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Autor: knochengott

Erstellt am: 28.12.2006

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-5



Geschrieben von:   knochengott


Teil des Episodenwerkes: maschine baby!

  - Einleitung
  - Kapitel 1: -1
  - Kapitel 2: -2
  - Kapitel 3: -3
  - Kapitel 4: -4
  - Kapitel 5: -5


Anmerkungen des Autors:
Blechschrott - schlaf - mechanisch - nichts - blau



Es ist kaum acht Uhr als ich wieder vor dem HQ stehe. Ich klopfe zögerlich und keine zwei SeKunden später wird die Luke von Pepper zurückgerissen. Sas Spiel kann beginnen.
„Identifikation als Masch...“ fange ich an, als die Luke wieder zurückknallt und mich stehen läßt.
Ich habe gerade Zeit, ein blödes Gesicht aufzusetzten, als die Tür aufgerissen wird und Pepper auf mich zuschnellt. Ich zuckte automatisch zurück, doch er packt mich hart am Kragen und reißt mich vorwärts, ins HQ hinein, ohne große Worte an mich zu verschwenden.
Hinter uns fällt die Tür lautstark ins Schloß. Pepper hastet mit mir durch den Gastraum und ich bemerkte im vorbeihasten die Stimmung. Zu ruhig, zu düster. Hier ist etwas nicht in Ordnung.
„Pepper, erklär mir verdammt nochmal..“
„Halt deine klappe und bete, daß der Colonel recht hat, sonst hast du heute deinen letzten schiß gehabt.“ zischt Pepper nur und die Tonlage läßt mich augenblicklich verstummen. Ich weiß wann die Kacke hart ist und die hier ist steinhart. Während ich noch überlege was zur Hölle Pepper nur meinen kann und derweilen mit dem Gleichgewicht zu kämpfen habe, sind wir durch die Schänke und die Treppe nach unten hinab. Pepper bleibt vor der großen Eisentür stehen und hämmert wild dagegen. Ich koordiniere gerade meine Füße nebeneinander, als sich die Tür auch schon öffnet und ich mit einem weiteren Ruck Repper hinein folge.

