie froh ich war, dass die Sonne jetzt nicht schien. „Hast du den Sekt mitgenommen?“, fragte Fred. „Ich dachte, du nimmst ihn mit.“, erwiderte ich. „Na toll Irene! Suupeer!“ „Jetzt reg dich doch nicht so auf wegen einer Flasche Sekt, dann halten wir halt eben kurz an der Tankstelle an und holen welchen“, versuchte ich Fred wieder zu beruhigen. Ich wusste, dass der Abend nicht mehr zu retten war, aber er sollte zu keine Katastrophe werden. „An der Tankstelle? Weißt du, wie teuer der dort ist?“, kam Freds ernüchternde Reaktion. „Was schlägst du denn vor? Gar keinen Sekt kaufen oder willst du vielleicht wieder umkehren, damit wir die Feier ganz verpassen?“ „Oh ja, das habe ich vermisst, ausgerechnet jetzt fängst du an zu streiten!“, sprudelte es aus seinem Munde. „Ich streite doch gar….“, wollte ich mich verteidigen, als ich von ihm auch schon wieder unterbrochen wurde, „jetzt bin ich Schuld? Wegen dir kommen wir zu spät, du vergisst den Sekt und ich bin Schuld?!“, empörte sich Fred. „Nein, das sag ich doch gar nicht…“, fing ich an. „Weißt du was? Ich habe es satt! Fahr doch alleine weiter!“, schrie Fred wieder die Frontscheibe an, hielt am Straßenrand an und stieg aus. Ich sah nur noch, wie seine Kleidung im Regen an Halt verlor und sich durch die Nässe verdunkelte. Schlaff hingen seine Haare über der Stirn. Kaum war er drei Schritte gegangen, sah er wie ein begossener Pudel aus. Durch den aufsteigenden Wind, gegen den Fred versuchte anzukommen, wurde er immer langsamer. Schließlich hielt er keine 20 Meter vom Auto entfernt am Straßenrand an und ließ sich neben einen Baum nieder. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass er das getan hatte. Enttäuscht und zugleich leicht wütend kletterte ich auf den Fahrersitz, betätigte die Kupplung und fuhr mit dem Auto zu Fred. „Steig ein!“, rief ich ihm zu, nachdem ich die Fensterscheibe heruntergekurbelt hatte. Die Regentropfen fielen auf den Beifahrersitz. Fred saß nur da und starrte die Erde an. „Hast du mich nicht gehört? Lass den Unsinn und steig ein!“ Fred hob den Kopf und sah zur Seite, auf die leere Straße, kurz darauf hin zum Himmel, der durch dunkle Wolken bedeckt war. Sein Gesicht wurde von Regentropfen übersät. Schließlich stand er auf und begab sich zum Auto, worauf hin er dann endlich einstieg. Vollkommen durchnässt starrte er auf die Frontscheibe. „So können wir unmöglich zu der Feier fahren, du bist total nass“, bemerkte ich, „ich kehre um.“