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Autor: Silence

Erstellt am: 28.03.2006

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Spaß an der Arbeit



Geschrieben von:   Silence


Teil des Episodenwerkes: Das Leben des Tod

  - Einleitung
  - Kapitel 1: Ach ja, der Morgen
  - Kapitel 2: Spaß an der Arbeit
  - Kapitel 3: Auf leisen Sohlen?
  - Kapitel 4: In Gedanken
  - Kapitel 5: Kinder und Haustiere
  - Kapitel 6: Die Liste
  - Kapitel 7: Arbeit, Technik und Frauen
  - Kapitel 8: Heißer Sand


Als Tod sich gerade eine besonders lecker aussehende Garnele in die Kapuze schiebt, kommt ein kleiner Chinese mit einer bekleckerten Schürze aus einem anliegenden Kühlraum und greift nach einer Flasche Flammbierschnaps. Tod sieht den kleinen Mann gen Herd watscheln und macht in Erwartung des folgenden Spektakels eine gekonnte Hechtrolle hinter den Tresen. Dicht am Geschehen zu sein ist für Alea keine Ausrede, um mit einem verkokelten Mantel nach Hause zu kommen. Auch das Argument: „Ach komm schon, auf schwarz ist das doch gar nicht zu sehen.“ verpuffte bei ihr wie jeder seiner Widersprüche es nach zweistündiger Diskussion tat. Der Koch, dessen Name zwar auf seiner Liste steht, über den Tod aber keinen Gedanken verschwendet versucht sich nun mit einem Flaschentrick von der Cocktailbar, während der Gasherd ein munteres Flämmchen unter die Pfanne spuckt. Er fängt die Flasche nicht richtig, sie rutscht ihm aus der Hand, zerbirst an der Herdkante und der Inhalt verteilt sich, durch die Kochstelle in freudig tanzende Flammen aufgehend, über ihn. Der arme schreit ein wenig, rennt wie eine lebende Fackel wild durch die Küche und sackt dann auf Grund von Sauerstoffmangel zusammen. Tod sitzt hinter dem Tresen und kann sich trotz der sehr makaberen Szene ein schmunzeln nicht verkneifen.
Galgenhumor hatte er schon immer.
Die Seele des jetzt auf seiner Muttersprache fluchenden Kochs noch fix den rechten Ärmel hoch wandern lassend – schon wieder ein Buddhist – verlässt Tod gemächlich das Restaurant und macht sich auf den Weg zu seinem ersten Großlieferanten für heute: das Klinikum.
Unterwegs sieht er noch zu, wie ein Atheist von einem Dieb erstochen wird, geht aber unbehelligt weiter. Atheisten sind schlimmer als Polytheisten, die fangen immer erst eine Grundsatzdiskussion über das „nicht glauben“ an, bevor sie sich dann doch meist fürs Seelenrecycling entscheiden. Dafür hat Tod nun wirklich keine Zeit, im Krankenhaus warten heute satte 20 Kunden. Heute ist nämlich das erste Praktikum der Assistenzärzte, frisch von der Uni, grün wie frischer Fisch und selbst Komapatienten sobald etwas Blut spritzt. Tod liebt diesen Tag, er malt sich immer ein kleines Herzchen in seinen Kalender weil die Klinik dann am großzügigsten ist.
In der Klinik angekommen grast Tod mit einem verschmitzten Lächeln, welches sogar durch die Kapuze glänzt, Stockwerk für Stockwerk ab. In der Klinik ist Arbeit so einfach wie reife Beeren pflücken, er braucht sicht nur vor den OP zu stellen und die Seele kommt wie von allein zu ihm. Heut sind sogar vier dabei, die das linke Hosenbein runter müssen, die Armen Schweine, müssen den schon fast zugewachsenen Weg zum Tartaros nehmen. Über den Gang hechelt ein Reporter und brubbelt dabei in sein Diktiergerät: „Schweres Unglück eines griechischen Reisebusses: Ein mit Priestern beladener griechischer Reisebus, welcher zu einer gesamteuropäischen Religionskonvention unterwegs war …“
Ein leichtes Kichern entgleitet Tods Lippen, es ist schon Ewigkeiten her, dass Menschen vom alten Glauben sein Hosenbein entlangekribbelt sind, noch dazu Priester. Anscheinend haben sie den falschen Gott geehrt, wahrscheinlich Hera, Zeus war ja immer noch sauer auf sie.
Als Tod durch das Bullauge des OP Saals im dritten Stock kuckt, sind die Ärzte grade mit Widerbelebungsmaßnahmen an genau dem Fahrer beschäftigt, welcher etliche Seelen früher den kleinen Jungen umgefahren hatte. Er wartet noch das letzte, vergebliche Flackern des Lebensfunkens am EKG ab und nimmt den Tränenüberströmten Fahrer dann zu sich und steckt ihn in die linke Seitentasche. Als guter Christ und ansonsten vorsichtiger Fahrer wird er sicherlich nach einer kurzen Diskussion mit Petrus den linken Ärmel hinaufwandern dürfen.
Nun da es im Krankenhaus nur noch weinende und psychisch desolate Assistenzärzte gibt, welche von leicht enttäuschten Chirurgen wieder aufgeheitert werden, macht sich Tod auf den Weg zu Großlieferant Nummer zwei, dem Altenheim „Sonniger Abend“.
Eine der Krankenhausseelen hängt noch an seinem Ärmel, weil der Vater Jude und die Mutter Katholikin waren. In seiner Tendenz noch schwankend, wie er denn nun den neuen „Hausmeister“ da oben ansprechen soll frag er Tod: „Du Tod, sag mal warum holst du uns eigentlich nicht erst auf dem Friedhof ab?“ Tod kuckt ihn an, grinst und antwortet: „Holst du dir Wurst aus dem Kühlregal, bei der das MHD seit 5 Tagen abgelaufen ist? Nein, siehst du ich auch nicht.“
Die Seele schaut ihn etwas verdutzt über diesen Vergleich an, beschließt dass Gott gesprochen kürzer ist als Jehova und erklimmt den linken Ärmel.

© Silence