Drinnen brennen dutzender Lampen von der Decke und in der Mitte steht ein Tisch auf dem eine Menge elektronischner Kram und Servomotoren liegen. Neben dem Tisch stehen der Colonel und noch zwei andere Kerle, die ich nicht kenne. Peppers Hand in meinem Nacken drängt mich näherzugehen und kaum hat der Colonel meine Anwesenheit bemerkt, als seine Augen auch schon aufleuchten, auf eine Art und Weise, die mir nicht gefällt. Die mich an Hanz erinnert. Die Schmerzen verpricht.
„MASCHINE SOHN, ENDLICH BIST DU DA! DU MUSST UNS HELFEN!“ brüllt er und deutet hektisch auf den Tisch.
„DU KANNST UNS DOCH HELFEN ODER? DU HAST DOCH DEINE MAGISCHEN FINGER, DIE KÖNNEN DOCH ALLES HINBEKOMMEN...“
Mit Entsetzen bemerkte ich, daß der Colonel panisch ist und das Flackern in seinen Augen echte Sorge, ja fast Angst ist. Ich sehe verständnislos von ihm zu dem Tisch voller Blechschrott und wieder zu ihm zurück. Peppers Hand in meinem Nacken zwingt mich zu Nicken, ohne das ich verstehe.
„Ja, sicher kann ich... Aber was soll ich genau...“ beginne ich und dann beginnt der Schrotthaufen auf dem Tisch an zu zucken.
„Maschine Baby.“ murmelte eine Stimme und kaltes Grauen packt mich. Zwar wirke ich neben Pepper aus wie ein nasses Handtuch, aber diese Stimme elektifiziert mich und ich schlage die Faust in meinem Nacken beiseite, als wäre sie aus Papier. Mit ein - zwei Schritten bin ich am Tisch und beuge mich darüber. Meine Augen tasten über die Sammlung von Drähten, Servos und zerfetzter Polymerfasern und bleiben an einer fein geschwungenen vercromten Linie hängen. Das darunterliegende Auge blickt zu mir empor und die Iris ist von einem weichen Braun.
Mit zittrigen Fingern streiche ich vorsichtig ein Gewirr aus Drähten zur Seite und lege ihr zerschmettertes Gesicht frei. Das rechte Auge fehlt ganz.
„Maschine Baby!“ murmelt sie erneut und die Überreste ihrer Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. Der Kunststoff wird überdehnt, reißt mit einem schnappenden Geräusch und plötzlich habe ich Tränen in den Augen. Ich bin stumm.
„Maschine Baby!“ murmelt sie wieder und diesmal klingt ihre Stimme traurig und leise.
„Was...? Wer...?“ stammle ich, um meine Stimme und Fassung ringend und stütze mich schwer gegen den Tisch.
Eine Hand legt sich von hinten auf meine Schulter und ich wirble herum, packe Pepper am Kragen und reiße ihn zu mir heran. Ächzend gibt der Stoff seiner Lederjacke nach.
„WER?!“ ist alles was ich hervorstoßen kann, als sich meine Trauer in rasende Wut verwandelt und Pepper bricht der Schweiß aus..
„Die Footlockers... sie haben sie überfallen... wir fanden sie so vor der Tür... mit einem Foto... Auf der Rückseite...“ Seine Stimme versagt und er deutet hektisch auf etwas auf dem tisch. Ich lasse ihn los und er sackt zusammen, stolpert rückwärts von mir weg.
Ich packe das Foto, meine Hände zittern so sehr, daß ich es fast zerreiße und betrachte es.
Hanz. Lächelnd.
Ich lasse es auf den Tisch segeln und beuge mich zu ihrem Gesicht herab. Es tut weh sie anzusehen, diese Schönheit zerstört zu sehen.
„Marla?“ flüstere ich leise und ihr intaktes Auge öffnet sich ganz langsam.
„Maschine B-“ Ihre Stimme erstirbt mit einem Knistern.
„Schlaf. Ich bin da.“ sage ich und ihr Auge schließt sich wieder.
Ich beuge den Kopf und halte mich am Tisch fest um nicht den Halt zu verliehren, während Tränen meine Wangen herablaufen und ich mit tausenden Gedanken ringe.
Minutenlang.
Als ich mich schließlich aufrichte steht mein Entschluß fest. Ich löse meine Hände von der Tischkante und sie zittern unkontroliert. Ich muß mich beeilen.
„SOHN...“ beginnt der Colonel, doch dann kreutzen sich unsere Blicke und er verstummt. Mit zitternden Fingern und schleppendem Schritt verlasse ich den Raum, passiere Pepper, der mich mit weit aufgerissenen Augen beobachtet und sich dabei fest an die Wand preßt. Stille folgt mir.

Ich trete aus dem Fahrstuhl und automatisch findet mein Schlüssel das Schloß und öffnet meine Tür. Ich bin nur noch auf Autopilot, handel rein mechanisch. Tränen auf meinen Wangen, ich weine in völliger Stille, kann sie nicht bremsen oder stoppen.
Im wohnzimmer wache ich auf. Meine Jacke liegt hinter mir am Boden, noch naß vom Regen. Ich sehe mich um und weiß mit einem Schlag wieder warum ich hier bin.
Marla.
Wieder packt mich Zorrn und ich kralle meine Finger in das Sofa, reiße es beiseite, fege den Chouchtisch mit einem Tritt in die Ecke, die Bierflaschen scheppern durchs Zimmer. Ich schiebe, stoße, räume alles aus dem Weg, mache Platz in der Mitte des Wohnzimmers. Dann haste ich ins Schlafzimmer und greife nach meiner Tasche. Ich packe den Kreidestift, den scheißorangen Kreidestift und stolpere zurück ins Wohnzimmer, stürze in der Mitte zu Boden. Das Zittern meiner Hände ist inzwischen so schlimm, daß ich den Stift nur noch mühevoll halten kann und dann beginnen sie auch schon zu arbeiten, fliegen nach vorn und ziehen mich in eine Ecke des Wohnzimmers. Der Kreidestift drückt schwer auf den Teppich, bricht in der Mitte entzwei, als der erste Strich entsteht. Ich zeichne verbissen Linien, achte nicht auf das Entsetzten, daß sich in meinem Kopf auszubreiten versucht, daß mir sagen versucht, daß es mich dieses mal umbringen kann, denn es ist nah, zu nah, zu nah an mir, dieses mal könnte die Veränderung mich erfassen und zerquetschen. Ich achte nicht darauf, zeichne weiter, Strich für Strich, Kreise und Figuren, zeichne, bis der Stift von meinem verkrampften Fingern frei gelassen wird und zu Boden fällt. Dann rolle ich mich in der Mitte der Zeichnung zusammen und sinke in den Schlaf.

