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Autor: knochengott

Erstellt am: 09.07.2006

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gereinigt



Geschrieben von:   knochengott


Teil des Episodenwerkes: cold

  - Einleitung
  - Kapitel 1: gereinigt
  - Kapitel 2: getrieben
  - Kapitel 3: gefangen
  - Kapitel 4: gefunden
  - Kapitel 5: gefallen
  - Kapitel 6: gewesen


Es regnet. Feiner Sprühregen rauscht um mich herum. Meine Kleidung ist naß und klebt an meinem frierenden Körper. Ich möchte die Augen aufschlagen, doch ich bin schwach.
Zu schwach.
Ich lasse den Regen auf mein Gesicht rieseln und versuche das Gefühl zu genießen. Es ist fast wie... fast wie... - doch mir fällt kein Vergleich ein.
Ein Schauer schüttelt mich. Der Boden ist ebenfalls naß und kalt. Trotz meiner Schwäche kämpfen sich meine Augenlider hoch und ich sehe in den regengrauen Himmel. Links und rechts trostlos dunkle Häuserfassaden, die oberen Stockwerke dunkel vom Regen. Meine Zähne klappern und ich fühle mich immer noch so schwach.
‚Wo bin ich?‘ frage ich mich und erhalte keine Antwort. Ich versuche das herauszufinden und richte mich langsam auf. Unendlich langsam und schwer. Mein Körper bockt wie eine alte Maschine und meine dünnen Arme zittern vor Anstrengung als sie meinen Oberkörper aufrichten, doch sie schaffen es trotzig. Ein starker Schmerz durchzuckt mich, als etwas in meiner linken Brust heftig verkrampft. Doch nur kurz.
Ich liege in einen Haufen Müllsäcke, wie ein Teil von ihnen, weggeworfen – vergessen. Mein Kopf kippt schwach und haltlos nach vorn, schlägt mir auf die Brust bevor ich reagieren kann und ihn abfange. Ich sehe eine grobe schwarze Jeans, ein paar schwere Stiefel und einen Wollpullover. Alles durchnäßt. Dürr und eckig zeichnen sich meine Rippen und Beine unter der Kleidung ab. Ich muß ausruhen, meine Arme sind schon erschöpft. Mühsam hebe ich den Kopf und sehe mich weiter um. Die Gasse ist kaum breit genug für ein Auto und mit unzähligen Müllbergen verstellt. Am Ende der Gasse, nur ein paar Dutzend Meter, doch einen Weltreise weit weg, sehe ich huschende gleißende Schatten und höre Motorenlärm. Eine Straße. Ich lasse meinen Oberkörper nach vorn sacken um die Arme zu entlasten und zwinge meinen protestierenden Beine sich anzuwinkeln. Nach Minuten knie ich in der Gasse, meine Atem verläßt fluchtartig und stoßweise den Mund, kleine Wassertropfen stieben von meiner Oberlippe. Ich hebe meine rechte Hand und fahre mir durchs Gesicht, streiche mir die Haare aus den Augen. Naß und lang hängen mir trotzdem ein paar Haarsträhnen ins Gesicht und lassen Tropfen auf meine Beine fallen.
Meine Wangen und das Kinn sind glatt rasiert.
Ich bewege meine Hand vom Gesicht weg und sehe sie mir an. Die Finger zittern und sind vom Wasser aufgequollen, doch meine Nägel sind manikürt. Mein Blick geht zu den Stiefeln, die ordentlich geschnürt sind und wieder zurück zu meinen schwachen, zittrigen Händen.
Habe ich mich gekleidet? Mit diesen kranken Händen?
Langsam, wirklich langsam schleppe ich mich zu einer Seite der Gasse und lehne mich schwer an die Wand. Ich schließe wieder die Augen, ruhe aus. Als mich nur Sekunden später ein neuer Schauer schüttelt begreife ich, daß ich aus dem Regen muß. Sonst werde ich hier in dieser Gasse sterben.
Erfrieren, ganz einfach.
Ich stemme mich gegen die Wand und drückte meine unwilligen Beine unter meinem Körper weg. Sie zittern und vibrieren, aber sie halten durch und plötzlich stehe ich schwer atmend an die Wand gelehnt. Der erste Schritt ist eher ein kontrolliertes nach vorn stürzen. Durch die Bewegung folgt automatisch der zweite Schritt und der dritte, der vierte. Langsam mit einer Schulter an der wand entlangschleifend verlasse ich die Gasse, gehe Richtung Straße - Richtung Licht und, hoffentlich, Richtung Wärme.
Was sonst könnte ich tun?

