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Autor: Anthea

Erstellt am: 02.02.2007

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Brief



Geschrieben von:   Anthea


Anmerkungen des Autors:
Beide Charaktere sind Elfen und stammen aus einer Welt, die wir in einer, jetzt nicht mehr existierenden, Rollenspielgruppe aufgebaut hatten. Carendra ist meine Elfin, Vios ist war char meines damaligen Freundes.




Brief der Praetorin Carendra Sonnentau an Vios Diberian, Bruderoberst des Ordens des Lichts der Feuerkrone

Geliebter Vios,
Du weißt, ich habe mir zur Angewohnheit gemacht, Dich über meine jeweiligen Aufenthaltsorte in Kenntnis zu setzen. Auch wenn Dich all meine Briefe sehr spät erreichen, glaube ich doch, Dir ein Bild meiner Reisen vermitteln zu können.
Der Grund warum ich einen zweiten Brief innerhalb so kurzer Zeit verfasse, ist der, dass ich wieder nach Tass Grissen beordert wurde. Hier bekam ich einen Auftrag wie noch keinen zuvor. Du weißt, ich kann Dir nichts über dessen Art sagen, aber zumindest wohin er mich führen wird. Ich habe Befehl erhalten, durch das Barbarenland in das Gebiet der Thuather zu reiten. Ich weiß nicht, wie lange ich mich hoch im Norden aufhalten werde. Das ist auch der Grund dafür, dass dies der letzte Brief für lange Zeit sein wird, den Du von mir erhältst. Ich kann Dir auch keine Adresse hinterlassen, an die Du mir antworten kannst, da das Gebiet, in das ich reite, nicht mehr zum Kaiserreich gehört, wie Du weißt.
Vios, ich habe bei dem Ganzen kein gutes Gefühl. Ich kann nicht genau benennen wovor, aber ich habe Angst. Diesen Ausdruck wirst Du mit Deinem gewohnten Stirnrunzeln lesen, da Du ihn noch niemals zuvor von mir vernommen hast. Und es stimmt, ich spreche es nicht leichtfertig aus.
Ich muß und will diesen Brief als Gelegenheit nehmen, Dir ohne Umschweife meine Gefühle zu offenbaren. Du weißt sehr wohl, dass ich über derlei Dinge wenig Worte zu verlieren pflege, und ich glaube, Du kannst es ebenso gut in meinen Augen und Gesten lesen, wie ich in Deinen. Dennoch, laß mich in Worten sagen, wie sehr ich Dich liebe. Aber laß mich zuerst in der Vergangenheit beginnen.
Ich weiß noch genau, was ich an jenem Tag empfand, als ich Dich das erste Mal sah, damals in Beneetha, im Haus des Händlers. Ich betrat den Raum und sah mich einem hochgewachsenen, stattlichen Elf gegenüber. Mein Blick glitt über Deine strahlend weiße Uniform, die goldenen Besätze, über Dein meerblaues Haar, das Du im Nacken mit einem Lederband zusammengenommen hattest, bis zu Deinen tiefen, unergründlichen Augen. Für einen kurzen Augenblick glaubte ich darin etwas aufflackern zu sehen, ehe sich die professionelle Distanziertheit darüber schob. Ich sah in Dir denjenigen, der uns das magische Artefakt gebracht hatte, das es uns ermöglichen sollte, unsere Schatten zurück zu bekommen. Die nächsten Tage, die ich neben Dir ritt, konnte ich in flüchtigen Momenten eine tiefe Traurigkeit in Deinen Augen erkennen, die aber immer wieder durch Deine Entschlossenheit und dem Willen an das Gute zu glauben verdrängt wurde. Heute weiß ich woher all das kommt, und es gehört zu Deinem Wesen, zu Dir, den ich sosehr liebe.
