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Autor: Khaine

Erstellt am: 28.01.2006

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die Kinder des Wassergottes



Geschrieben von:   Khaine


Anmerkungen des Autors:
Eine Längere Geschichte die ich leider nicht zu Ende geschrieben hab, weil ich mit der Zeit das Interesse verlor und mich zum Schreiben zwingen musste. Ich denke zum Schluss lässt sich das auch herauslesen, weswegen ich dann beschloss abzubrechen.

Entstanden ist es durch einen Traum, den ich noch nach dem Aufstehen gut in Erinnerung behielt und über dessen abruptes Ende durch den Wecker ich mich sehr geärgert habe. Anschließend habe ich überlegt wie ich den Traum literarisch verpacken kann um ihn verarbeiten zu können.

Ich weiß nicht mehr genau wann die Geschichte entstand. Entweder war es 2002 oder 2003 (falls es für jemanden eine Rolle spielt)



Die Kinder
des Wassergottes

Erstes Kapitel

Dunkle Wolken zogen über ein Hügeliges Land und entluden Ihren Frust in Form heftigen Regens und Donnerhallen. Hin und wieder Schlug ein Blitz wie eine Himmelsfaust auf die Muttererde nieder und drohte zwei Reisende, die nicht schnell genug waren vor dem Wolkenbruch eine Unterkunft zu finden.
Vom Regen durchnäßt, fluchte der Gaukler, als ihm ein kalter Schauer wie die Hand eines Toten über den Rücken fuhr.
„Was ist los? Nicht wasserfest!“, amüsierte sich der kräftige Krieger mit einem müdem Lächeln in seinen Mundwinkeln. Es war ihm anzusehen das auch er nicht die kalten Regen in dieser Jahreszeit liebte. Er hüllte sich tief ein unter seinem rotem Umhang aus Wolle und jeder Schritt bedeutete neue Qualen unter dem Gewicht des knielangen Kettenhemdes und der übrigen Panzerung aus Eisenplatten oder gehärtetem Leder. Ein Bogen, wie sein Köcher, beides am Rücken getragen und eine langstielige Axt in der Hand, welche ihn tapfer in jeder Herausforderung zur Seite stand, war ein unnötiges Gewicht, deren Schneide am Boden schleifend einen geringen, aber dennoch vorhandenen Widerstand, Golgariel verlangsamen schien.
Anders der Gaukler. Sein breitkrämpiger Hut bildete einen wasserabstoßenden Schirm um dessen Haupt. Dennoch fröstelte es ihn in seinen einfachen Gauklertrachten in weiß und schwarz, denn sein gleichfarbiger Flickenumhang war durchnäßt und somit seiner wärmenden Wirkung gänzlich beraubt.
Die Nacht war trotz Vollmond dunkel. Schwere Regenwolken umhüllten den Mond und schluckten dessen güldenes Licht. Auch die Götter und Helden des Nachthimmels schenkten angesichts der Wolkendecke nur spärlich Licht auf Dere. Nur ein Blitz erhellte für wenige Augenschläge die Nacht zum Tag, begleitet von einem donnernden Paukenschlag.
„Ist Neu Dragenfeld noch weit?“, erkundigte sich der Gaukler.
-„Zehn Meilen, schätze ich. Vielleicht weniger.“
„ich muss euch nochmals meinen Dank aussprechen“
-„Dachte das hätten wir schon.“, unterbrach der Krieger, „Ich werde euch helfen diese Fürstentochter zu befreien an der euch so viel liegt. Ich hab noch eine Schuld zu begleichen. Die Göttin Arthesa führte eure Wege nicht zufällig über die meinigen.“
-„Möchte euch nicht zu nahe kommen. Aber, welche Schuld lastet auf euch?“
„ich werde es euch eines Tages erzählen. Aber jetzt nicht, Dizius. Begnügt euch damit das ich euch helfen werde“
Der Gaukler lief, zusammengekauert in seinem nassen Flickenumhang, stumm neben dem Krieger her. Er sagte nichts. Glaubte schon zuviel gesagt zu haben als Golgariel neben ihm verstummte. So wendete er seinen Blick zum Boden und achtete darauf den zahlreichen Wasserpfützen auf der heruntergekommenen Reichsstrasse auszuweichen als Golgariel mit einer einfachen Frage das Schweigen durchbrach: „Und ihr? Wo kommt ihr her?“
Verwundert löste Dizius seinen Blick von dem Steinmuster und blickte den Krieger kurz an, ehe er sich wieder mit den Pfützen beschäftigte. Er zögerte kurz, legte sich auf seiner Zunge die passende Anwort zurecht: „Nassingrad, eine etwas größere Ortschaft. Mein Vater war Amtsschreiber“
-„und wie kamt ihr nach Pjerow?“
„War in der Schauspiel- und Theaterakademie zu Norburg. Studierte Literatur. Zumindest solange mein Vater mir das leisten konnte. Hinterher stand ich mittellos in Norburg und wollte zurück. Da trat ich als Gaukler auf.“
-„Dachte ich mir“
„Was?“
„Das ihr kein einfacher Straßengaukler seid. Man merkt es euch an“
Dizius zog eine Augenbraue hoch: „Auf meiner Reiserute lag Pjerow. Der Baron, mein Herr, wart auf mich Aufmerksam. Seine Frau weilte seit kurzem in Golgaroths Hallen. Seine Kinder litten unter dem Verlust ihrer Mutter sehr. Er dachte sich, ein Spaßmacher könne sie wieder aufheitern. Und so stellte er mich als Hofnarr an“
-„Ihr mögt seine Kinder sehr?“
„Sie waren noch sehr klein. Der kleine Meljow war gerade einmal vier Götterläufe alt. Dunja war zehn. Sie war sehr schwierig, aber irgendwie schaffte ich es. Ich lehrte sie Lesen und Schreiben und spielte ihnen auf meiner Laute alte Heldenballaden vor. Merjow war immer ganz begeistert. Den Göttern sei Dank geht es ihm gut.“
-„Knappenzeit?“
Dizius nickte: „bei seinem Verwandten in Khelmjow. Ich weiß nicht ob er in den Ereignissen unterrichtet wurde“
Stille, nur das Plätschern des Regens und ab und an der Donner.

Irion ritt, eingehüllt in seinen grauen Kapuzenumhang, im Galopp neben Jagotin und Serenja. Die Straße ist normalerweise stark befahren und das schon seit ihrer Errichtung zu Zeiten des Großen Diasporin, wie ihrem Zustand unschwer festzustellen war. Doch trotz der mit Schlamm gefüllten Schlaglöcher konnte man auf dieser Strecke gut vorankommen.
„Wie weit ist es noch?“, schrie Irion.
„Eine halbe Stunde, wenn wir weiter so gut voran kommen“, brüllte ihm die kräftige, tiefe Stimme Jagotins. Jagotin war ein Bär von einem Mann. Großgewachsen und muskelbepackt. Sein Haupt kahl geschoren bis auf einen langen schwarzen Skalp der ihm bis zu den Rippen viel. Ein langer Schnauzbart bedeckte sein Gesicht und auf seinem Rücken ruhte eine große Axt.
Irion hingegen war unscheinlich. Ein gutaussehender Jüngling, Anfang zwanzig mit fuchsrotem Haar und nobler, aber strassentauglicher Kleidung. Ein Kurzschwert hing an seiner Seite.
Serenja, war eine junge Kriegerin. Vor kurzem erst hatte sie den Dienst einer Soldatin quittiert als für sie fest stand, dass dort wo sie war, für sei als Frau keine großartigen Aufstiegsmöglichkeiten mehr in Frage kamen. Ihr mittelanges, schlohweißes Haar hing in nassen Strähnen in ihrem Gesicht. Sie trug einfache erdfarbene Kleidung aus Leder. Gehärtetes Leder an den Armen, ein Schwert an der Seite, sowie ein Helm und ein Schild am Rücken des Pferdes; Erinnerungen an alte Zeiten.
Plötzlich schlug ein helles Licht ein, wie das eines Blitzes, um die Reisenden herum. Es schien von allen Seiten zu kommen. Die Helden waren geblendet, die Pferde bäumten sich auf und ihre Reiter hatten große Mühe sich auf dem Rücken ihres Tieres zu halten. Gleichzeitig ertönte ein heller, gesangsähnlicher Ton, nein, vielmehr ein Schrei, schmerzhaft in den Ohren und unmenschlich zu gleich. Die Reittiere gerieten in Panik und wurden noch wilder. Die Sicht ihrer Besitzer kam allmählich, anfangs nur vage und verschwommen, zurück, doch auch sie litten unter dem Geschrei der Gläser zum bersten bringen könnte. Sie schrien wild in die Gegend „Bei den Göttern! Was ist das?“,- „Die Pferde!“ „Nein! Kampflos kriegt ihr mich nicht!“ „Arthesa steh uns bei!“
Gleichzeitig versuchten sie sich ihre Ohren geschlossen zu halten um den Schmerzen, welches dieses unmenschliche Geschrei verursachte, zu erwehren und sich nebenbei noch mit wenig Erfolg in den Sätteln zu halten.
Die Pferde, sobald frei geworden, ergriffen die Flucht und ritten mit den Habseligkeiten mit welcher sie bepackt waren in unterschiedliche Richtungen.
„Bei den Göttern! Was ist das?“, brüllte Irion ein letztes mal ehe die Bäume der Umgebung einknickten und auf die Straße fielen.

