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Autor: Anthea

Erstellt am: 02.02.2007

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White Lie's Bad Consequence



Geschrieben von:   Anthea


Anmerkungen des Autors:
Shadow Run



Gestaltwandler und KI-Adeptin (White Lie’s Bad Consequence)

Die Elfe stand mit dem Rücken an die rohe Ziegelwand gelehnt, im einzigen eingerichteten Raum, der sich im oberen Stockwerk des alten, langsam zerfallenden Fabriksgebäudes befand. Ein Bein hatte sie angewinkelt und den Fuß gegen die Wand gestellt, so als wollte sie sich jeden Augenblick abdrücken. Den Kopf hielt sie gesenkt, wobei ihre kinnlangen, blonden, Haare ihr Gesicht verdeckten, aber die Spitzen ihrer Ohren freigaben. Sie wusste, sie würde nicht lange auf ihn warten müssen; sie war sich sicher, er wusste bereits von ihrer Anwesenheit. Ihre Gedanken kreisten seit dem letzten Run um diesen Mann, der so schweigsam war, und es dennoch vermochte, sie zu faszinieren. Als sie das alte Fabriksgebäude, das er sein Heim nannte, betreten hatte, und diesen spärlich eingerichteten Platz zum Schlafen – denn als mehr konnte man all das nicht bezeichnen – gesehen hatte, waren immer mehr Fragen zu diesem Runner aufgetaucht. Sie hatte ihn zuerst nur für schweigsam gehalten, aber als sie ihn beim Run beobachtet hatte, hatte sie erkannt, dass er mehr war, als er zu sein vorgab.
Und obwohl sie es sich nicht eingestehen wollte und das Ganze als ein Abenteuer abtat, interessierte sie sich für ihn. Sie wollte hinter die Mauer des Schweigens blicken und den Mann sehen, der hinter dem Namen Bad Consequence steckte. Es war ihr einige Zeit gar nicht bewusst gewesen, aber sie sehnte sich oft danach, dass er sie wahrnahm, und sich vielleicht auf ein paar gewechselte Worte mir ihr einließ.
Sie hörte ihn kommen, hob aber nicht den Kopf, wartete auf seine Reaktion darauf, sie hier zu sehen. Sie spürte mehr als dass sie es sah oder hörte, wie er näher kam und vor ihr stehen blieb. Er lehnte sich zu ihr, stützte sich mit den Händen links und rechts von ihren Schultern an der rauen Mauer ab und hatte sie so eingefangen. Seine tiefe, ruhige Stimme fragte sie: „ Was suchst du hier?“ Als Antwort blickte sie auf und ihm direkt in die hellen Augen, die beide die Farbe von Bernstein zu haben schienen, und dennoch nicht gleich waren. Sie ließ ihren Blick über seinen Körper wandern – er stand tatsächlich nackt vor ihr. Anerkennend betrachtete sie die Muskeln, die sich deutlich unter seiner Haut abzeichneten und seinen Körper definierten. Es waren keine künstlichen Modifikationen, sondern durch hartes und konsequentes Training erworbene Muskeln. Sie nahm ihn mit all ihren Sinnen wahr, nahm seinen Geruch in sich auf – eine Mischung aus Erde, Pflanzen, der Luft in dem Ziegelbau und Schweiß. Plötzlich war sie sich seiner unmittelbaren Nähe deutlicher bewusst als ihr vielleicht lieb war; ihr Körper reagierte auf den Mann, der vor ihr stand. All die klugen Antworten, die sie ihm auf seine Frage hatte geben wollen, waren aus ihrem Gehirn verschwunden. Zurück blieb nur der Satz: „ Ich wollte dich sehen.“, den sie sich gerade sagen hörte. Innerlich schalt sie sich einfältig, weil sie dastand und ihn anstarrte wie ein Teenager den ersten Freund. Aber er reagierte auf ihre Antwort anders als sie erwartet hätte; er legte den Kopf ein wenig schief und betrachtete sie lange, so als müsste er abwägen, welche Botschaft ihr Satz für ihn enthalten haben könnte.