Nach einigen Metern fällt mir einen verwaschenes Blatt Papier an der Wand auf. Es bildet mit weiteren seiner Art einen symmetrische Reihe in Höhe meines Kopfes. Die Worte sind mir bekannt, aber nicht verständlich, doch das ist es nicht, was mich erreicht. Die schlechte Wiedergabe einer göttlich anzusehenden Frau ist es. Nur ihr Kopf ist zu sehen, mit Lippen die gefährlich und einladend lächeln. Ihre Augen sind groß und hell und klar. Bei ihrem Anblick spüre ich eine Art Kribbeln in meinem Kopf, eine längst vergessenen Erinnerung die mich sucht. Ich stelle fest, daß mein Herz rast und meine Fäuste fest geschlossen sind, fast verkrampft. Ich löse sie mühsam.
Ist das Angst?
Eine Spannung in meinem Gesicht läßt mich die Hand heben und mein Lächeln ertasten. Ein trauriges Lächeln wie es scheint. Die Erinnerung versucht mich zu erreichen, etwas das sich nach Freude und Schmerz zugleich anfühlt.
Ein Augenblick, der perfekt ist und trotzdem traurig stimmt, weil man weiß, das er nur einen Moment später schon vorbei sein wird. Flüchtig, kostbar und schön. Meine Hand liebkost das nasse Papier, fährt die schlanke Linie ihrer Wange nach und fast kann ich sie fühlen, diese Haut, weich und süß. Es ist, als würde ich sie kennen, aus einer anderen Zeit, einem anderen Leben. Etwas das mich berührt.
Etwas von Liebe.
Etwas von Schmerz.
Doch es ist nur ein flüchtiger Moment, in dem ich verharre. Die Straße ist nicht mehr weit und so setzte ich mich wieder in Bewegung, diesmal sind meine Beine noch störrischer, doch schließlich bewegen sie mich und ich gehe weiter auf die Straße zu.
Ihre hellen Augen folgen mir.

An der Ecke zur Straße möchte ich ausruhen, doch meine Beine sind nicht gehorsam und so taumle ich aus der Gasse wie ein Betrunkener, stoße mit einem großen Mann zusammen und werde von ihm unsanft gepackt. Er spuckt mich verächtlich an, ehe er mit mir in den Armen ausholt und mich quer über den Gehweg schleudert. Ich schaffe es mich auf den Beinen zu halten, doch als ich die Straße erreiche ist da der Bordstein und mit ihm trete ich ins Leere und stürze in eine Inferno aus kreischenden Lichtern und grellen Reifen. Etwas gigantisch großes und abscheulich bösartig aussehendes schieß auf mich zu wie ein Raubtier, verfehlt mich nur knapp. Dann kreischt ein anderes der dahinjagenden Tiere abrupt auf und seinen stechenden Augen kreisen wild und sinnlos über die Straße, bevor es mit lautem Krachen zum Stillstand kommt. Ich sehe gleichermaßen fasziniert und angeekelt hin, als ich das dumpfe Grollen hinter mir höre. Mein Körper bleibt wie vereist stehen, nur mein Kopf dreht sich und blickt in zwei grelle Lichter. Chrom funkelt bedrohlich, als es auf mich zurast und kurz vor mir plötzlich zu kreischen beginnt. Die Lichter senken sich, als würde es den Kopf zum vernichtenden Stoß senken und in dem Moment verläßt mich mein kläglicher Überrest von Körper , meine Beine brechen zusammen und ich schlage hart auf dem willkommenen Asphalt auf, inmitten von ohrenbetäubendem Kreischen. Mein Kopf prallt vom Boden ab und fast übergangslos gehen mir die Lichter aus.
Endlich wieder ruhe.

