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Autor: Silence

Erstellt am: 03.04.2006

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Kinder und Haustiere



Geschrieben von:   Silence


Teil des Episodenwerkes: Das Leben des Tod

  - Einleitung
  - Kapitel 1: Ach ja, der Morgen
  - Kapitel 2: Spaß an der Arbeit
  - Kapitel 3: Auf leisen Sohlen?
  - Kapitel 4: In Gedanken
  - Kapitel 5: Kinder und Haustiere
  - Kapitel 6: Die Liste
  - Kapitel 7: Arbeit, Technik und Frauen
  - Kapitel 8: Heißer Sand


Die Kondition ist total im Eimer, Tod hustet und pustet und fällt fast um. Sprinten ging auch schon mal besser. Sich hechelnd auf eine Parkbank schmeißend gönnt sich Tod die erste Pause, noch bevor die Arbeit überhaupt angefangen hat. Wie er da so auf der Bank sitzt, den Vögeln beim Zwitschern, den Pärchen beim Turteln, einem Pärchen hinter den Büschen beim vögeln und den Pennern beim Alkohol zwitschern zusieht denkt er sich: ‚Die Kunden haben echt Glück, heute ist ein guter Tag zum sterben.’
Wieder genug Luft in den Lungen um sich zu bewegen macht sich Tod auf den Weg zur Kundschaft und trifft am Parkausgang zufällig einen Kollegen. Cerberus, der Regionalsammler aus der Tiersparte, gleich gibt’s bestimmt Stress. Sie gehen aufeinander zu und Tod will grade einen ablenkenden Begrüßnungsplausch beginnen, da schnauzt ihn, der für seine Direktheit bekannte, Cerberus an: „Grüß dich Tod, du kommst mir grade recht. Ich bin grad unterwegs zu den Vögeln im Park und hab wegen deiner Hamsteraktion gestern noch einen Termin im Büro. Was hast du dir dabei eigentlich gedacht? Du weißt verflucht noch mal ganz genau, dass beim Ableben von Tieren eine abteilungsübergreifende Sammelaktion bei den Vorgesetzten beider Abteilungen anzumelden ist! Mein Chef wälzt das jetzt alles auf mich ab, weil er der Meinung ist, es wäre eine Familieninterne Geschichte bei dir. Ich darf also für dich den Papierkram erledigen, tolle Wurst. Eins sag ich dir mein lieber, dafür bist du mir wenigstens drei Bier schuldig!“
Das eben waren mehr Worte als Tod in der gesamten Zusammenarbeit mit Cerberus, immerhin reden wir da von einigen Jahrhunderten, gehört hatte. Kurz nachdenkend beschließt er einen Rollentausch der Redseeligkeit durchzuführen und sagt: „ Danke, das mit dem Bier geht klar. Ich muss jetzt weiter. Tschüss.“
Außer Hörreichweite der 6 Ohren atmet Tod aus und denkt erleichtert: ‚Meiner Sense sei Dank, nur einer der drei war sauer, der rechte redet ja nie, der beißt nur.’
Beim Blick auf die Liste kommt ihm ein leichtes Schmunzeln über die Lippen, er macht sich auf den Weg in Richtung Schule und philosophiert innerlich darüber, wie komisch die Jugend heutzutage doch ist. Tod hat in seiner Dienstzeit wahrlich schon viel erlebt aber er hat bisher nicht einmal im Traum daran gedacht, dass er einmal eine Theaterinszenierung aus seiner Tätigkeit machen würde.
Das wird sicher ein Spaß.
In der Schule angekommen, geht Tod verwirrt die Gänge ab, kein Wunder, dass die meisten Kinder immer zu spät zum Unterricht kommen, hier wären Wegweiser angebracht – und Ampeln für diese Skateboard-Bengel! Ah, da ist es ja, Raum 111, der seltenst genutzte Pausenraum überhaupt, vor allem während des Unterrichts. Die Tür durchschreitend erblickt er sie, 3 Mädchen der mittleren Klassenstufen, in einem Halbkreis um eines dieser komischen Bretter sitzend, wie heißen die noch gleich? Keine Ahnung, auf jeden Fall benutzen die Medien diese Dinger immer für Wahrzusagen oder um mit Geistern Kontakt aufzunehmen. Völliger Humbug das Ganze, erstens wissen die Medien das eh schon im Voraus und zweitens sind das keine Geister sondern SEELEN. Wie dem auch sei versuchen die drei Mädels grade den Tod persönlich zu rufen, um ihn in einer Art Selbstmordritual mit ihren „Geistern“ zu fangen und ihm einen Wunsch abzuringen. Wenn er könnte würde er alle drei einfach an ihren Ohren aus dem Raum ziehen und mittels guter alter Belehrungsprügel in die Klassenräume verfrachten. Aber er ist eben nur die Exekutive. Wie es sich für einen wahren Sensenmann gehört geht er mit rabenschwarzem Humor an die Arbeit. Ein Griff in die Tasche befördert die kleine Astralfernbedienung in seine Hand und er drückt den Knopf mit der Aufschrift „AV“ für „Astralebene verlassen“. Da die Ebenenverschiebung eine Zeitverzögerung hat positioniert er sich noch grimmig über dem Brett. In dem Moment, als die Augen der Mädchen sich in Schock und Horror weiten, setzt er den vor kurzem von Marlon Brando erhaltenen Schauspielunterricht in die Praxis um. Tod haucht mit finsterer Stimme: „Ihr wagt es mich zu rufen! Ich komme nur ein einziges Mal zu jedem Menschen (was bei Medien und Buddhisten eine offensichtliche Lüge darstellt). Ihr habt nun euer Schicksal selbst gewählt, macht euch bereit zu sterben.“ Hätte er länger überlegt, wäre ihm bestimmt etwas Besseres eingefallen. Anscheinend war es aber ausreichend um die Mädchen zu Stein erstarren zu lassen. Mit einem Streich seiner Sense beendet er seinen Kundendienst in der Schule und macht sich auf den Weg zur nächsten Person auf seiner Liste. Die Seelen der Mädchen lässt er derweil noch etwas an der Sensenspitze zappeln, soviel Dummheit muss bestraft werden.

© Silence