Schließlich stieß er sich von der Wand ab und trat einen Schritt zurück, stellte ihr frei sich wieder zu bewegen. Sie nahm den Fuß von der Wand, stellte sich aufrecht hin, lehnte sich dann wieder mit dem Rücken an die Mauer. Er sah sie immer noch mit einem seltsamen Ausdruck in den hellen Augen an, den sie nicht zu deuten vermochte. Von einem Augenblick zum nächsten schien er entschieden zu haben, was er gerade noch erwogen hatte, trat wieder näher und stand nun dicht vor ihr. Unvermittelt presste er sie an die Wand und küsste sie. Sein Kuß war wild und fordernd und jagte heiße Wellen durch ihren Köper. Sie schlang ihm die Arme um den Hals, zog ihn so näher, als sie begann den Kuß zu erwidern. Seine Hände legten sich an ihren Po, hoben sie ein kleines Stück an, sodaß sie nun auf den Zehenspitzen stand. Ohne den Kuß zu lösen hielt sie sich an seinen Schultern fest, zog ein Bein nach dem anderen hoch und schlang sie ihm um die Hüfte. Leidenschaftlich drängte er sie so an die Wand, hatte die Hände frei um über ihren schlanken Hals zu fahren, und die Elfe dennoch festzuhalten. Mit wenigen Handgriffen hatte er ihre Lederjacke geöffnet, seine Finger strichen nun über die Knopfleiste der Bluse aus transparentem, grauen Stoff, ehe er sie in einer raschen Bewegung aufriß. Sie zog scharf die Luft ein, als seine Hände zum ersten Mal ihre Haut am Bauch und an den Seiten berührten – ihr straffer Bauch bebte ein wenig, als er darüber strich. Seine Finger wanderten über ihre Haut und hinterließen heiße Spuren. Schließlich löste er den Kuß, seine Hände an ihren Seiten, und blickte sie einige Momente lang atemlos an, ehe er sie zu der einfachen Matratze hinübertrug, die ihm als Bett diente. Dort ließ er sie langsam auf den Boden und die Matratze sinken, blieb aber noch vor ihr stehen, nachdem sie sich geschmeidig auf die Decken hatte gleiten lassen. Sie saß mit angewinkelten Beinen und auf einen Ellenbogen abgestützt in seinem zerwühlten Bett, und blickte zu ihm auf. Ihr Blick war erwartungsvoll, aber noch etwas anderes lag darin, das er nicht zu deuten vermochte. Er sank vor ihr auf die Knie und strich in einer zärtlichen Geste eine Haarsträhne hinter das spitze Ohr. Lange betrachtete er das hübsche, ebenmäßige Gesicht der Elfe, eine Hand an ihrer Wange. Langsam beugte er sich vor um sie zu küssen – wo vorher wilde Leidenschaft gewesen war, herrschte in diesem Augenblick unendliche Zärtlichkeit. Für einige Sekunden erwiderte sie den Kuß, aber plötzlich zog sie sich zurück und legte ihm eine Hand an die kräftige Brust. „Spiel nicht mit mir!“ Die Worte zerrissen die Stille und die fein modulierte Stimme der Elfe schien in der Luft zu hängen. Er kniete vor ihr und blickte sie an, als hätte sie ihn geschlagen. Sie wusste selbst nicht warum sie das gesagt hatte. War sie nicht mit dem Gedanken an eine Nacht mit gutem Sex hierher gekommen? Hatte sie Gefühle entwickelt, die sie selbst noch nicht erkannt hatte?
In einer einzigen Bewegung stand er auf den Beinen, schnappte sich eine irgendwann zuvor achtlos hingeworfene Jeans und ein T-Shirt, streifte sich beides über und wandte sich zum Gehen. Sie saß bewegungslos auf der Matratze, unschlüssig was sie tun sollte. Sie haßte sich selbst dafür, dass sie diesen zärtlichen Augenblick zerstört hatte. Vielleicht kam ein solcher Moment nie wieder, aber tief in ihrem Innersten wusste sie, dass sie zu diesem Mann unbedingt ehrlich sein musste. Über die Schulter hinweg warf er ihr ein „Bleib solange du willst!“ zu, und verschwand in die Dämmerung, die sich mittlerweile über Seattle gesenkt hatte.