„Schwarzer Rabe auf rotem Grund?“, überlegte Golgariel laut.
„Das Wappen derer von Rabensklamm“, bestätigte ihm Dizius
„Seit den Orkkriegen den schwarzen Landen gefallen. Der Adel korrumpiert. Welches Interesse hätten die Rabensklammer, sofern sie überhaupt echte Blutsnachfahren des Adelsgeschlechtes sind, an der Stürzung eines einfachen Baronen, Meilen weit weg? Was für ein Interesse hätten sie an dessen Kind?“
„Quält einen verzweifelten Mann nicht. Ich bete zu allen zwölf Göttern, allen Alveraniern, allen Halbgöttern, Dunja möge unbeschadet an Leib und Seele sein.“
„Verzeit“
-„Schon in Ordnung. Ich bin euch wirklich dankbar, dass ihr mir zu Hilfe seid“
„Das hatten wir schon“
-„Ich weiß. Ich sage es aber trotzdem noch mal.“, Dizius unterbrach für einen Moment, „Sagt, glaubt ihr an das Schicksal?“
-„Mehr als irgend jemand anderes auf der Welt. Wie steht es mit euch?“
„Für jede Seele die Fleisch geworden ist steht ein Schicksal bereit. Egal wie leicht oder schwer es auch sein mag. … Nicht jeder sucht danach, doch wer es findet wird ein Leben lang sich für diese Torheit verfluchen. Die Götter sind unbarmherzig!“
„Straft nicht die Götter. Auch sie tragen ein hartes Schicksal. Wisst ihr, egal wie hart es auch sein mag, wenn ihr euch euer Schicksal selbst aussuchen könntet, ihr würdet euch doch für dieses entscheiden, welches für euch auserwählt wurde“
„Seid ihr sicher?“
„Ja. Mit dem Schicksal welches euch aufgebahrt wurde, wurden euch auch die Mittel gegeben dieses zu bewältigen.“, Golgariel legte eine kleine Wortpause ein. Sah zu seinem Reisegefährten hin und setzte dann fort, „Schicksale sind Maßgeschneidert, für jeden eines. Im Einklang mit dem Weltgefüge. Was auch immer darunter zu verstehen ist. Zweifeln ist ebenso Menschlich. Doch ihr dürft euch davon nicht unterkriegen lassen. Das Leben ist ein Kampf und es gibt viele Wege ihn zu kämpfen.“
Dizius sah zum Krieger auf. Seit er ihn kennenlernte hatte er ihn noch nie so sprechen hören. Zum ersten mal stand da nicht dieser harte, emotionslose Mann in Stahl, sondern ein Menschliches Wesen.
Regen, auf Erde, Stein, Laub. Schritte von leichtbesohlten Schnabelschuhen und schweren, beschlagenen Stiefeln auf Stein oder Regenpfützen.
„Und was ist euer Schicksal?“
Der Krieger schüttelte nur den Kopf: „Die Götter gaben mir ein Schwert und das Geschick es zu führen. Doch ich weiß nicht weswegen sie mich auserwählt haben. Ebenso könntet ihr heute in einer Rüstung stecken, die Waffe in der Hand. Und ich könnte lautespielend in einer Taverne sitzen und meinen Lebensunterhalt verdienen. Oder ich könnte Handwerker sein. Mit meinen Händen Neues schaffen. Es wiederherstellen. Und nicht zerstören. Abends würde ich zu meiner Frau nach Hause gehen. Kinder die beim Spielen um den Tisch rennen würden wenn ich ermüdet versuchte zu Speisen.“
-„ Handwerker seid ihr nicht. Aber eine Familie könntet ihr dennoch gründen?“
„Nein, ich wurde nicht geschaffen um mich irgendwo niederzulassen und ein Heim zu gründen. Nein, ich bin ein Sucher, solch ein Tor wie ihr ihn nanntet, der nach seinem Schicksal sucht um sich höheren Gewalten unterzuordnen.“
-„Und ihr habt euer Schicksal noch nicht gefunden?“
Der Krieger lächelte kurz: „Ihr sagtet, die Menschen die ihr Schicksal fanden würden darunter leiden? Ich leide darunter weil ich es nicht gefunden habe“
-„Glaubt ihr an das Glück?“
„Ja, das tue ich.“
-„Ich nicht! Leben bedeutet Leiden. Nur die Unwissenden sind in der Lage diesen Umstand glücklich zu sein, zu besitzen. Deswegen ist Wissen vielleicht in manchen Situationen von Vorteil. Doch im Grunde genommen ist es ein Fluch. Glück? Das ist vorübergehend! Nur ein vorübergehender Zustand!“
„Warum seid ihr so hart? Habt ihr keinen Traum“
Dizius schüttelte den Kopf: „Ich träume davon Dunja da raus zu holen.“
-„Und dannach?“
„Nein, nichts. Ich weiß nicht. Und ihr?“
Golgariel schwieg.
„Seht!“, streckte der Krieger seine Hand aus, „ist das Rauch?“
Dizius hellhörig: „Ja! Tatsächlich. Sicher ein Gehöft oder Jägerhütte“
„Hexenhäuschen oder Orklager!“, zynisch der Krieger, „Spielt keine Rolle, Hauptsache es ist Trocken und Warm!“
Motiviert wieder mit nennenswertem schnellem Schritt den Weg weiter entlang. Die Häupter nun gerade ausgerichtet, den Gesichtsausdruck wieder gefestigt und weit der Müdigkeit entfernt. Das des Kriegers ernst und hart, emotionslos, wie ein Stein und genau so kalt und kantig trotzt es der Kraft des Wassers und lässt sich nicht seine Ecken und Kanten abschleifen.
Das des Gauklers war geziert mit einem breiten Lächeln, welches sein Gesicht häufig vermisste und weit strahlenden Augen, die ihn euphorisch hinter dem Krieger nachkommen ließen.
Bald gingen sie vom Weg ab, Richtung des Rauches welches sie am dunklen Nachthimmel mühsam erspäht hatten.

„Hey! Hey! Irion!“, versuchte der hühnenhafte Norbarde namens Jagotin den Streuner zu wecken, welcher nur, am Boden liegend mit dem Gesicht im Schlamm, unverständliche Worte schlaftrunken hervorbrachte.
„Warte, ich zeig dir wie das geht!“, ein schneller Tritt seitens Serenjas, eine lang dauernde Hebung der Rechten Augenbraue seitens des Norbarden und ein kurzes Aufstöhnen seitens des Ohnmächtigen waren die Folge.
Irion hob sich zunächst in einer Liegestützenform hoch, fuhr sich mit dem Handrücken über sein mit Schlamm geziertes Gesicht und stöhnte ehe er eine Sitzposition annahm: „Oh, mein Kopf! Was verdammt noch mal war das?“
„Ich weiß es nicht, aber es hat unsere Pferde verscheucht.“, gab Jagotin zu, unterbrochen von Serenja: „Und es gießt immer noch in Strömen“.
„Was ist eigentlich passiert. Ich weiß nur noch das ich geblendet war, die Pferde in Panik gerieten und ein grässlich heller Ton mich zum verzweifeln brachte. Und dann wachte ich auf?“
„Wir waren alle ohnmächtig“, gestand Serenja, „Jag‘ war als erster Wach“
„Und was machen wir jetzt?“
„Ich weiß es nicht!“, schüttelte Jagotin den Kopf: „Wir wissen nichts darüber. Hinzu kommt das ich schmutzig und müde bin. Es ist nass und kalt und das Dorf noch Meilen weit weg!“
Irion richtete sich allmählich wieder auf, griff nach seinem Kurzschwert und steckte es zurück in dessen Scheide, „Na dann, machen wir uns auf den Weg. Es wird noch eine lange Nacht werden.“
„Und es könnte uns jederzeit wieder zustoßen“, machte Serenja die Gruppe aufmerksam.
„Und es könnte uns jederzeit wieder zustoßen“, wiederholte Irion seufzend.

„Was ist das?“, fragte der Gaukler in einem leisem Flüsterton. Golgariel schüttelte nur ahnungslos den Kopf.
Beide saßen zusammengekauert im Unterholz versteckt und warfen gebannt ihre Blicke dem Treiben auf der Lichtung zu. Angesichts des starken Regens, welcher wohl versuchte alles auf Derer zu ertränken und den dadurch aufgeweichten Boden war das zusammengekauerte Sitzen keine Wohltat. Die Umhänge waren verschmutzt, ebenso die Stiefel und die Hosenansätze vom hoch gespritztem Schlamm. Doch das schienen die beiden gar nicht zu bemerken.
Eine große Menschenmasse war auf dem Platz versammelt. Kniend im nassen Gras in einer trapezform, weiter hinten eine große Zahl an Teilnehmern, nach vorne hin immer weniger. Im Mittelpunkt stand ein uralter Hügel aus der Zeit der Götterkriege mit in den Boden reichenden Eingang zu einer Höhle. Um den Hügel herum waren große Tonschalen am Boden aufgestellt, deren Inhalt verbrannt wurde und der Rauch gen Himmel aufstieg. Daneben lagen noch Opferschalen in verschiedenen Größen und Formen, hauptsächlich Fisch und einige wenige Meeresfrüchte. In einem mittelgroßem Tongefäß auf dem mit dunkler Farbe Wasserlinien gezeichnet waren, waren splittergroße Stücke eines blaugrünen, durchsichtigen Gesteines.
In der Mitte der sitzenden Trapezmasse war eine Furche, wie ein Weg, frei gelassen worden und teilte die Masse in zwei Kollektive. An den Rändern saßen im Schneidersitz Trommler, die in rhythmischem Klang auf ihre Instrumente einschlugen. Die Menschen selbst hatten überwiegend helles Haar, und diese sehr lang, meist bis zum Hintern oder gar bis zu den Kniekehlen. Die Männer jeglicher Altersgruppe trugen lange Bärte im Gesicht, die Jünglinge unrasierten Flaum. Die Trachten der Menschenmasse, nämlich mittelange Armlose Gewänder mit verschiedenem Schnitt, bestanden aus grob zusammengenähten Leder, manche wenige mit Fischschuppen besetzt.
Einer von ihnen stand aus den hinteren Reihen auf. Es handelte sich um einen älteren Mann mit bereits weißem Haar. In seinen Händen trug er eine Schale mit weiteren Edelsteinen. Gemäßigten Schrittest lief er stolz und Aufrecht den Weg entlang, den ihm seine Gefährten bereitet hatten. Vorne erwartete ihn bereits ein junges Mädchen von etwa sechzehn oder siebzehn Sommer. Weißblondes Haar, knielang. Ein beiges Kleid aus Leder, einige Schuppen daran eingeflochten. An den Armen längst geschnittene Wunden im Fleisch aus der sich dickflüssig das Leben in zwei parallele Schalen ergoß. Schmerzen spürte sie nicht. Sie taumelte hin und her, wirkte im Rausch der Dämpfe, die aus den zahlreichen Opferschalen emporstiegen, berauscht.
Der ältere Mann hob im gehen seinen besonderen Besitz in der Hand hoch empor und sah auf den Hügeleingang, wo sich etwas zu geschehen schien.
„Verdammt noch mal“, flüsterte Dizius, „was bei allen Zwölfen machen die da?“
Der Krieger, hart wie immer, nur den Kopf schüttelnd, „Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht.“ -„Sicher eine Geister oder Dämonenbeschwörung? Die Götter stehen und bei“
„Dann wäre es unsere Aufgabe dies zu verhindern“
-„Verhindern? Wie gedenkt ihr dies zu verhindern? Ihr könnt ja wohl kaum da raus spazieren gehen und alle Paktierer abschlachten“
„Sie scheinen keine Waffen zu tragen“
-„Na und? Deswegen sind sie nicht weniger Gefährlich. Wer weiß was für Teufeleien die da ausbrüten. Und in der Überzahl sind sie auch“
„Seid still!“, mahnte Golgariel den etwas laut gewordenen Gaukler, „Ich glaube da tut sich was“
-„Was ist das? Ein Licht? Die Götter stehen uns bei!“