Wie Donner grummelt es im Hintergrund, während ich auf dem Grund eines dunklen tiefen Sees liege. Alles ist leicht und ruhig.
Herrlich ruhig.
Über mir tobt das Gewitter, es blitzt und ständiger Donner grollt. Das Blitzen ist unstetig, manchmal in schneller Reihenfolge, manchmal sekundenlang Stille. Als ob es meine Aufmerksamkeit wollte.
Ich sehe nach oben, wo ein vernarbter Mond auf mich scheint. Doch es ist kein Mond, nur ein rundes helles Loch, an dessen Rändern ich Menschen und Autos zu sehen glaube. Nur Augenblicke lang erscheinen sie, mit jedem Blitz flackert das Bild einmal auf, in der ansonsten so ruhigen dunklen Umgebung.
Jetzt dringen auch Worte herunter, unverständliche sorgenvolle Worte, die sich an mich richten. Satzbruchstücke, Wortfetzen, unzusammenhängende Dialoge – das alles ist nicht wichtig. Nur das hier sein, das endlich Entspannen ist wichtig. Ich lächle und sinke tiefer, das helle Loch wird kleiner und kleiner. Mit der Entfernung nimmt auch die Frequenz der Blitze ab und immer schwächer wird der Lichtschein.
Bald wird es dunkel sein. Ist es so zu sterben?
Wenn es so ist, dann ist es schön. Einfach entschweben...
Der Klang einer neuen Stimme läßt mich erschauern, etwas in meinem Körper erklingen wie eine Saite eines Instruments. Ich richte den Blick wieder nach oben und sehe sie einen Augenblick lang. Es kribbelt in meinem Kopf, diesmal stärker, denn dort oben ist sie, keine schlechte Kopie, sondern sie. Schlagartig schnellt mein Körper wieder nach oben, die Ruhe ist wie weggewischt, ich gleite an den Rand des Lochs. Und während ich nach oben gleite, wird der Schein wieder heller und das blitzen vermehrt sich. Es ist als würde man einen Film mit wenigen Einzelbildern betrachten - zerrissen und doch beweglich.
Sie spricht mit einem der anderen Menschen, sieht mich nicht an, doch ich kann den sanften Schwung ihrer Kinnlinie bewundern, die mit jedem Bild klar zu erkennen ist. Dann ändert sie ihre Haltung und sieht mir ins Gesicht, als das nächste Bild erscheint. Ich sehe ihre Augen und eine Erinnerung hämmert gegen meinen Kopf, so stark, daß es schmerzt. Doch sie kann nicht heraus, ich spüre ihre Nähe, ohne zu begreifen, was sie bedeutet. Mit jedem Bild in dem sie mich ansieht schlägt die Erinnerung hart gegen mein Hirn. Die Schmerzen sind unglaublich, doch ich kann meine Augen nicht schließen, so sehr fesseln mich ihre Augen. Für ein paar Bilder sieht sie mich nur neugierig mit ihren klaren Augen an, dann tritt mit jedem Bild ein andere Ausdruck in ihr Gesicht. Ein Wiedererkennen, ein entsetztes, trauriges, hilfloses Wiedererkennen, das ihr jede Fassung raubt. Also ist es richtig, ist mein Gefühl richtig, daß wir uns kennen, aus diesem oder einem anderen Leben. Sie spürt es auch.
Sie wendet sich ab, wird von einem großen Mann am Arm berührt. Sie wechseln ein paar Worte, während sie mir schnelle, nur ein Bild andauernde Blicke zuwirft und sich dann von ihm losreißt. Sie verschwindet.
Mit ihrem Verschwinden tritt einen tiefe Traurigkeit an mich heran und hüllt mich ein. Zu gerne würde ich mich erinnern, wer sie ist, woher wir uns kennen. Meine Erinnerungen sind eingemauert, nicht erreichbar.
Ich sinke tiefer, weiter weg von dem Licht und denke nach.
Über sie.
Über mich.
Und irgendwann über nichts.