An dem Tag des Kampfes gegen unsere Schatten, als Dilati den Beutel öffnete und Du geblendet wurdest, weil Du Dich nicht rechtzeitig abwenden konntest. Du wehrtest gerade einen Angriff ab, der der Zwergin gegolten hatte. Da wurde mir klar, wie viel Du mir zu diesem Zeitpunkt schon bedeutetest. Ich war in großer Sorge um Dich, mein Schatten war mir egal, und es beruhigte mich ein wenig, dass Du mich in dieser Nacht an Dich heranließt. Die nächsten Tage allerdings, in denen wir nach Beneetha zurück ritten, waren für mich sehr verwirrend, denn plötzlich konnte ich nicht mehr zu Dir durchdringen. Du wiest mich ab, schicktest mich weg, was mich sehr verletzte, obwohl ich es verstehen konnte, und ich mir gleichzeitig meine Gefühle für Dich nicht eingestehen wollte.
Und schließlich kam der schrecklichste Tag meines bisherigen Lebens, an dem ich es nicht vermochte, meinen Schatten an mich zu binden. Ich war verzweifelt, was nur wenige erkennen konnten, nämlich Du und Sirius. Wie Du weißt war ich gerade dabei meinen Abschied einzureichen, denn wie konnte ich länger kaiserliche Praetorin sein, wenn mein Schatten fehlte, als Sirius mich rettete. Sein Schatten sieht übrigens mittlerweile genauso aus wie ich. Und die nächste Überraschung kam, als ich zu Dir ging, um Dir Lebewohl zu sagen. Ich hatte akzeptiert, dass Du nicht das gleiche zu empfinden schienst wie ich und dann das...Deine Antwort auf meine höfliche Frage, wie es um Deine Sehkraft bestellt sei. Du sagtest: „Ich muß nicht sehen, um genau zu wissen, wie schön Du bist.“ Du zogst mich in Dein Gemach und ich konnte und wollte mich nicht gegen Deinen ersten Kuß wehren. Nach den folgenden Nächten fiel mir der Abschied noch schwerer als vorher und beinahe den ganzen Weg zurück in die Kaiserstadt hielt ich mit einer Hand Dein Geschenk umschlossen. Wie Du weißt, lege ich die Kette niemals ab und wenn ich das Rosenblatt betrachte, sehe ich Dich, fühle ich Deine Nähe.
Vios, manchmal in dunklen Stunden, wenn die Nacht nicht vergehen will, kommen Gedanken ob ich Dich je wieder sehe. Wir wussten beide, worauf wir uns einließen, als wir in jenen Wäldern östlich des Ordenshauses die Sommertage verbrachten, dem anderen unsere Liebe gestanden. Wir beschlossen uns darauf einzulassen. Aber in manchen Nächten kann ich es nicht verhindern, dass sich solche Gedanken einschleichen. Besonders jetzt, da Du schon so lange fort bist, einen Auftrag zu erfüllen, und mich der meine über die Grenzen des Reiches hinaus nach Norden führt. Ich betrachte jetzt wieder sehr oft den Anhänger und lasse meine Gedanken zu Dir wandern. Sie sollen Dir Botschaft von meiner Liebe bringen und in unseren Träumen werden wir vereint sein. Das Licht meiner Seele ist unauslöschlich mit dem Deinen verbunden. Ich brauche Dich wie die Luft zum Atmen, die in Deiner Gegenwart gleichsam zu knistern scheint. In Deinen unendlich tiefen und unergründlichen Augen vermag ich mich zu verlieren und die Zeit scheint still zu stehen. Du beherrscht nicht nur mein Herz, sondern auch meinen Verstand, was vor Dir noch keiner vermochte. Deine Nähe und die Geborgenheit, die Du mir zu geben verstehst, lassen all die Dinge verblassen, die ich bis jetzt in meinem Leben sehen musste. Wie viele Meilen uns auch trennen mögen, mein Herz ist immer bei Dir.
Möge immer das Licht der Gerechtigkeit Deinen Weg erhellen,
in Liebe,
Deine

Carendra