„Haaaaa haaaaa-tschiiiiiii!“
„Gesundheit, Irion“, meinte Serenja
„Danke, wie weit ist es noch Jag‘?“
-„Weit. Sehr weit. Aber der Regen lässt nach.“
„Dort vorne sehe ich aber schon Rauch aus den Schornsteinen kommen“, spähte Serenja, „So weit kann es dann doch nicht sein“
„Hoffentlich! Jeder Schritt ist eine Tortur. Mir tut jeder einzelne Knochen weh!“
„Tja Jag‘“, beteuerte Irion: „Jetzt weißt du wie es den Leuten geht, die du immer auseinandernimmst.“
-„Sehr lustig Irion, sehr lustig“
„Seid still ihr beiden! Mich graust es immer noch von vorhin. Last uns nur unbeschadet in diesem Gott verdammten Ort ankommen. Ich hasse Gegner die ich nicht sehen kann!“, gestand Serenja.
„Das Vieh soll bloß kommen. Dann stell ich ihm meine Skrijalah vor“, meinte Jagotin mit dem Griff um seine Axt. Irion betrachtete den hühnenhaften Norbarden nach einem zweitem Niesen skeptisch an, „Damit wollt ihr einen Geist oder Dämon killen? Viel Spaß“
„Was?“, fragte Jagotin
„Er hat recht“ beteuerte Serenja, „Wir wissen weder was uns angegriffen hat, noch ob es durch eiserne Waffen überhaupt bezwingbar ist“
„Ich würde sagen wir hatten mehr Glück als Verstand. Phex sei dank, würde ich sagen!“, sprach sich Irion aus.
„ja ja, habt ja recht!“, Jagotin streckte sich die Hände, „Kann es kaum erwarten etwas warmes zwischen den Zähnen zu kriegen, ein warmes Bad, und dann ein weiches Bett“
„Hör bloß auf! Weißt du wie weit es noch ist?“, klagte Irion. Serenja seufzte.

-„Was ist das? Ein Licht? Die Götter stehen uns bei!“
„Schweigt!“, mahnte Golgariel.
Ein silbrig, kaltes Licht erschien für kurze Zeit über den Hügel. Nur kurz, für einen kurzen Augenschlag. Um anschließen wieder für die selbe Dauer zu erscheinen. Es schien zu flackern und veränderte seine Form. Wie ein Irrlicht, wie eine körperlose Amöbe. Doch weiß war es weder in seinem Kern noch nach Außen hin. Nur im Übergang, von einem Schwarzen schemenhaften Schwarz oder Grau, zu einem tiefen Ozeanblau, das mit einem Übergang dunkler wurde bis es mit der Nacht verschwamm.
Die knienden Gestalten warfen ihre Häupter zu Boden, und wagten nicht sich zu erheben. Einige hielten sich die Ohren zu, andere zitterten und hin und wieder war ein kurzer, melodiöser Schrei, von solcher Höhe, das er in den Ohren seiner Zuhörer qualvolle Schmerzen auslöste.
Dizius hielt sich verzweifelt die Ohren zu. Ebenso der Krieger ehe er sich einige Spann nach vorne schlich um besser betrachten zu können was sich auf diesen unheimlichen Platz abspielte. Besonders interessant war ihm dieses Lichtphänomen.
Das Lichtwesen wurde beständig. Es hatte sich in dieser Welt manifestiert und hörte auf zu flackern. Seine Gestalt glich jedoch immer noch einer Geisteramöbe und schwebte über dem in Trance befindlichen Mädchen das ihren Lebenssaft spendete. Zwei Flügel- oder Armartige Gebilde wuchsen aus der Lichterscheinung umarmend der Spenderin entgegen.
„Nein!“, schrie Golgariel auf und Dizius warf sich ihm an den Hals um ihn wieder auf den Boden zu holen. Beide waren Braun vom Schlamm, denn es goß immer noch aus Kübeln. „Beruhigt euch, Beruhigt euch. Sie ist eine von denen“, versuchte es der Gaukler sanft. „Das macht nichts! Sie wurde bestimmt dazu gezwungen. Wozu sind Helden da?“
„Und wenn schon! Wollt ihr euch auch Opfern?“.
Golgariel beruhigte sich. Lag ganz ruhig auf dem Gaukler, der ihn noch immer umklammerte. Nur der prasselnde Regen und der gehetzte Herschlag Golgariels gelangten an das Ohr menschliche Ohr.
„Ihr könnt da nichts machen. Sonst bringen sie euch um. Dankt den Göttern das sie uns noch nicht bemerkt haben“
„Last mich los“, sprach Golgariel mit beruhigter Stimme. Dizius löste die Umklammerung, der Krieger hob sich trotz des klebrigen Schlammes auf Umhang und Haar würdevoll in seine Sitzposition zurück und späte über den Geisterplatz herüber.
Der Donner in Begleitung eines auf den Erdboden krachenden Blitzes lies die Anwesenden an das anhaltende Gewitter erinnern. Doch kaum noch einer schenkte dem seine Beachtung entgegen.
Das taumelnde Mädchen im Mittelpunkt war eingehüllt im Licht, wurde selbst zum Licht und dann wieder nicht. Sie stöhnte auf und brach geschwächt nach hinten zusammen. Blut floss weiter aus den klaffenden Wunden an ihren Oberarmen. Ein kurzer zufriedener Aufschrei, um einiges Leiser und wohltuender als die bisherigen und der alte Mann , welcher als einziger den Mut auffaßte, angesichts des Wesens zu stehen, ging zögernden Schrittes auf das umgefallene Mädchen und das Wesen zu. Das Geschenk immer noch in der Hand haltend hob er es dem Wesen hin.
„Was macht er da!?!“, hob sich Golgariel weiter vor. Dizius warf ihm einen mahnenden Blick, gefasst jederzeit wieder auf ihn zu springen, doch der Krieger schenkte dem keine Beachtung zu, sondern umgriff den Stiel seiner langen Axt am Boden.
„Macht bloß nichts dummes“, warnte der Gaukler „Macht bloß nichts dummes“
Doch dazu kam es nicht.
Ein, wenn auch zufriedener, aber dennoch lauter Schrei des Lichterwesens erklang. Es dauerte nur einige zehn, zwanzig Sekunden, doch für die Beiden schien die Zeit wie eine Ewigkeit. Sich die Ohren zu haltend wälzten sie sich vor Verzweiflung am Boden, in der Hoffnung den Schmerzesschrei eindämmen zu können. Mit wenig Erfolg. Ein dunkler Schleier legte sich über ihre Augen und die Arme der tiefen Ohnmacht drückte sie fest in ihre Brust, wohlbehütet, sanft.


Zweites Kapitel

I
rion klopfte an die Wirzhaustür, mehrere male und fest. Die Nacht war bereits vorangeschritten und in den meisten Häusern das Licht bereits erloschen. So auch im einzigem Gasthaus Neu Dragenfelds, welches auf seinem ausgehängtem Schild einen alten Mann mit Stock darstellte und die Aufschrift „Zum blindem Hirten“ trug.
Irion versuchte es nach kurzem erneut und hämmerte mit seiner Faust gegen die Tür des zweistöckigen Fachwerkhauses. Ohne Erfolg.
Der Regen hatte nachgelassen. Vereinzelte Tropfen des Himmelswassers und ein sternenloser Nachthimmel waren stumme Zeugen des Unwetters.
„Verdammt“, fluchte Jagotin, „Ich bin müde, schmutzig und hungrig und der Wirt macht nicht auf! Warte ich versuchs mal.“
Irion wich dem Hünen, der nun mit seiner Faust mehrfach auf die Holztür einschlug und dem Wirt zu brüllte, er solle endlich aufwachen und aufmachen.
„Komme! Komme“
„Na endlich! Der schläft ja wie ein Murmeltier“, verschränkte Jagotin die Arme.
Die Tür öffnete sich einen Spalt breit und das Gesicht eines Älteren Mannes lugte hervor. Kurz darauf öffnete er die Türe gänzlich:
„Zum Gruße, Ich bitte sie die verschlossenen Türe zu entschuldigen, aber bei uns findet selten Besuch des Nachts statt. Deswegen schließe ich eher früh. Kommen sie rein, ihr wollt sicher ein Zimmer…“
„Zwei!“, korrigierte Serenja
„Drei“, verbesserte Irion, „Falls sie noch so viele frei haben.“
„Drei Zimmer!“, der Wirt nickte. Die Vier traten ein.
„Und ein Bad“, ergänzte Jagotin im Gehen.
„Und ein Bad“, wiederholte Irion, Selenja nickte zustimmend.
„Und ein Bad“, wiederholte der Wirt, „Das habt ihr auch bitter nötig.“
„Bringt uns auch Speise und Trank, denn unsere Bäuche sind von unserer Reise entleert“, bat Serenja
„Speise und Trank! Natürlich, ihr wäret die ersten unter meinem Dach, die ich schlecht bewirtet hätte. Setzt euch irgendwo. Ich bringe euch gleich etwas. Und nachdem ihr gespeist hab besorge ich euch drei Bottiche mit Wasser.“
Der Wirt entzündete mit seiner Kerzen einige Kerzenleuchten, die von der Decke hangen und die Tische unter ihnen erleuchteten. Zuvor war es im Schankraum stockfinster.
Die Drei setzten sich hin, an der Banklehne hängend, froh sich die müden Füße ausruhen zu können. Die Kleider waren schmutzig, aber mittlerweile einigermaßen trocken.
„Oh, man! Hier hätten wir schon vor Stunden sitzen können.“, seufzte Jagotin, der von Irion gleich einen Tritt erhielt, um zu Schweigen. Gleichzeitig nickte Irion mit dem Kopf Richtung Tür, in der der Wirt so eben verschwunden war.
„Ja, ja“, meinte nur Jagotin.
Der Wirt, ein dürrer Mann gehobenen alters, mit ergrautem kurz geschnittenem aber vollem Haar und Vollbart, kehrte mit einem hölzernen Tablett auf dem ein Leib Brot, Bäuerliche Kost wie etwa Eier, Käse, Schinken, letzteres jedoch knapp, und zwei Krüge, eines mit Wasser das andere mit Milch gefüllt, und natürlich das passende Holzbesteck sowie hölzerne Becher bereitstanden. Er setzte es seinen Gästen auf den Tisch und wünschte ihnen guten Appetit und entfernte sich um seinen Gästen das Bad zu ermöglichen.
Die drei verspäteten Reisenden aber stürzten sich auf die fürstliche Kost und aßen ohne scheu. Geräusche durchdrangen nicht viele die Stille.