Er brauchte Bewegung um nachdenken zu können. Also streifte er ziellos über das verlassene und verwahrloste, riesige Fabriksgelände. Konnte es wirklich sein? Empfand sie etwas für ihr, oder war das Teil ihres Spiels? Er musste sich über einiges klar werden, und er würde erst in seine Behausung zurückkehren, wenn er eine Entscheidung getroffen hatte. Einige Zeit lang fragte er sich, ob sie noch da sein würde, wenn er zurückkäme.
Die Elfe saß einige Minuten, die ihr wie eine Ewigkeit vorkamen, regungslos auf dem Gewirr von Decken auf der Matratze. Ihr Hirn fühlte sich an wie Watte, ihre Gedanken kamen und gingen unerträglich langsam. Draußen wurde es unaufhaltsam immer dunkler; eine neue Nacht senkte sich auf Seattle. Als es in dem Raum ebenfalls dunkel geworden war, erhob sie sich. Ihre Elfenaugen ließen sie dennoch alles so deutlich sehen, als hätte eine Lampe gebrannt. Sie wollte die von ihm zerrissene Bluse unbedingt loswerden. Ihre Lederkleidung beengte sie auf einmal so sehr, dass sie das Gefühl hatte, es kaum mehr auszuhalten. Aber als aller erstes wollte sie Licht machen, sie sehnte sich nach dem warmen, gelblichen Licht einer Lampe oder einer Kerze, denn sie fröstelte innerlich in dem kalten Grau, in dem sie nachts ihre Umgebung wahrnahm. Es dauerte nicht lange, und sie hatte eine ansehnliche Anzahl an Kerzen in allen möglichen Ausführungen gefunden. Sie liebte diese altmodische und relativ teure Art Licht zu machen; sie verteilte die Kerzen rund um das Bett und zündete sie an. Mit dem Flackern der Flammen schien die Wärme in ihren Körper zurückzukehren. Sie hatte zwar die Kerzen gefunden, aber sie durchsuchte weiter den Haufen an Einrichtung, der scheinbar willkürlich um die Matratze im Zentrum platziert worden war. Ein weißes, langärmeliges Hemd schien ihr dann das Richtige zu sein. Sie zog ihr eigenes Gewand aus und schlüpfte in sein Hemd. Es war fast so, als könnte sie seine Berührung auf ihrer Haut fühlen. Barfuß wanderte sie noch ein bisschen um das Bett herum, und ihr Blick fiel immer wieder auf einen Stapel Bücher. Schließlich hockte sie sich vor die Bücher um diese genauer zu betrachten. Es waren seltsame Titel darunter, und fast immer schien e um Wölfe oder Werwesen zu gehen. Ein Buch konnte sie einfach nicht mehr auf den Stapel zurücklegen – es war ein sehr teures, in echtes, dunkelrotes Leder gebundenes Exemplar. Der einfache Titel „Der Wolf“ war in Gold auf das Leder geprägt. Dieses Buch nahm sie mit zur Matratze, machte es sich zwischen den Decken bequem und begann im Kerzenschein zu lesen. Schon bald wurde sie von der Geschichte fort getragen, war gefangen in Leben eines Mannes, der zum Werwolf wurde, erlebte dessen traurige Geschichte.
Ein plötzliches Knurren ließ sie hochschrecken. Noch bevor sie sich fragen konnte, ob ihr ihre Phantasie einen Streich gespielt hatte, brüllte er sie an: „Wer hat die erlaubt in meinen Büchern zu lesen? Was suchst du hier?“ Völlig verwirrt über seine Anwesenheit – sie war wirklich unaufmerksam gewesen – und über seinen Ausbruch, konnte sie ihn nur mit weit aufgerissenen Augen anstarren.
