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Autor: MaschineBaby

Erstellt am: 09.09.2006

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all crimson



Geschrieben von:   MaschineBaby




Der Autor hat folgende Stimmungen f�r sein Werk angegeben:
einsam
erregt
verliebt



Schwarz und zerkratzt, das Leben scheint nackt durch, zeigt seine ganze Abscheulichkeit. Puristisch, mit all den Makeln und Fehlern. Die Oberfläche ist rauh, uneben, gerade so viel, um seine Funktion zu erfüllen. Schwarz sein. Da sein.
Fasziniert erkenne ich die letzte und einzige Gemeinsamkeit meines Nagellacks mit diesem Club. Ein wehmütiges Lächeln begleitet meine Hand, während sie herabsinkt. Ich lasse den Blick schweifen, nehme die Szenerie in mich auf. Zuviel Schwarz blendet mein Auge, drückt die Farbe herab zu einem Klischee. Die Treppenstufen unter meinem Steiß sind hart, erzählen eine ganz eigene Geschichte, geschrieben in Asche. Um mich herum langweilen sich noch circa ein Dutzend Leute, reden und lachen über Nichtigkeiten.
Ein neues Musikstück reizt meine Muskeln, zwingt mich zu den Marionetten auf der Tanzfläche. Zu viele betrunkene Puppetmaster lassen heute nacht die Fäden schwingen, bringen Ungelenk in dieses Musical des Körperlichen. Ich spüre den Text in mir hochbrennen, mein heißerer Gesang ist ernst, todernst. Jedes Wort ist gepreßte Magie, Wahrheit in kleiner Dosis. Meine Bewegungen werden härter, abweisender, ich schlage auf alte Feinde des Unterbewußten ein, verhöhne sie. Mein schmales Grinsen spottet den Emotionen des Liedes, es ist mir egal. Ein Lachen stürmt an gegen die Flut hinter meinen Augen, bekämpft heroisch sein Alter Ego der Gefühle. Ich lebe, brenne, zittere. Dann ist auch das vorbei.
Die letzten Takte verklingen und wehmütig ruft meine Treppe. Dort angekommen, registriere ich zwei Mädchen zu meiner Rechten, durch und durch geprägt von Massenzwang und MTV. Doch um die makabere Szene abzurunden, tritt ein Typ an sie heran, verwegen sein Bierglas schwingend wie das Schwert gegen den Drachen. Ein haltloses Lachen dringt herauf in mir dank seiner linkischen Bemühungen und schnell verstecke ich es in einem vorgetäuschten Hüsteln. Dieses verebbt nach rund zwei Minuten, genau wie die Versuche des jungen Gentleman, „was klar zu machen“. Angewidert von sich und der Welt sucht er das Weite, während die beiden Damen seiner Wahl in ekelhaftes Gekicher ausbrechen. Mein Kopfschütteln endet am Rand des Bierglases und ich trinke begierig, der verzweifelte Versuch, diese triviale Episode zu negieren.
Der Abend scheint ganz großes Format zu werden.
Da werde ich aus meinen trüben Gedanken gerissen, gleitet das schönste Mädchen meines Lebens oder nur dieser Nacht vorbei, läßt ihren Blick an mir kleben. Schmal und trocken schält sich ein kleines Lächeln aus meinen Mundwinkeln. Das Spiel hat begonnen...
...sie schreitet vor mir über den Parkplatz und so fällt es mir leicht, mein gieriges Grinsen zu verbergen. Hyänenartig reißt es an meinem Gesicht. Der Schlagring in meiner Tasche singt, vibriert, scheint zu Pulsieren vor freudiger Erregung. Beim Auto angekommen, dreht sie sich um, einen wolllüstigen Zug um die Lippen und ich zucke kurz auf, das Eisen küßt hart und grausam endgültig die Haut über ihrer Schläfe, ihre Augen flattern hoch wie ein erschreckter Vogelschwarm und der Körper wird zu einem Haufen Fleisch, der vornüber sackt. Sie in eine verlassene Ecke neben dem Parkplatz zu schleifen, ist wie ein Irrtaumel durch dichten Nebel, bruchstückhaft, surreal, unwichtig. Dunkelhaarig ist sie, so wie ich es mag. Vater hätte sie bestimmt auch gefallen. Nicht ganz die Schlankste, aber sind sie das nicht irgendwie alle? Schon das Entkleiden bringt mein Blut in Wallung, läßt das Herz hart und schnell gegen meine Brust schlagen. Schnell fessele ich sie mit ihren Kleidungsstücken, auf den Knien, die Hände auf dem Rücken. Ihr Gesicht im Dreck erstrahlt in Unschuld, perfekte Perversion, als hätte ich ein Hochzeitskleid mit Blut beschmiert. Ihre Lider bewegen sich träge, den Lippen entringt sich ein Stöhnen und mein Mund wird trocken, schmeckt nach Kupfer und Vorfreude. Sie sammelt Luft zum Schreien, doch mein Stiefel überzeugt sie schnell von diesem Trugschluß. So kniet sie weiter vor mir, wendet das Gesicht im Schlamm und fleht mit heißen Augen, tausend Blicke schwer und mein Mund ist die Wüste, meine Gedanken sind der Himmel, mein Unterleib die heiße, brodelnde Hölle. Eine andere Hitze steigt hoch in mir und das Alter Ego zeigt seine scheußliche Fratze, die Tränen brechen heraus und ich erblinde von soviel Schönheit, soviel Perfektion, soviel Demut, Grazie. Meine Verwundbarkeit entlockt ihr ein fades Lächeln, Hoffnung schimmert schwach am Ende und ich stöhne schmerzgepeinigt auf, zuviel von allem strömt auf mich ein und ich stürze vorwärts, tauche ein in Wärme, rot und pulsierend, schmecke Kupfer, doch reiner als je zuvor, meine Hände formen den Ton des Lebens, geben ihm neue, ungeahnte Strukturen. Ein salziger Hauch streift meine Sinne und ich sehe ein letztes Mal hoch, ihr Blick ist scheu verborgen unter Angst und Schmerz, unschuldig, wehrlos, ausgeliefert in all ihrer Schönheit und ein Stich schießt durch meine Augen, zerreißt mein Gehirn, der Glanz ist zuviel und ich bündle meine letzten Kräfte, beende es. Makel dringt durch das Gewebe, ich lasse mich fallen und treibe in ihrer neuen Vergänglichkeit davon. Still lächelnd, um die Tränen zu besiegen...