Dizius öffnete seine Augen. Er lag am Boden im, vom Regen und Tau, durchnäßtem Gras. Sein Schädel dröhnte als würden zwei Schmiedehammer abwechselnd im selben Rhythmus auf seinen Kopf einhämmern. Er richtete sich auf, schlang den nassen Flickenumhang fest um sich und sah sich um.
Er stand auf dieser Wiese, einer kleinen Lichtung, einer Oase im dichten, mehr mit Nadel- als mit Laubbäumen bewohnten Wald, der sich scheinbar links und rechts des von Menschenhand erschaffenen und bepflasterten Schneise, die da durchführte ins unendlich ausbreitete.
Der Boden war vom Regen aufgewühlt, schlammig und einem Sumpf gleich, den mit jedem Schritt versank man einige Zentimeter im Boden und kam nur schwer wieder heraus. Dizius sah an sich herunter. Seine Kleidung war schmutzig und nass. Der morgendlichen Kälte gegen kein Schutzschild. Doch seine Besitztümer waren noch da. Er kramte in den Taschen seines Umhangs, zog eine kleine Silberflöte hervor. Noch da, dachte er sich und steckte diese wieder zurück. Kramte an seinem Gürtel, dem langen Dolch, der Geldbörse und in der Umhängetasche. Alles schien noch an seinem Platz zu sein.
Doch wo befand sich sein treuer Begleiter? Wie eine Flut durchdrang es durch seine Geisteswelt und dämmten das schlagen der beiden Schmiedehämmer in seinem Kopf gänzlich: Sie haben ihn doch nicht mitgenommen? Nein, lehnte er diesen Gedanken wieder ab, das haben sie nicht! Doch wo ist er? Er sah zu Boden um sich herum. Dort wo sein Gefährte hätte liegen sollen. Kein Blut! Das war schon mal ein Trost. Sie haben ihn nicht getötet. Noch nicht! Hoffentlich nicht. Doch was haben sie ihm dann getan? Wird er das nächste Opfer dieser durchgeknallten Kultisten sein? Ein Strom von verschiedensten Verschwörungstheorien durchdrang sein Gehirn ehe ein lauter Ruf ihn aus seiner Panik löste.
„Hey! Dizius!“
Der Gaukler spähte erschrocken in die Richtung aus dem der Schrei kam. Golgariel trat mit nacktem Oberkörper aus dem Eingang der kleinen Höhle die schräg abfallend in den Erdboden dieser Wiese trat und mit einem halbrundem Erdgewölbe bedeckt war. Dizius ging mit seinen leichten Schnabelschuhen durch den Schlammgetränkten Boden auf Golgariel erleichtert zu.
„Die Kultisten scheinen sich in Luft aufgelöst zu haben. Ich habe bereits nach Spuren gesucht.“
„Was gefunden?“, fragte der Gaukler
Golgariel schüttelte den Kopf: „Nein, es führen keine Spuren weg. Nur in die Höhle, doch da geht es nicht weiter. Nur ein kleiner unterirdischer See der hier in der Höhle hervortritt. Doch da können sie nicht hingegangen sein. Der See führt nur hinab. Ich hab mit selbst davon überzeugt.“
„So, so? Eigenartig“
„Das könnt ihr laut sagen.“
Die beiden traten herein. Dizius sah sich verblüfft um in dieser mit bläulichem Schimmer gezeichneten Kalkhöhle. Tropfsteine wuchsen von der Decke, wie vom Boden und ließen kalkhaltige, feine Wassertröpfchen rhythmisch herunterprasseln während auf der Decke von einer kleinen, tiefergehenden Wasserstelle aus ein Lichtspiel stattfand. Dizius trat an das Wasser heran. Es war sehr kalt. Auch er fing an sich zu entkleiden und der reinigenden Wirkung des Wassers auszuliefern ehe er diese Erfahrung seinen Kleidern gönnte. Der durchtrainierte Krieger tat es ihm gleich.
„Sag was halten ihr davon?“, fragte Golgariel
„Wovon? Der Beschwörung? Der Lichterscheinung?“
-„Beidem“
„Ich weiß nicht.“
-„Habt ihr vielleicht einen Verdacht?“
„Wie kommt ihr darauf?“
-„Ihr kennt bestimmt eine menge Sagengestalten?“
„Das schon. Aber was das war weiß ich nicht. Eine Art Geist. Soviel wie ihr euch sicher auch denken könnt. Vielleicht auch eine Fee. Um mehr sagen zu können brauche ich mehr Hinweise.“
Golgariel hielt ein, konzentrierte sich auf das Waschen seines Umhangs. Bald darauf nahm er seine abgelegten Stoffsachen und wollte sie hinaus zum Trockenen bringen, „Soll ich eure auch mitnehmen?“
„Gerne“, Dizius überreichte ihm seine gewaschenen Sachen. Blieb aber in der kalten Tropfsteinhöhle auf das Wasser starrend und mit sich selbst redend. Golgariel kam bald wieder herein: „Habt ihr was gesagt?“
„Nein nichts. Habe nur laut gedacht.“
-„Worüber?“
„Warum ausgerechnet hier? Welche Bedeutung hat diese Höhle? Ist dies hier ein heiliger Ort? Oder astral günstig?“
-„Ich hoffe auf Hinweise von den Bewohnern Neu Dragenfeldes. Die Bauern dort werden sicher mehr über das hier wissen.“
„So, meint ihr?“
Golgariel sah verwundert zum Gaukler: „Was meint ihr?“
-„Nichts. Nur das wir vorsichtig sein müssen“
„Das versteht sich von selbst“, bekräftigte der Krieger
-„Wir sollten kein Wort darüber verlieren. Sie könnten zuviel wissen.“
„Darauf bin ich ehrlich gesagt noch nicht gekommen. Ihr glaubt die Dorfbewohner?“
-„Vermutung. Ich kann es nicht sagen. Ich hoffe nicht, aber irgendwo her müssen diese hunderte von Menschen kommen. Glaubt ihr sie haben uns gesehen?“
„Nun, es führten keine Spuren zu uns. Wenn sie uns nicht in der Vornacht gehört haben eher nicht.“
-„Dann riskieren wir es?“
Golgariel nickte.
-„Gut, ein voller Schankraum und durstende Gäumer dürften uns ein wenig weiterhelfen. Vielleicht kriege ich jemanden dazu etwas über die historische oder mythologische Vergangenheit des Ortes mir zu Berichten. Dies könnte hilfreich sein.“
„Sie haben Blut geopfert. Verheißt nichts gutes. Sicher ein dämonisches Wesen.“
-„Vielleicht haben uns auch unsere Augen einen Streich gespielt? Wir konnten das Wesen ja kaum erkennen. Vielleicht hat es sich mit irgendeinem Hexenwerk belegt.“, Dizius grübelte, „Dann käme aber auch ein Zauberer oder Hexenmeister in Frage“
-„Und dieser erpresst vielleicht die Dorfbewohner“
„Vielleicht“, betonte Dizius, „Auf jeden Fall sahen diese Leute eigenartig aus.“
-„Jetzt wo ihr es sagt. Ich habe gar nicht so sehr auf ihr äußeres Erscheinungsbild geachtet. Nur die Haartracht war mir aufgefallen“
„Was trugen sie eigentlich?“
-„Keine Ahnung. Aber auf jeden Fall werden wir anhand der langen Haare wissen ob die Dorfbewohner was mit der Sache zu tun haben.“
Beide schwiegen für eine Weile, bis Golgariel wieder etwas einfiel: „Die Leute kamen doch sehr elfenhaft rüber. Meint ihr nicht?“
-„habt ihr auf die Ohren geachtet?“
„Nein.“
-„Dann können wir es weder ausschließen noch als die Lösung betrachten. Aber es käme sehr wohl in Frage. Und um das Wesen handelt es sich vielleicht um eine Art Naturgeist des Elfenvolkes, das sie verehren. Vom Blutopfer im Elfenvolke ist mir jedoch nichts bekannt“
„Nein, mir auch nicht. Außer die Dukelelfen“
-„Außer die Dunkelelfen“, wiederholte Dizius
„Doch die leben weiter nördlich von hier“
-„Sehr weit nördlich“
Plötzlich wieherte ein Pferd
„Habt ihr das Gehört, Dizius?“, Golgariel griff nach seinem Durium, wie er seine Langaxt nannte und trat zum Höhlenausgang.
„Wer ist es?“, erkundigte sich im Lendenschurz stehende Gaukler.
„Nur ein Pferd. Kein Reiter. Hey! Wo treibt ihr euch versteckt? Kommt raus wenn ihr keine Feiglinge seid!“
„Da ist niemand“, Dizius kramte in seinen Sachen nach einer sauberen Leinenhose, deren eines Hosenbein schwarz das andere weiß war, zog sie an und hängte sich seinen Gürtel um an dem sein Borndorn, ein dünner, beinah Kurzschwertlanger Dolch, befestigt war sowie einige Beutelchen und hinterher seine Schnabelschuhe an.
In der Zwischenzeit ging Golgariel vorsichtig an das Pferd heran. Es verhielt sich ruhig, schien bereits gezähmt zu sein. Nun, den Verdacht hätte auch ein weniger geübter Reiter treffen können, angesichts des Sattels und Zaumzeugs, und den Reisegepäck mit dem die braune Stute beladen war.
Golgariel packte das Pferd mit einer Hand an den Zügeln, mit der anderen strich er fürsorglich über den Halsrücken durch die Mähne des Tieres: „Na du schöne? Wem bist du wohl entlaufen?“
„Wenn dieses Pferd gestern erst entlaufen ist, dann gab es vielleicht noch mehr Zeugen“, überlegte Dizius, der mittlerweile auch näher zum Pferd gekommen ist und anfing die Satteltaschen des Tieres zu durchsuchen.
-„Möglich“, beteuerte Golgariel, „Doch wieso sollten sie nicht ohnmächtig geworden sein, in Gegensatz zu uns?“
„Vielleicht weil sie nicht versucht haben auf sich aufmerksam zu machen?“, warf der Gaukler Golgariel Vorwürfe, „Oder vielleicht waren sie auch besser bei Kräften.“
-„Und lassen dann ihr Pferd frei herumlaufen?“
„Was weiß ich“, er kramte euphorisch aus einer der Taschen ein in einem Tuch verpackten Leib Brot hervor.
-„Ihr könnt doch nicht einfach…“
„Wieso nicht? Der Besitzer ist über alle Berge. Vielleicht sogar einer der Kultisten? Uns wird es aber schmecken“, er nahm seinen Borndorn aus der Gürtelscheide und schnitt es brüderlich in zwei Hälften. Eine gab er Golgariel feierlich, welcher überzeugt annahm und sich ein Stück abriss und zum Mund führte. Gleichzeitig löste der Gaukler einen wasserdichten Trinkschlauch aus Leder vom Sattel, entkorkte ihn und roch daran. Dann hielt er es hoch, „Und für den Wein ist auch gesorgt. Die Götter haben erbarmen mit uns!“
„Kommt Dizius, laßt uns während wir speisen von angenehmeren Sachen sprechen. Wir wollen es feudal haben. Schließlich haben wir es uns verdient“
-„Damit kann ich leben! Ich hoffe nur mein Umhang ist trocken wenn wir später in die Stadt reiten. Oder wenigstens bevor wir dort ankommen“
Golgariel zog das Pferd näher zu Höhle, denn dort konnten sie sich irgendwo hinsetzen. Dizius öffnete seine fünf Strähnen im Haar und hielt die Lederbänder mit den Glöckchen in der Hand während er mit einem schlichten Holzkamm sich das lange dunkle Haar glattkämmte und sie auf seinen Rücken fallen lies. Golgariel, der das Pferd an einem günstigen Felsen angebunden hatte, saß bereits am Boden, ein weiteres Stück Brot abreisend und es sich in den Mund steckend, bevor er einen weiteren Schluck Wein trank. Gleich danach nahm auch Dizius Platz am kalten, aber trockenen Boden und fing an seinen Magen zu verwöhnen.
„Sagt, wenn die Dorfbewohner nicht dazu gehören…“, meinte Golgariel schmatzend, „… werden die uns dann nicht auch für Kultisten halten?“
-„Wieso? Weil wir fremd sind?“
„Nein, weil wir langes Haar haben. Beide, bis an den Rücken fallend“
-„Aber unseres ist Schwarz! Die Kultisten waren nordischen Typs“
„Ich hätt auch nichts gekürzt“
„Nein“, schüttelte Dizius den Kopf während er an einem Stück Brot kauerte, „Ich auch nicht.“