Die Ruhe ist dahin, als mir mein schmerzender Körper wieder bewußt wird. Ich werde bewegt, kann aber nicht sagen in welche Richtung und wohin. Es spielt auch keine Rolle.
Ich lebe.
Zu meinem Bedauern.
Ihre Stimme läßt meine Nerven erbeben. Mein Körper bleibt reglos. Sie sagt etwas, es klingt wie ein Frage. Ich glaube sie bedeutet, warum ich hier bin. Eine andere stimme antwortet. Sie scheint es nicht zu wissen.
Ich ebensowenig.

Dunkelheit aus der ein Gesicht entsteht, undeutlich, nur schemenhaft, doch wunderschön, mit leuchtenden Augen und kraftvollen Zügen, das sich verändert, den Mund zu einem Maul weit aufklaffen läßt, spitze Zähne und ein stechender Schmerz, ich sehe an mir herunter, sehe die Wunde, das rote Blut und das unsägliche Feuer das durch meine Adern brennt wird von Dunkelheit verfolgt, die mich langsam löscht, jede Emotion, jedes Gefühl, jeden Gedanken.

Ich schrecke aus dem Traum, werde an den Händen unsanft wieder nach hinten gerissen. Verwirrt schaue ich zur Decke, weiß und steril und lausche meinen hektischen Atem und dem Trommeln des Regens. Ich sehe mich um, betrachte das Zimmer. Nur mein Bett, ein Fenster und eine Tür. Wasser läuft das Fenster hinab und wirft bei jedem Blitz düstere Formen an die Wand, eine leben und sterben – unaufhörlich. Ich richte mich wieder auf, doch meine Hände sind fixiert. Verwundert sehe ich die dicken gepolsterten Fesseln und zerre versuchsweise an ihnen. Ich bin nicht mehr so schwach, doch sie geben keinen Millimeter nach. Ich zerre stärker, ohnmächtige Wut erfüllt mich, angespornt durch Angst. Ich weiß nicht wo ich bin, warum ich hier bin, wer ich bin. Ich zerre stärker. Plötzlich gibt es nichts wichtigeres als meine Hände frei zu bekommen, frei zu bekommen um... was?
Ich halte inne, versuche den sich formenden Gedanken zu fassen, doch wieder entgleitet er mir und zurück bleibt nur einen schwaches Gefühl von Kontrolle. Oder deren Verlust.
Was will ich mit ihnen machen? Warum ist es so wichtig sie zu befreien? Ich zerbreche mir den Kopf. Ich will sie benutzen... spielen... bewegen... tanzen lassen... ja das ist es, sie tanzen lassen!
Doch wozu tanzen? Wie tanzen?
Ich weiß es nicht, die Erinnerung ist nicht da und wieder werde ich wütend. Ich habe nur Fragen, Fragen, Fragen – doch keine einzige Antwort. Wütend werfe ich mich mit meinem ganzen Gewicht nach links und die rechte Fessel strafft sich zitternd unter der Wucht.
Aber sie hält.
Ich versuche es wieder. Und wieder. Und wieder, bis die Haut aufgeschürft ist und blutet. Erschöpft sinke ich zurück und sehe mir mein rechtes Handgelenk an. das Blut läuft mir in zwei feinen Linien den Unterarm entlang. Als ich das Blut rieche passiert etwas mit mir. Ich kann etwas spüren, keine Erinnerung, nur ein Gefühl. Roh und warm. Ich versuche es zu greifen, taste in meinem Kopf herum und finde etwa, das sich wie ein Schalter anfühlt. Ohne weiter nachzudenken lege ich ihn um. Schlagartig erfüllt eine laute Summen meinen Kopf. Mein Blick ist auf die Handschelle fixiert und mit dem Umkippen des Schalters raste kurz eine riesige Anzahl Erinnerungen durch meinen Kopf, zu groß und zu schnell um sie erfassen zu können. Und sie sind nicht meine Erinnerungen, es sind Erinnerungen an alte Zeiten, alten Glauben. Ich werde mit ihnen mitgerissen und treibe ins Nichts.