PROLOG
Laut ist es in dem Club, laut und dunkel. Fast schon Schwarz. Ein dunkelhaariges Mädchen streift durch die Gänge, bleibt kurz mit ihrem Blick an einem Jungen hängen, schales Interesse blitzt auf, doch sie geht weiter, Vergessen verdrängt den Moment. Der Junge schaut ihr hinterher, lange, dann wandert der Blick zurück zu seiner Hand. Dunkel sind seine Augen, dunkel und krank irgendwie, tiefliegend in dieser hohlwangigen Blässe und er starrt auf seine Finger, schwarz zerkratzter Nagellack, starrt hindurch, Gedanken Meilen vom Hier und Jetzt entfernt. Langsam geht ein Beben durch seine Mundwinkel, stiehlt sich ein stilles Lächeln auf sein Gesicht. Irgendwie unschuldig sieht er aus, nur zu blaß und verwirrt, als wäre etwas in ihm gefangen und sein schiefes Grinsen ist das Schloß. Eine kleine Ewigkeit sitzt er dort auf den Treppenstufen, vielleicht auch nur Minuten. Mit einem hastigen Blick streift er das dunkelhaarige Mädchen auf der Tanzfläche, dann greift er seine Jacke, verschwindet in den Schatten der Gänge. Die Ausgangstür reißt nur kurz ein Loch hinein.