Sonnenstrahlen drangen durch feine Ritzen der Bretterladen durch und vollführten einen himmlischen Tanz auf dem Gesicht Jagotins. Feine Silhouetten, die zärtlich über das schlafende Augenlied strichen.
Jagotin streckte sich mit einem lautem aufstöhnen. Es war bereits spät am Vormittag. Doch er hatte geschlafen wie ein Stein und fühlte sich gekräftigt von der langen Reise und den Ereignissen letzten Abends. Wenn es fehlte, würde er sogar Bäume ausreißen, dessen war er sich ziemlich sicher.
Jagotin erhob sich aus dem weichen, mit Stroh bedecktem Bett, und blieb eine weile sitzen am Holzbett verharrend. Nur weil er körperlich erholt war, hieß es nicht das er auch Geistig schon voll auf der Matte stand. Kurze Besinnungsminuten und er stand breitschultrig, wie er nun einmal war, sich die arme am Rücken dehnend im Zimmer. Dann ging er klar im Körper wie im Geiste zur Waschschüssel und fühlte sie mit dem Wasser, das in einem Krug unterm Tisch bereitstand. Ein kurzer Griff in seine Tasche und er kramte ein eingeklaptes Rasiermesser hervor. Ein kleiner rechteckiger Spiegel, sowie eine bereits stark abgenutzte Seife würden ihm behilflich sein seine ordentliche Morgenrasur zu vollenden. Ein kurzes Knacken, als er das Rasiermesser aufklappte durchdrang wie ein Kanonenschuss den Raum, begleitet von schnellem schleifen einer Klinge auf Seife bis er genügend Schaum hatte, denn er im Untergesicht und Kopf dünn verteilte und mit dem Messer am Kopf ansetzte. Ein Zug, und ein Streifen auf seinem Kopf war befreit vom dunklen Schleier, den feine Haarstoppel hervorriefen.
Zum Schluß wusch er sich mit einem nassem Tuch Kopf, Gesicht und Oberkörper und bekleidete sich, hängte sich Skriala, seine Norbardische Großaxt an den Rücken und war bereit in den Tag zu stolzieren.
Der Schankraum war ziemlich leer. Zwei reisende Händler, die soeben erst gekommen sind, wie ihre verstaubten Stiefel und Umhänge aussagten und mit gesenkter Stimme Konversation betrieben. An einem weiterem Tisch saßen ebenfalls Fremde, in dunabischem Trachten, also Felle, Wolle, und Leder. Dazu längeres Haar und Vollbärte. Auf einem Tisch, weiter entfernt von Tür, Fenster und Tresen, saßen zwei Leute. Jagotin winkte ihnen zu, und der junge rothaarige Mann im dunkelblauen Leinenhemd, besseren Schnitts, einer hellen Hose und dunklem Mantel winkte zurück. Serenja wendete den Kopf in Richtung aus der der hühnenhafte Norbarde kam.
Bald trat der hagere Wirt, der sich ihnen bereits als Wirtmeister Dorlen vorgestellt hatte, an den Tisch der drei und erkundigte sich ob der hühnenhafte Gast einen Wunsch habe ehe er wieder in seine Küche verschwand.
„Grüßt euch, Gefährten! Wie habt ihr genächtigt?“
„Wie ein Fels“, gestand Serenja
„Wundervoll, einfach wundervoll wieder in einem Bett geruht zu haben. Ich kann euch gar nicht sagen wie gut es mir tat“, preiste Irion die kurze Nacht und Jagotin setzte mit gesenkter Stimmte fort: „Und? Was machen wir nun. Ihr wisst wen ich meine“
„Also ich weiß nicht ob wir weiterreisen sollten, ehe wir herausgefunden haben, wer oder was, na ja … . Ich bezweifle das wir jemals Ruhe finden werden wenn wir einfach gehen.“
„Das ist die richtige Einstellung. Vielleicht fühlt sich auch das Dorf belästigt. Aber wie gehen wir vor?“, fragte Serenja.
„So da haben wirs, ein kräftiges Frühstück für die drei! Darf es sonst noch was sein?“
„Nein, habt dank“, Irion schnipste Dorlen eine Münze zu, „für die gute Bewirtung“,
„Ich hab zu danken“, entgegnete der Wirt
„Sagt, Meister Dorlen“, hielt ihn Serenja noch einen Augenblick auf, „habt ihr vielleicht einige Interessante Neuigkeiten, die reisende wie uns vielleicht interessieren könnten?“
-„Nun, nicht wirklich. Was in der Ortschaft so los ist könnte ich euch Abende lang erzählen, nicht das es euch interessieren würde. Aber so ist noch nichts relevantes an mein Ohr gekommen. Na ja, letzter Zeit auch nicht viel los. Mein Haus ist beinah leer, trotz Reichsstraße! Oh, entschuldigt mich einen Moment, meine anderen Gäste!“
„Ihr hört es“, machte Serenja aufmerksam, „Wir sind nicht die einzigen. Es haben noch mehr Reisende diesen Vorfall erlebt. Sonst wären sie nicht umgekehrt“
„Und was jetzt?“, fragte Jagotin, „Wir können weder Abreisen noch hier bleiben. Die Dorfbewohner werden nicht verstehen weshalb wir unsere Reise weiter hinauszögern. Sie werden mißtrauisch werden. Und irgendwie glaube ich nicht das die Leute hier nichts wissen.“
„Jagotin hat recht.“, bestätigte Irion, „Wir könnten ein paar Tage herauszögern indem wir sagen, wir warteten hier auf Freunde, die wir auf dem Weg verloren hatten.“
„Und wenn sie dann nicht kommen?“, fragte Serenja
„Dann tuen wir als wüßten wir von nichts. Ein, zwei Tage könne wir noch warten wenn es sein muss, dann können wir aber immer noch schweren Herzens weiterziehen.“
„Irion hat recht. Ich hoffe nur uns langt die Zeit. Ich bin mir ziemlich sicher das da was im Busch ist. Aber wo suchen wir zuerst?“, meinte Jagotin
„Die Leute sollten wir nicht löchern.“, entgegnete Irion, „Das heben wir uns für den Abend im Schankraum auf. Ich bin mir ziemlich zuversichtlich darin, dass die eine oder andere Zunge eher Redet wenn sie vorher ein wenig bewässert wurde.“
„Und was machen wir den Tag über? Wir können ja wohl kaum die gesamte Wildnis absuchen“, stellte Serenja fest.
„Was bleibt uns anderes übrig? Abgesehen davon, tut uns so ein Spaziergang sicher gut. Ich hoffe nur wir finden unsere Pferde.“
Plötzlich kam ein Knabe von vielleicht sechs Sommern, bräunliches Haar im Pagenschnitt und einfache braune und graue Bauernstrachten tragend, die Treppe herunter geilt. Ganz aufgeregt schreiend: „Papa! Papa! Ein hoher Herr zu Ross uns sein Narr!“
„Nein! Du bleibst hier, das sind Gäste für den Herzog. Hörst du wohl?“, frustriert und beängstigt, rannte der Wirt seinem Sohn, auf das er sich nicht in Schwierigkeiten begebe, hinterher.
Die drei Gäste wurden hellhörig. Auch sie erhoben sich stolz und schritten zum Ausgang.

