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Autor: Anetreus

Erstellt am: 16.07.2006

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Die Langeweile der PERSONIFIKATION



Geschrieben von:   Anetreus




Der Autor hat folgende Stimmungen f�r sein Werk angegeben:
belustigt
gelangweilt



PERSONIFIKATION konnte man ohne zu übertreiben als die geplagteste Entität des Multiversums bezeichnen. Der Grund liegt natürlich bei den Menschen, die die Neigung haben, die extremsten Dinge zu personifizieren. Und PERSONIFIKATION musste sie alle wahr machen, sei es die myriadste Personifizierung des absoluten BÖSEN, die fleischgewordene LUST, oder der ewige TOD.
Nun, es könnte schlimmer sein- das war PERSONIFIKATION klar. Nur wenige hatten bisher die Idee sich einen anthropomorphen ABKOTZEN oder einen wandelnden DURCHFALL vorzustellen. Aber wie wäre es mal mit etwas harmlosen, etwas banalem? LUFTHOLEN, ENTSPANNEN oder ... ja, wie wäre es mit LANGEWEILE? Das war die Idee! PERSONIFIKATION horchte hinaus, ob sich gerade jemand LANGEWEILE in Person wünschte. Hm, negativ. Tja. Aber, hey: Wozu warten? PERSONIFIKATION hatte immerhin geschafft, sich selbst aus dem Nichts zu personifizieren – da sollte es doch im Bereich ihrer Möglichkeiten liegen, eine neue Gestalt ohne externale Idee zu manifestieren.
Gedacht – getan.
LANGEWEILE erblickte die Lichter der Welten und PERSONIFIKATION gab ihr unverhältnis große Macht, unter der Bedingung, soviel Langeweile zu verbreiten, wie es ihr möglich war.
Es begann – wie so oft – mit einem Kult. Aus dem Kult wurde eine Kirche, deren Bibel als das Buch der Leeren Seiten bekannt war und ihre Doktrin befahl dem Gläubigen, so lange nichts zu tun, bis ihm langweilig wurde. Das war einfach und kam gut an. Ganze Welten begannen sich zu langweilen, Sonnensysteme, Galaxien. Interessanterweise gab es schon vorher Gedichte zum langeweilen, doch nun kam die wahre Poesie der Monotonie voll zur Geltung. Die Wissenschaft, Religion, Philosophie – sie alle widmeten sich der Langeweile.
Ich langweile mich, also bin ich.
LANGEWEILE freute sich sehr und weitete ihren Einfluss in alle Sphären und Existenzebenen aus. Ganze Völker starben vor Langeweile aus und die Rate an Personifikationen nahm drastisch ab.
PERSONIFIKATION konnte sich endlich entspannt zurücklehnen, mal durchatmen und sich ... langweilen.
Hm, das ist irgendwie langweilig, dachte PERSONIFIKATION nach einiger Zeit. Doch es war zu spät, denn nun war LANGEWEILE mächtiger als PERSONIFIKATION geworden und begann die Herrschaft über das Sein zu übernehmen.
"So war das aber nicht gedacht!" rügte PERSONIFIKATION ihre außer Kontrolle geratene Schöpfung.
"Tja, Pech. Nun bin ich der Chef", antwortete LANGEWEILE.
"Ich befehle dir..."
"Du langweilst mich" unterbrach LANGEWEILE ihren Schöpfer und verbannte PERSONIFIKATION an einen besonders langweiligen Ort, nämlich das Herz eines Poeten. Fast alle Personifikationen verschwanden und fast wäre es um PERSONIFIKATION geschehen! Doch zum Glück litt der Poet gerade an einem körperlichen Ärgernis und SCHLUCKAUF war geboren.
Langsam baute sich PERSONIFIKATION eine neue Machtbasis auf, aus kleinen, unscheinbaren Entitäten, bis endlich eine Streitmacht bereit stand, um LANGEWEILE zu vertreiben.
Als dann die Klassiker zurückkehrten, war es um LANGEWEILE geschehen. Der urtümliche BLITZ und sein dicker Kumpel DONNER, dazu FRUCHTBARKEIT, und bald HASS, KRIEG, MASSENMEDIEN ... und schließlich – es war vorauszusehen - das absolute BÖSE, die fleischgewordene LUST und der ewige TOD.
Schließlich trat LANGEWEILE die Herrschaft an PERSONIFIKATION ab.
Aber nicht ohne ein ironisches Lächeln, denn sie hatte bewiesen, dass sie eine ebenso mächtige Schöpferin war.
Wer kann schon mit Sicherheit sagen, ob nicht so manches großes Werk aus bloßer Langweile geschaffen wurde.