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Autor: Khaine

Erstellt am: 07.02.2007

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Menschen in Anzügen



Geschrieben von:   Khaine


Er betrachtete eingehend sein neues Kleidungsstück: Einen Anzug.
Vorsichtig stellte er sich darin vor und welche Wirkung er auf andere darin haben würde.
Man könnte ihn für einen feinen Herren halten. Einer der immer korrekt war, sich an höfliche Umgangsformen hielt und den Rest für sich behielt oder es nur in stillen Momenten, wenn keiner zugegen war beim Namen nannte. Diese Menschen sind glatt sagte er an sich gewandt. sie spielen nur etwas, was sie hintergründig gar nicht sind. Und wer wusste schon wie viele elegante Gentleman sich hinterm Auge der Höflichkeit in Wahrheit in ganz abscheuliche Wesen verwandelten.
Womöglich hielt man ihn auch für einen Politiker, einer der große Reden schwingt und die Agitation nach allen Regeln für sich einnimmt. Einer der wusste, wann Zeit zum Reden und Zeit zum Schweigen war. Zum Beispiel dann, wenn ein Koffer voll Bargeld unterm Tisch weitergereicht wurde.
Er könnte aber auch für einen Volksaufrüher gehalten werden. Einer der die Massen aus egoistischen oder idealistischen Gründen für andere aufhetzte um die Herden in die Klingen der Revolution rennen zu lassen.
Nein, mit Politik wollte er nichts zu tun haben. Vielleicht würde der ein oder andere ihn für einen Geschäftsmann, einen Industriellen halten. Einer der sein eigenes Unternehmen führte – auf Kosten anderer versteht sich. Ein Kapitalist, wie dir Roten immerzu sagten. Einer der sich am Volk und Erde bereicherte.
Nein, solch ein großer Mann war er sicher nicht. Das mussten die Leute schon sehen. Aber vielleicht würden sie ihn für einen Vertreter halten. Einer der ihnen eine unnötige Innovation aufschwatzte oder auch eine Versicherung, gar noch an der Haustür. Ein Vertreter dem die Provision wichtiger schien als der Bedarf seiner Kunden, den mit seinen Verträgen legte er sie in Ketten juristischer Natur, derer man sich ohne Anwalt nicht wieder entledigen konnte.
Ja, ein Anwalt! Dafür könnte er auch gehalten werden. Jemand der das Recht kannte und Unschuldige zu ihrem Recht verhalf, oder aber jene die das Recht für sich pachteten. So etwa dieser Großkriminelle, der im Gerichtssaal neben dem Anwalt saß, in einem teurem Anzug, gekauft aus dem Geld seiner Betrügereien. Gelassen saß er da, den von seiner Schuld hatte er sich längst frei gekauft.
Vielleicht hielt ihn auch jemand für diesen Großkriminellen anstelle des Anwalts?
Nein, das alles nicht. Er war doch ein viel zu ehrlicher Typ als das man ihm solcher Rollen wirklich zugestand. Viel eher würde man annehmen er sei an Mann Gottes, der einzig und allein des guten Eindrucks willen den Anzug anstelle des bescheidenem Mönchsgewandes wählte. Doch warum sollte ein durch und durch guter, gottesfürchtiger Mensch so viel Wert auf den äußeren Eindruck legen? Kam es den nicht auf das Innere an? Brauchte er diese Wirkung?
Und warum? Wollte er die Leute ansprechen? Sie beeinflussen?
Mochte er ihnen womöglich einfach nur seine Religion näher bringen? Aufschwatzen könnte man sagen, oder Missionieren. War ein Missionar nicht auch ein Vertreter? Einer der Götzen statt Verträgen feilbot.
„Menschen in Anzügen...“, sprach er resigniert an sich gewandt, „Menschen in Anzügen, das sind Menschen ohne ehrliche Absichten.“