Golgariel ritt im Sattel der braunen Stute. Aufgerichtet und Stolz, mit ernstem, gesenktem Blick. Auf seiner Seite befestigt die lange Axt und das Kettenhemd klimperte rhythmisch mit den Schritten des Pferdes.
Dizius ritt auf dem Rücken des Tieres, sich an Golgariel klammernd. Sein breitkrämpiger Hut und die lange Feder bedeckte einen Großteil des Gesichtes. Der Rest des Körpers, bis auf die Beine, war unter seinem schwarz-weißem Flickenumhang verborgen.
Eine förmliche Begrüßung hatten sie ja nun bereits von den Bauern auf den Feldern erfahren, gleiches setzte sich hier fort. Die Leute kamen auf die Straße, verbeugten sich, knicksten oder gingen auf die Knie, ungeschickt und ungewohnt, angesichts eines so hohen Herren. Gleichzeitig versuchte keiner im Weg zu stehen und hielten gebührenden Abstand zu den zwei Reitern, welche nun langsam vom edlen Tier abstiegen.
Die drei anderen Unbekannten des Dorfes, welche bereits letzte Nacht angekommen waren, traten nun ebenfalls aus der Tür. Irion bemerkte sofort sein Ross bei den Fremden und verschränkte mit verhärtender Mine die Arme vor der Brust.
Golgariel führte das fremde Pferd an den Zügeln in Richtung der Tavernenstallungen wo sich Irion bereits hinwendete und den Weg versperrte: „Verzeiht edler Herr. Aber woher habt ihr dieses Ross?“
Jagotin und Serenja kamen Irion nach uns standen neben den Beiden. Jagotin umschloss mit einer Hand den Griff seiner Skrijala, seiner großen Axt die an seiner Seite hing. Serenja hingegen schickte den Göttern unmerklich ein Stoßgebet, die Situation möge kein tragisches Ende nehmen. Das Pferd selbst gab leise Laute vor sich als es seinen Besitzer erkannte.
„Weshalb fragt ihr? Ist es etwa euers?“
Irion zog eine Augenbraue hoch, doch der Krieger verstand und drückte ihm mit einem lächeln die ledernen Zügel in die Hand: „Hier, gebt das nächste mal besser acht auf euer Reittier.“, er tätschelte es am Hals, „Solch ein gutes Tier lässt man nicht einfach frei in der Gegend herumirren.“
Angesichts des gelösten Konflikts, ließ der Hüne ab von seiner Waffe und stemmte die Fäuste in die Hüften. Auch auf seinem Gesichts war ein knappes Lächeln aufgetaucht.
„Verzeiht Mylord“, entschuldigte sich Serenja die ihren Satz nicht beenden konnte als Golgariel amüsiert zu lachen anfing.
Plötzlich durchbrach eine Armee von Pferdehufen die angenehme Dorfruhe. Die Bauern entfernten sich hastig von der Hauptstraße um nicht zertrampelt zu werden oder den Soldaten aufzufallen.
Die Dorffremden, sich noch nicht mal gegenseitig vorgestellt, wendeten ihre Häupter oder sich ganz zu den ankommenden Soldaten des Herzogs. Sie trugen leichte Gewandung, Stoffkleidung mit gehärteten Lederschienen an Unterarmen. Darüber eine lange Tunika in den Farben ihres Lanzherren, nämlich dunkles blau mit Silber, beziehungsweise weiß. Auf der Brust das Wappen in einer Schildform: in der unteren Hälfte ein weißer schlangenförmiger Drache im blauem Wasser, darüber ein blaues Schloss auf weißem Grund.
In der Mitte ritt ein blonder Jüngling von vielleicht zwanzig Sommern. Sein ernstes Gesicht war geziert von einigen kleineren Narben sowie einem güldenem Bart der die Oberlippe freiließ. Das Haar von einem blauem Stirnband zurückgehalten fiel ihm auf die Schultern. Er trug einen, dem Körper nachgeformten, Brustpanzer und ein langes Kettenhemd darunter. An seiner Seite hing ein Langschwert und sein Reittier war mit einer dunkelblauen Decke bedeckt.
Er stieg ab und schritt auf Golgariel zu, der sich nun zum anderen Krieger wendete und mit ausdruckslosem Gesicht anblickte.
„Der Göttin zum Gruße, ich heiße euch hier in Neu Dragenfeld willkommen. Ich komme um euch mitzuteilen, dass mein Haus sich geehrt fühlt einen edlen Krieger zu empfangen wie ihr es seid.“, der Krieger machte eine knappe Verbeugung mit dem Oberkörper und streckte seine Rechte Hand Golgariel entgegen. Dieser jedoch zögerte.
„Ich bin kein Vasalle eures Herrn.“, entgegnete Golgariel.
Der andere schwieg eine Weile, sich eine passende Antwort auf die Zunge legend: „Das macht nichts. Ihr seid Vasalle meiner Göttin“
„Nun wenn dem so ist“, Golgariel hob nun auch seine rechte Hand und umschloss fest die des anderen. Ein lächeln erschien kurz auf beiden Gesichtern, nur um gleich wieder einem steinharten Gesichtsausdruck zu weichen.
-„Ich bin Laomenar aus dem Hause Elgurio zu Neu Dragenfeld“
„Golgariel, einfach nur Golgariel. Dies ist mein Begleiter Dizius“
„Der traurige Narr“, vervollständigte Dizius
-„Es ist mir eine Ehre Minnesänger“
„Auch mir ist es eine Ehre Lord Laomenar“
„Kommt, Ihr seid unter unserem Dach willkommen. Kommt“
„Wir nehme das Angebot gerne an“, entgegnete Golgariel, „Doch unsere Reise zwang uns vor längerer Zeit schon, uns von unseren Reisetieren zu trennen.“
„Das dürfte nur das geringste Problem sein“, mit einfachen militärischen Zeichen befahl er Zweien seiner Garde ihr Pferd an die Besucher abzutreten und zu Fuß zurückzukehren. Dann erst Bemerkte Laomenar das noch drei weitere Reisende, die offensichtlich jedoch nicht dazugehörten. Doch dem Anstand und den Ritterlichen Tugenden zu diensten erkundigte er sich auch interesselos nach deren Namen.
Jagotin verschränkte stolz die Arme und stellte sich als erster vor: „Ich bin Jagotin, Norbarde aus der Sippe der Strogow. Orkjäger!“
„Orkjäger?“, amüsierte sich Laomenar. Jagotin hob eine Augenbraue. „Hier werdet ihr kaum Orks finden die ihr erlegen könntet. Aber vor hundert Jahren war das anders. Da hätten wir Leute wie euch gebraucht die eine Axt schwingen könnten“
„Nun, besser spät als nie, außerdem sind wir nur auf der Durchreise“
Darauf salutierte Serenja militärisch richtig vor dem Krieger und brülle ihn quasi an: „Serenja Hofsbauer zu Neufelden. Soldatin im Dienste des Zaren. Ehrenvoll ausgetreten“
Iron kratzte sich verlegen am Nacken: „Ähm, Ich bin Irion, … Ritter des Glücks!“
Laomenar nickte als Zeichen seiner Aufmerksamkeit: „Reist wohl demnächst ab. Wünsche euch den Götter Segen auf eurem Unterfangen“
„Wir warten noch einige Tage auf weitere Gefährten. Unsere Wege trennten sich leider vorübergehend“, korrigierte Irion.
Laomenar schwang sich auf sein Pferd: „Nun, ihr werdet schon wissen was ihr macht.“ Und gab seinen Pferd die Sporen zu spüren.
Als der Krieger mit seiner Garde und den anderen beiden Reisenden verschwand fluchte Serenja: „Was für ein Widerling!“















Drittes Kapitel

H
erzog Duncan Kornfalk Elgurio, ein älterer dürrer Mann mit ergrautem Haar, welches ihm auf die Schulter fiel, angespannt mit in Falten gelegter Stirn, leicht abgerutscht mit übergeschlagenen Beinen auf einem alten Holzstuhl sitzend. Er kratzte sich an seinem Spitzbart, das half ihm beim Nachdenken. Sollte er nun diesen Zug durchführen oder lieber nicht?
„Auf was wartet ihr, Herzog?“, drängte Praiodan, der Priester des Fürstengottes Khenos, „Die Götter gaben euch nicht alle Zeit der Welt. Und mir ebensowenig“
„Drängt mich nicht!“, zürnte Duncan. Noch war er unentschlossen. Er griff nach einem Läufer, hob ihn kurz und stellte ihn wieder hin. Er schüttelte den Kopf und der Priester in seinen rotgoldenen Roben des Sonnengottes, starte Löcher in die Luft, während er verspielt an seinem Wangenbart zupfte. Er beschloss zu schweigen. Schweigen und abzuwarten.
Duncan griff nach der Königin und räumte einen gegnerischen Turm vom Spielfeld. Praiodan aber legte ein zynisches Grinsen auf: „Habt dank, Herzog“. Er nahm sich die schwarze Königin und ersetzte ihren Platz durch eine seiner Figuren. Entspannt lehnte er sich zurück und hielt die Königin triumphierend in seiner Hand umschlossen. Duncan aber sah nur verärgert auf das Schachfeld, seinen nächsten Zug planend.
Plötzlich ging die Tür auf. Ein livreeierter Diener trat herein und kam hastig auf den Herzog zu, verbeugte sich kurz vor ihm und stand dann gerade vor ihm: „Mylord?“
-„Hm?“
„Lord Laomenar ist eingetroffen. Mit dem Ritter des Zaren und dessen Harlekin“
„Aha“, Duncan beachtete den Diener nicht.
„Mylord?“
-„Hm?“
„Ich soll ausrichten das Lord Laomenar mit dem Ritter des Zaren…“
„Weiß, habe es gehört.“, der Herzog überlegte
„Mylord? Es ist wichtig!“
„Ich will nur noch Praiodan eine Lektion erteilen. Wie sieht der überhaupt aus, dieser Ritter?“
Duncan führte seinen Spielzug aus. Der Diener holte in der Zwischenzeit kurz Luft: „Großgewachsen, muskulös. Steinernes Gesicht, dunkles Haar, bis zu den Hüften.“
-„Wappen?“
„Keines, Mylord.“
Praiodan, beugte sich lässig nach vorne, in der einen Hand die Königin, mit der anderen seinen Spielzug ausführend. Damit war Duncan wieder an der Reihe. Er überlegte.
„Sir?“, machte der Diener auf sich aufmerksam, doch im selben Moment als der Geweihte wieder dran war sprach dieser: „Schach Matt“, während er sich bequem zurück lehnte.
Duncan stand nun mit verstecktem Ärgernis auf und ging an das Turmfenster zu, wo er hinaus auf den Hof schaute. „Das ist er?“, fragte der Herzog. Der Diener trat näher heran: „Ja Mylord“
„Hattest recht. Kein Wappen. Ein Ritter ohne Wappen? Nein, nein! Der führt was im Schilde. Ich weiß es, der Zar schickt ihn!“
„Fürchtet eure Lordschaft etwa den verlängerten Arm des Zaren?“, fragte Praiodan provozierend.
„Ihr wisst genau was ich meine, euer Gnaden!“
„Nun, eure Lordschaft weiß das der Götterfürst alles sieht? Wenn ihr euch nichts zukommen gelassen habt wird er eure Wege beschützen“
„Ihr könnt eine echte Plage sein, hat euch das schon jemand gesagt?“, fluchte der Herzog. Der Khenosgeweihte amüsierte sich nur.
„Kommt!“, befahl Duncan, „Wir wollen ihn empfangen.“