Ich bin frei, meine Fesseln liegen in Fetzen. Ungläubig nehme ich ein Stück auf. Das Material ist verzogen, verformt, brüchig. Schnell lasse ich es wieder fallen, das Gefühl zwischen meinen Fingern ist ekelhaft. Ich fühle mich erschöpft, aber nicht so erschöpft, da sich meine Gelegenheit nicht wahrnehme. Schnell schwinge ich die Beine aus dem Bett und stoße mir die Ferse an etwas. Ich sehe unter das Bett und da liegt eine Kiste. Sie enthält meine Sachen, trocken und mit einem Duft versehen, der lieblich und süß ist. Schwer einzuordnen.
Das weiße Hemd fällt zu Boden und ich packe gerade meine Hose, als mir einen frische Narbe über meiner Brust auffällt. Ihre Ränder sind noch rot und ich kann den Faden noch erkennen. Ungläubig taste ich nach ihr und zucke bei der Berührung zusammen. Was haben sie mit mir gemacht? Warum?
Schnell ziehe ich mich an und gehe zur Tür. Sie ist nicht abgeschlossen und zeigt mir einen kurzen Flur. Nicht klinisch weiß, sondern mit dunklem Teppich ausgelegt und die Wände mit Holz verkleidet. Ich sehe niemanden und verlasse schnell das Zimmer, eile den Flur entlang zur nächsten Ecke.
Dunkle Holztüren links und rechts, der Teppich ist weich und dämpft jeden Laut.
Ich kann leise Musik hören und der selbe Duft, der meinen Kleider anhaftet liegt in der Luft, nur stärker. Ich warte an der Ecke und atme kurz durch. Dabei nehme ich den Geruch konzentrierter auf und plötzlich schlägt meine Erinnerung Funken.
Ich sehe ein Lächeln, einen wehmütigen Blick, spüre einen benommenes Schuldbewußtsein. Dann senkt sich der Funkenregen und es wird wieder alles schwarz. Ich schüttle den Kopf. Was war das? Diesmal greifbarer, nicht alt sondern neu, aus diesem Leben.
Ein Geräusch läßt mich wieder an meine Lage denken und schnell werfe ich einen Blick um die Ecke, entdecke niemanden und reiße mich los. Ich weiß nicht warum ich hier bin und warum ich gefesselt war, aber ich möchte niemanden treffen, um ihn zu fragen.
Also schnell.
Ich eile den Flur entlang, meine nackten Füße sinken tief in den weichen Teppich ein, der jeden Laut dämpft. Ich meine Regen zu hören und versuche die Richtung zu bestimmen. Der Flur biegt ab, verzweigt sich wieder und wieder und ich muß feststellen, daß dieses Haus größer ist als ich dachte. Ohne zu stoppen beginne ich schneller zu laufen, schließlich zu rennen. Ich will hier raus, achte nicht mehr auf Gänge oder Türen, biege nach Gefühl ab und plötzlich fällt mir einen Tür auf. Sie ist nicht anderes als die anderen Türen, aber sie kommt mir bekannt vor. Nur ein Gefühl, ohne Sinn. Neugierig trete ich näher und lege meine Hand an die Tür. Ich drückt leicht dagegen und sie öffnet sich einen Spalt breit. Rotgoldenes Sonnenlicht fällt hindurch und wärmt meine Haut. Ich öffne die Tür weiter und sehe in den dahinter liegenden Raum. Er ist sehr groß und mit hellem weichen Teppich ausgelegt, anderes als der im Flur. In der Mitte steht ein Bett, es ist dunkelrot bezogen und sehr groß. An den Wänden rote Tapete. Rotgoldenes unbekanntes Sonnenlicht fällt durch die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster. Der Duft, der im ganzen Haus verteilt ist, wird in diesem Raum konzentriert. Ich trete einen fassungslosen Schritt in den Raum hinein und nehme alle Details in mich auf.
Mein Blick bleibt an dem Bett hängen und als ich näher trete nimmt meine Nase einen Geruch auf, der mir vertraut ist und doch in dieser Umgebung fehl wirkt – Blut. Ich beuge mich nach vorn um die Decke beiseite zu schlagen, doch als meinen Finger den Stoff berühren springt mich Angst wie ein wildes Tier an und bevor ich erneut im Nichts verschwinde sehe ich meinen Körper noch fliehen.