Ich erwache in meinem Bett und sehe mich Orientierungslos um. Ich liege im Schlafzimmer im Bett. Langsam sickert die Erinnerung an gestern Abend ein mich ein und ich grüble. Mein Blick fällt auf meinen Schrank. Er ist verschlossen. Sollte ich mich nicht darin befinden? Und noch während ich den Kopf drehe und mich umschaue entdecke ich eine Neuerung in meinem Schlafzimmer. Das Bett hat ein Geländer aus glänzenden dicken Chromrohren. Strinrunzelnd sehe ich es mir an und frage mich, warum ich nicht schon früher auf die Idee gekommen bin. So fällt es mir natürlich schwer Nachts aus dem Bett zu kriechen.
Dann entdecke ich eine zweite Neuerung in der Ecke neben dem Bett und mein Atem stockt.
Ein Rollstuhl.
Langsam löst sich mein Blick von dem Rollstuhl und wandert zurück zum Bett und meiner Bettdecke hinab. Sie sieht mehrkwürdig flach aus. Ich packe ihren Rand.
'Zieh sie weg!' befehle ich mir in Gedanken. Ich traue mich nicht.
'Komm schon zieh sie weg!'
Es ist schwer abzuschätzen was mich darunter erwartet, weil sie so dick ist.
'Jetzt zieh sie doch endlich weg!'
Ich packe den Rand fester, ziehe meine Bettdecke mit einem Ruck beiseite und sehe was dort ist.
Nichts.

Später am Abend gelange ich vor dem HQ an. Das Autofahen war erstaunlich einfach, als hätte ich schon immer mit den Händen Gas gegeben und gebremst. Habe ich wohl auch.
Ich klopfe hörbar dagegen und sofort öfnett sich die Luke.
„Ientifi...“ beginnt Ppper zu brüllen und bricht ab, als er niemanden sieht.
„Hier unten!“ bemerke ich frostig.
„Oh Maschine. Komm rein.“ Die Luke wird zugeschlagen, die Tür geöffnett. Pepper erschreckt mich, indem er mich anlächelt.
„Hey man, lange nicht gesehen. Alles klar bei dir?“ Also hat sich auch hier einiges verändert.
„Ja klar." gebe ich vorschtig zurück und atme tief durch, ehe ich die nächste Frage stelle.
„Ist Marla heute abend da?“
Pepper schließt die tür hinter mir und schenkt mir einen sorgenvollen blick, der mein Herz aussetzen läßt.
„Maschine, das fragtst du jetzt jeden Abend und wie jeden Abend lautet die Antwort ja. Drinnen.“ Er nickt mit dem Kopf richting Gastraum.
Ich rolle an ihm vorbei und kann kaum atmen. Ich erreiche den Tresen, sehe mich um da ist sie.
Sie sieht noch genauso aus, wie ich sie in Erinnerung habe und kommt lächelnd näher, als sie mich sieht.
„He Maschine.“
Ich muß mich räuspern, als sie sich in einer Wolken Honigduft zu mir herunter beugt. Ich recke ihr den Kopf entgegen und für einen wundervollen Moment ist alles wieder perfekt. Dann drückt sie flüchtig ihre Wange an meine und lehnt sich ein Stück zurück.
„He Marla.“ Unsere Gesichter sind nur Zentimeter voneinander entfernt, doch sie ist weiter weg. Viel weiter.
Ihre Augen fixieren mich genau und mir fällt auf, das das rechte blau ist.
„Was möchtest du?“
„Einen Wodka.“ Sie erhebt sich, dreht sich um und geht wiegenden Schrittes davon, schenkt mir einen bekannten Anblick.
Eine Hand legt sich von hinten auf meine Schulter.
„Vergiss es man, ich sag's dir. Nie im Leben.“ sagt pepper und der ruhige, freundklich Klang seiner Stimme ist mir fremd.
„Ja klar:“ gebe ich leise zurück und lehne mich in meinem Stuhl zurück, als sich Peppers Hand von meiner Schulter hebt. Ich taste an meiner Jacke herunter und stelle fest, daß ich keine Kippen mehr habe.
Und dann, daß ich auch gar nicht rauchen will.



ENDE