Golgariel stieg von seinem geliehen Ross ab und gab die Zügel einem Stallburschen in die Hand. Er sah sich beeindruckt um, angesichts einer so alten Feste. Die Burg war am Fuße des Gebirges erbaut worden. An einem kleinem Hügel der den Namen Berg nicht verdiente wenn er auch ziemlich steil war und nur ein künstlicher Weg sicher hinauf führte. Die Zugbrücke stellte den einzigen Einlass innerhalb der Mauern dar, da vor den Toren eine natürliche Schlucht, nicht sehr breit, dafür aber tief und einem Flussbett gleichend lag. Zwei der Burgseiten wurden in den Berg eingearbeitet. Die anderen umgab eine hohe Steinmauer. Hinzukam das die Seite parallel vom Berg steil hinunterging und die Burg uneinnehmbar machte.
Die Festung bestand also aus mehreren Gebäuden die aus natürlichem Gestein und künstlich zu Quadern geschnittenem Blöcken die mit Efeu überwuchert wurden. Eine große Flagge mit dem Wappen des Herzogs, in der unteren Hälfte ein weißer schlangenförmiger Drache im blauem Wasser, darüber ein blaues Schloss auf weißem Grund, wehte am, vorderem Wehrturm, der als Eckpunkt an der vorderen Seite und der Schlucht rechteckig errichtet worden war. Eine weitere Flagge hing am hohem Haupthaus, welches das Größte der Gebäude darstellte.
„Ja, ja. Das erinnert mich an Daheim. Wenn auch nicht ganz so strategisch vorteilhaft errichtet.“
Golgariel erschrak, als der Gaukler plötzlich hinter ihm erschien. Der Blonde Krieger gab sich zufrieden: „Neu Dragenfeld war mal ein wichtiger Vorposten. Meine Vorfahren haben den Feind zurückgehalten. Doch irgendwann änderten sich die Grenzen und nun sind wir nur noch eine einfache Provinz, die von den anderen Teilen des Reiches vergessen scheint“
„Nichts desto trotz, eine stabile Festung in die so schnell keiner eindringen wird.“, bestätigte Golgariel
„Nein, bestimmt nicht.“, eine fremde weiblich Stimme ertönte von Hinten. Die Anwesenden drehten sich um. Eine junge hübsche Frau, Anfang Zwanzig, mit rotem schulterlangem Haar und einem Falken auf der rechten Hand war erschienen.
„Junivera“, grüßte der blonde Krieger.
„Na Lord Laomenar? Haben wir Besuch?“
-„In der Tat. Darf ich vorstellen. Sir Golgariel, äh, und …“
„Dizius, der traurige Narr“, vervollständigte Dizius mit abgezogenem Hut und einer majestätischen Verbeugung bei der sein farbenarmer Flickenumhang flatterte.
„Es ist mir eine Ehre“, beteuerte die Falknerin, „Ihr habt recht. Sir Golgariel. Diese Festung ist uneinnehmbar. Weder die Ostländler vor 250 Jahren noch die Orken vor 100 haben jemals diese Festung gestürmt. Doch die Burg wurde nicht nur aus strategischen Gründen hier gebaut“
„Nein?“, fragte Dizius, „Welchen Grund hatten die Erbauer noch?“
-„Nun, eine Sage berichtet von einem Drachenhorst das hier im Gebierge liegen sollte. Morius der Junge, soll aufgebrochen sein um ihn zu töten doch er verstarb“
„Wie tragisch“, beteuerte Dizius
-„Seine Schwester Boudica schwor dem Drachen Rache. Dies ist die Stelle an dem Sie den Drachen erlag und dessen Blut die Erde tränkte. So wie das Blut ihres Bruders die Erde tränkte. Deswegen baute Boudica ihre Feste auf diesem historischem Platz, der sich mit der Zeit auch als strategisch Richtig erwies. Die Leute hier glauben daran, das Boudica immer noch über ihre Burg wacht. Besonders bei den Orkkriegen war das voraussetzend für den Sieg da nur …“
„Es reicht Junivera“, unterbrach Laomenar, „Mein Vater, der Herzog, kommt“
„Ich bitte um Verzeihung, Mylord“, unterwürfig verbeugte sie sich zunächst vor Laomenar und anschließend in Richtung des Herzogs und des Geistlichen, ehe sie sich davon machte.
Herzog Duncan Kornfalk aus dem Hause Elgurio, er kam einfach gekleidet wie es seiner Angewohnheit entsprach in einfachem langem Hemd mit weiten, ausgestopften Ärmeln in schwarz, das von einem schwarzen Ledergürtel an den Seiten zusammengehalten wurde und einer rotbraunen Pumphose die in seine Stiefel gebettet wurden. Darüber trug er noch einen dunkelroten Umhang der ihm bis zu den Knien reichte und ein schwarzes Barett mit roter Feder. Neben ihm der Geweihte des Sonnengottes in den üblichen rotgoldenen Trachten. Als die Beiden die Fremden erreichten nickte der Herzog begrüßend: „Seid mir Willkommen edler Ritter. Es ist mir eine ehre einen tapferen Mann wie ihr es seid unter meinem Hause beherbergen zu dürfen. Ich bin Herzog Duncan Kornfalk aus dem Hause Elgurio von Neu Dragenfeld.“, er deutete mit der rechten Hand auf den Geweihten, „Mein Hofpriester und Berater, seine Gnaden Praiodan Horisath. Meinen Sohn Laomenar kennt ihr bereits“
Golgariel und Dizius verbeugten sich. Golgariel sprach: „Es ist auch mir eine Ehre Mylord in eurem Hause Gast sein zu dürfen, während das Schicksal mich auf Reisen schickt. Dies ist mein treuer Begleiter Dizius“
„Der traurige Narr, Mylord“, Dizius kniete länger.
„Auch ihr seid mir willkommen Barde. Doch nur unter der Voraussetzung das ihr an meinem Hofe spielen werdet“, meinte Duncan freundlich in einem heiterem Ton.
„Gewiss werde ich dies. Doch alles zu seiner Zeit“
Praiodan stand aufrecht da, mit verschränkten Armen, ernst und mit vorurteilslosem Blick den Fremden gegenüber. Golgariel sah sich noch einmal auffallend, bewundernd in alle Richtungen um: „Ich muss gestehen von eurem Gut überwältigt zu sein. Es ist wirklich eine stolze Erhebung auf Sumus Leib“
Der Herzog, aus seiner beherrschten Verfassung gerissen, entgegnete ihm nur: „Ihr müsst erschöpft sein. Kommt zunächst hinein. Ich lasse euch eure Habe aufs Zimmer bringen. In der Zwischenzeit laß ich euch ein fürstliches Mahl richten. Ansehen könnt ihr euch die Festung nachher immer noch. Sie hat nun schon 284 Jahre hier gestanden und wird euch wohl so schnell nicht weglaufen.“,
„Nein natürlich nicht. Ihr habt recht. Doch mit dem Mahl müssen wir euch leider enttäuschen. Wir sind bereits gesättigt“, lehnte Golgariel ab
„Nun, dann kommt auf eure Gemächer und ruht euch aus. Nachher möchte ich mir gerne eure Geschichte anhören“


„Wonach suchen wir denn?“, fragte Serenja
„Ich weiß es nicht! Irgendetwas, dass uns weiterhilft. Wir müssen in Erfahrung bringen was dies letzte Nacht war“, Irion schlug mit einem ellenlangen Stock, wie mit einem Schwert, gegen Buschwerk und tiefhängende Äste. Auch er weckte den Eindruck der Suche leid zu sein. Einzig Jagotin, der sich stillschweigend durch den, vom gestrigem Regen, morastigen Boden durchkämpfte mit aufmerksamen Blick um sich herum.
-„Können wir nicht einfach bis heute Abend warten und uns in der Taverne umhören?“
„Sicher“, bestätigte Irion, „aber erst am Abend. Bis dahin streifen wir noch ein wenig durch die Wildnis. Abgesehen davon, sollten wir nicht zu direkt sein. Womöglich wissen die Bauern nicht mal was davon. Dann sollten wir sie auch nicht erst versuchen aufzuhetzen“
-„Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.“, gestand Serenja, „Aber müssten wir sie dann nicht erst recht in Kenntnis setzen?“
„Mit welchem Erfolg?“
-„Das sie sich schützen!“
„Wie? … Nein, das hätte kaum Wirkung. Die Menschen hätten bloß Angst. Sich schützen könnten sie nicht.“
Serenja gab nach. Sie sah ein das es nutzlos wäre. Dennoch hoffte sie das die Dorfbewohner ihnen durchaus weiterhelfen könnten, wenn sie hier nichts fänden. Und allen Anschein nach würde es darauf hinauslaufen.
Irion schlug mit seinem Stock gegen einige hohen Gräser um durchzukommen. Momentan breitete sich wieder Schweigen unter den Gefährten aus, ehe Irion diese durchbrach: „Und du Jagotin?“
Der hünenhafte Norbarde sah zu Irion: „Was meinst du?“
-„Was denkst du über die Sache?“
„Wie du schon sagtest. Hysterie im Dorf hilft uns nicht weiter.“
„Und was machen wir wenn wir nichts finden?“, warf Serenja ein
„Dann suchen wir eben weiter. Zur Not lagern wir eine Nacht im Wald. Da finden wir das Ding sicherlich“, schlug der Glücksritter vor
„Oder es uns!“, korrigierte Serenja spöttisch, „Einmal hatten wir das Glück zu entkommen. Wir sollten unser Glück nicht unnötig herausfordern“
„Hast du etwa Angst?“, verdächtigte Irion breit grinsend
„Nein!“, wehrte Serenja ab, „Ich sage nur, wir sollten uns nicht in die Höhle des Löwen begeben ehe wir nicht wissen wie der Löwe zu zähmen ist!“
-„Ach so ist das also! Und ich befürchtete schon das unsere große Kriegerin etwa Angst hätte“
Serenja sah von ihm weg. Wahrscheinlich um ihren Blick, der Irion galt, vor diesem zu verbergen, den wenn Blicke töten könnten . . .
Der Wald lichtete sich. Immer jüngere Bäume mit größerem Abstand zueinander prägten die Gestalt der Gegend und ermöglichten vermehrt kleineren Pflanzen, die noch im Herbst gedeihen konnten, Fuß zu fassen, in diesem gut belichtetem Abschnitt bis sich irgendwann eine klare Lichtung vor den Helden offenbarte. Ein idealer Ort für eine Raststätte, da kein lichtes Astwerk seine aufgenommenen Himmelstränen tropfenweise über die Häupter der Suchenden ergoß. Der Boden mag zwar vom Regen stärker aufgeschwemmt sein als es im Wald mit seinem undichtem Dach und rotgoldenem Blätterteppich der Fall war, doch zahlreiche alte Mauersektionen aus Stein, von denen die meisten nur noch kniehoch Zeugnis vergangener Pracht und mehrere kleinere Gebäude oder gar einen riesigen Komplex erhalten blieben, jedoch vergeblich von Mutter Natur versucht mit Kletterpflanzen und Moosen ihrem Antlitz anzupassen, gute Sitzmöglichkeiten für eine Rast boten.
Irion streckte, sich setzte sein Gesäß halb auf eine Mauersanktion und kramte in seiner Tasche nach Essbarem. Auch Jagotin machte keine Anstalten sich in der nähe der alten Mauerreste gemütlich zu machen und seinen weltlichen Hunger zu stillen. Einzig die junge Soldatin schenkte der alten Stätte Beachtung. Trotz Erschöpfung entschloss sie sich durch den schwer begehbaren Schlamm zu kämpfen und die Ruinen genauer zu studieren und in der Tat, hier lebten vor geraumer Zeit Menschen…