Während sie noch versuchte ihre Verwirrung abzuschütteln, war er in einem Satz bei ihr und fegte ihr in einer wütenden Bewegung das Buch aus der Hand. Nun wurde auch die Elfe von einer Welle des Zorns erfasst, der heiß durch ihre Adern loderte, sie in Bewegung versetzte. Sie sprang auf und stand ihm Auge in Auge gegenüber, konnte seinen heißen Atem auf ihrer Haut fühlen, der stoßweise ging. „Du hast selbst gesagt, ich kann bleiben so lange ich will!“ fauchte sie ihn an. „Aber ich habe dir nicht erlaubt in meinen Sachen zu wühlen!“ donnerte er. Sie widerstand dem Impuls einen Schritt zurück zu weichen und funkelte ihn stattdessen herausfordernd an. Plötzlich erkannte sie hinter all dem Zorn eine Welle von Angst und Schmerz in seinen Augen. Im Bruchteil einer Sekunde war ihr Zorn verflogen, und sie hätte ihn am liebsten in die Arme geschlossen, ihm gesagt, dass alles gut werde, aber sie tat es nicht, aus Angst ihn weiter von sich zu stoßen, als er es ohnehin schon war. So ließ sie einfach den Kopf hängen, murmelte ein „Es tut mir leid.“ Und machte sich daran ihre Sachen aufzuheben und zu gehen. Sie glaubte ihn bereits verloren zu haben, da sie – soweit sie das beurteilen konnte - in dieser Nacht alle Fehler der Welt auf einmal begangen hatte. Es tat ihr weh, ihn zu verlassen, aber weiterhin in seiner Nähe zu sein, obwohl er es gar nicht wollte, konnte sie ebenfalls nicht ertragen; also verschwand sie. Während dieser ganzen Zeit stand er bewegungslos inmitten der Kerzen und beobachtet, wie sie ihre eigenen Kleider aufsammelte und begann sich umzuziehen, um sein Zuhause zu verlassen.
Die plötzliche Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag – er durfte sie jetzt nicht gehen lassen, denn so würde er sie vielleicht für immer verlieren. Seine Stimme klang ausdruckslos und hohl in seinen eigenen Ohren, als er sie leise ansprach: „White Lie…geh jetzt nicht fort!“ Sie erstarrte mitten in der Bewegung, ließ ihre Kleider, die sie gerade noch anziehen wollte, zu Boden gleiten, drehte sich aber nicht zu ihm um, sah ihn nicht an. „Verzeih meinen Ausbruch, bitte bleib hier!“ Seine Stimme bekam langsam die tiefe, wohl tönende Färbung zurück, die sie so sehr mochte. Sie spürte, wie er von hinten an sie heran trat, die Hände auf ihre Schultern legte, sie langsam zu sich herum drehte. Sie ließ ihn gewähren, stand nur einen Schritt von ihm entfernt, konnte in seinen hellen Augen die aufrichtige Bitte um Verzeihung lesen. Sein zaghaftes Lächeln brachte das Eis endgültig zum schmelzen, und sie schlang ihm die Arme um die Schultern, schmiegte sich an ihn. Mit einem erleichterten Seufzen stieß er die Luft aus, die er die ganze Zeit über angehalten haben musste. Er zog sie fest an sich und bat sie beide im Geiste, keine großen Fehler zu begehen, so sehr wollte er bei ihr sein, sich auf die Elfe einlassen. Sanft zog er sie zurück zu der Matratze, sank mit ihr vorsichtig auf die Knie.
Während sie zusammen mit ihm in die Decken sank, schwirrten ihr so viele Fragen gleichzeitig durch den Kopf – warum er so zornig geworden war, warum ihn solche Themen interessierten, warum er sie nun doch gebeten hatte zu bleiben – dass sie erst merkte, dass sie alle laut ausgesprochen haben musste, als er ihr einen Finger an die Lippen legte und mit einem zärtlichen Lächeln meinte: „So viele Fragen…“ In diesem Augenblick beschloß sie, so schwer es ihr auch fallen mochte, ihn nicht zu dängen, immer abzuwarten, bis er ihr selbst etwas erzählen mochte. Die Elfe lächelte und küsste seine Fingerspitze, die noch immer auf ihren Lippen lag. Er erwiderte das Lächeln, legte seine Hand an ihre Wange, küsste sie lange, vorsichtig und zärtlich. Mit diesem Kuß begann die Elfe in eine Nacht voll Zärtlichkeit und Leidenschaft einzutauchen, in der ein Band zwischen den beiden geknüpft werden sollte, das alle Zerreißproben überstehen konnte.