Ich komme wieder zu mir, als ich hektisch atmend mit der Stirn an eine Wand gepreßt im Flur stehe. Wo bin ich? Verzweifelt versuche ich herauszufinden, wo die Tür war, doch die Gleichmäßigkeit der Gänge macht das unmöglich. Am Ende des Flurs ist einen schwere große Holztür mit eisernen Schloß. Dahinter höre ich den Regen rauschen und eile ohne weiteres Zögern darauf zu. Ich entriegle das Schloß fast lautlos und ziehe die Tür einen Spalt weit auf. Als ich durch den Spalt sehe schlägt mir kalte Luft und Regen ins Gesicht. Ich sehe einen kleine Treppe, einen Garten und dahinter, keine zwanzig Meter weg die Straße.
Kein Tor und keinen Menschen.
Ich packe mein Glück beim Schopf und stürze los. Krachend fällt die Tür hinter mir ins schloß und mit einem Satz springe ich die Treppe hinunter, lande unsanft und stolpere die ersten Meter mit schmerzenden Beinen weiter. Dann läßt der Schmerz nach und sich sprinte zur Straße. Autos fahren an der Einfahrt vorbei und als ich nur noch fünf Meter entfernt bin, biegt ein großer schwarzer Jeep mit blenden Lichtern und brüllendem Motor in die Einfahrt ein, so daß ich wie ein Reh in seinem Licht stehe. Meine Beine tragen mich weiter und innerhalb von ein paar Augenblicken löse ich instinktiv den Schalter in meinem Kopf, und das Summen schaltet mich diesmal ab. Ich mache noch einen weiteren Schritt und verliere mich.

Mir schlägt kalter Regen ins Gesicht, doch meine Haare und Kleider sind noch trocken. Ich laufe noch immer, habe die Straße inzwischen schon halb überquert, überall um mich herum sind hupende Autos. Bremsen quietschen, es riecht nach Gummi und eine Alarmsirene heult hinter mir. Entsetzt sehe ich wo ich bin, doch meine Körper gehorcht noch nicht und so erreiche ich die andere Seite, ehe ich ihn bremsen kann. Ich werfe einen Blick über die Schulter und sehe den Jeep auf dem Gehweg der anderen Straßenseite liegen. Ungläubig drehe ich mich um. Er liegt auf dem Dach, die Motorhaube sieht aus, als wäre sie zerfetzt worden, Metall hängt in bizarren sinnlosen Mustern ab. Unter ihm breitet sich einen große Blutlache aus. Auf der Straße sind inzwischen alle Autos zum stehen gekommen und Menschen recken sich, um etwas sehen zu können. Kaum jemand beachtet mich. Ich drehe mich schnell um und verschwinde.
‚Wer bin ich?‘ frage ich mich leise.