„Herrlich!“, Dizius warf sich auf das sanfte, mit Federn gestopfte Bett und verharrte mit zur Decke gerichtetem Blick, „Es tut gut wieder in einem richtigem Bett schlafen zu dürfen.“. Er war allein. Das Zimmer war gut eingerichtet, die tristen Steinwände wurden durch helles Holz an den Möbeln, welche sich aus einem Bett, einem Tisch, Zwei Stühlen und einem Schrank zusammensetzten, sowie einem rotem Wandteppich dessen warme Farben den Raum erfreuten. Es handelte sich um ein Zimmer im gang, höhere Etage, weswegen man einen schönen Ausblick durch das gotische, scheibenlose Fenster auf das Hofleben erwerben konnte. Doch das beschäftigte den Gaukler nicht, der weit ausgestreckt in seiner Reisekleidung auf dem Bett lag, seinen Augen Ruhe gönnte und im Flüsterton Ansätze neuer Balladen spann.
Anders der Krieger. In seinem Zimmer, ähnlich eingerichtet wie das seines Reisegefährten, stand er mit geradem Rücken, die Hände auf den Fenstersims legend, studierte er das muntere Treiben auf dem Hof, wo junge Burschen mit gerade mal etwas Flaum im Gesicht simple Holzschwerter und Schilde im Kampf gegeneinander führten. Das dumpfe Geräusch von Holz auf Holz, sowie das laute Schreien eines älteren Mannes mit ergrautem Vollbart und einem Kettenhemd gekleidet, der die jungen Rekruten antrieb, drang bis Golgariels Ohr.
Bei den Stallungen versorgten Knechte, meist Jungen im Alter von etwa acht Jahren die Pferde und hin und wieder schritt eine Magd durch den Hof, Wäsche tragend oder kleine Kisten und Behälter schleppend.
Unweit davon stand der Herzog und dessen Sohn dicht beieinander und tauschten gemeinsam Worte aus die ihrem Beobachter fern blieben.

„Ich habe bereits Befehl gegeben Vater. Gleich nachdem mir ein Bauer von dessen Ankunft kund tat“
-„Gut, gut. Sorg dafür das er weiterhin sieht was er sehen soll. Er fängt schon an herumzuschnüffeln, kaum das er da ist!“
„Es war doch nur ein harmloser Kommentar, Vater“
-„Nur ein harmloser Kommentar? Du scherzt mein Sohn. Lern zwischen den Zeilen zu lesen!“
„Woher soll er den etwas wissen?“
-„Woher? Woher? Was weiß ich woher! Der Zar schickt ihn! Und der weiß bestimmt von Reisenden die hier durchkommen. Glaubst du diese Leute sind blöd? Vor allem der Harlekin! Ein idealer Schnüffler. Kann sich ohne Schwierigkeiten in der gesamten Feste bewegen. Selbst bei den Mägden und Knechten kann er sich umhören und wenn nur einer ein Wort verliert, dann sind wir ausgeliefert!“
„Ich werde mich darum kümmern, Vater!“

„Glaubt ihr diese Stätte hat was mit dem Ereignis letzter Nacht zu tun?“, fragte Serenja nachdem sie ein Stück frischen Brotes heruntergeschluckt hatte.
„Möglich“, unterstützte sie Irion, „was hier mal war?“
„Ein Dorf“, antwortete Jagotin der nach seinem Mahl sich ebenfalls ein wenig umsehen war und nun etwas in der Hand hielt. Weiter hinten auf der Lichtung hockte ein Kaninchen Gras zupfend. Jagotin setzte fort: „Ein narithisches Dorf, wie ich aus den Überresten schließen kann“
-„Wer waren die Narithen?“, fragte Serenja
„Eine kleine Volksgruppe aus der Gegend. Eigentlich Norbarden, hatten nur ihre eigene Philosophie zu leben. Eines in dem wir uns unterschieden war das sie sesshaft wurden und schlichten Steinhäuser errichteten.“
-„Hm? Und was ist mit ihnen passiert?“, bohrte die junge Soldatin
„Ein ausgestorbenes Volk. Seit den Orkkriegen sind sie entweder zu den alten Sitten zurückgekehrt oder verschmolzen mit der übrigen Bevölkerung.“
„Und das sagen dir ein paar alte Mauerreste, Jagotin?“, entgegnete Irion ironisch während er ein Bein an einer Mauersektion stützte und zum Boden sah.
„Nein, aber das hier“, Jagotin hob eine kaputte Tonschale hervor auf dem eine große Fischfigur eingearbeitet war.
„Fische waren ein wichtiges Symbol der Narithen. Den niederlassen konnten sie sich nur wo ausreichend Wasser vorhanden war. Ihren Namen haben sie auch nach dem alten Gott des Wassers Narith, den sie am meisten huldigten erhalten.“
„In wie fern hat das etwas mit diesem Geisterwesen zu tun?“, fragte Serenja
„Ich weiß es nicht“, gestand der Norbarde
„Es hat gegossen wie aus Kübeln“, stellte Irion spöttisch fest.
Ein Falke versenkte seine Krallen in einem plötzlichem Sturzflug in den Rücken des ahnungslosen Kaninchens und hob sich wieder in die Lüfte empor, die Beute blutend am Boden liegen lassend.
Die drei sahen sich verwundert um, während der Falke unweit auf den behandschuhten Arm einer jungen, rothaarigen Frau landete, die plötzlich zwischen zwei Bäumen an der Grenzlinie zwischen Lichtung und Wald erschienen war.
„Wer ist da!“, Serenja zog mahnend ihr Schwert, die Spitze der fremde Person entgegenhaltend, „Antwortet!“
Die Fremde strich gelassen mit dem Handrücken der rechten Hand über das dunkelbraune Federkleid des Falken: „Ruhig, ruhig! Es herrscht keine Gefahr. Eigentlich müsste ich euch diese Frage stellen. Ich kann mich nicht entsinnen eure Gesichter jemals zuvor gesehen zu haben.“
Verunsichert senkte die junge Kriegerin ihren Waffenarm, doch Irion beharrte auf eine Antwort:
„Wir haben zuerst gefragt“
Amüsiert verzog sie ihren Mundwinkel: „Junivera Lexaji, des Boronen Falknerin“. Die arme ausstreckend beim spöttischem Verbeugen doch weiterhin auf ihren Vogel achtend, das das arme, durch eine Ledermaske das Sehen beraubte, Tier nicht das Gleichgewicht verlor und vom sicherem Arm stürzte.
„Und nun wärt ihr an der Reihe“
„Mein Name ist Irion. Das hier sind meine Reisegefährten; Serenja, eine ehemalige Soldatin des Zaren, und Jagotin Strogow, selbsternannter Orkjäger“
Jagotin der mit verschränkten Armen und einem grimmigen Blick, seit ihre Runde erweitert wurde, dastand, nickte kurz beim Aufrufen seines Namens.
„Freut mich. Und was führt euch hierher? Normalerweise verlassen Reisende nicht die Straße auf ihrem Weg.“
Verlegen sahen sich die drei einander an, unwissend die richtige Antwort auf den Wissensdurst der Falknerin
„Wir wart…en auf unsere übrigen Reisegefährten…“ fing Serenja an und wurde kaum das sie aus Verunsicherung ins Stocken geriet von Irion abgelöst:
„von welchen wir dummerweise getrennt wurden. Und da wir … im Dorfe nichts intelligentes zu tun hatten gingen wir ein wenig in den Wald bis wir diese Mauerreste fanden“
„Verstehe…“, entgegnete Junivera, die mittlerweile näher getreten ist und sich ebenfalls zur Hälfte mit ihrem Gesäß auf die feuchte Mauersektion setzte und mit ihren Fingern spielend durchs Gefieder ihres Falken strich.
„Ein schönes Tier habt ihr da“, stellte Irion fest der sich neben sie gesetzt hatte, „Wie heißt er“
„Es ist eine Sie, und sie heißt Valaria, benannt nach einer alten Königin die angeblich mit Vögeln sprechen konnte“
„Ein schönes Tier, darf ich es auch mal streicheln?“
Junivera nickte und führte ihren linken Arm auf dem der Vogel saß näher zum Abenteurer der sich dessen erfreute. Serenja aber bis die Zähne zusammen und beobachtete sorgfältig Irions Annäherungsversuche an der fremde Frau, doch ehe sie dazu gekommen wäre etwas unüberlegtes zu tun, durchbrach Jagotin die Stille: „Kommt ihr öfters hierher oder war es bloß Zufall das wir uns hier trafen“
-„Ich bin häufig hier, besonders im Frühling und Sommer. Da stelle ich meine Käfige auf diesen Platz auf um mehrere trainieren zu können ohne ständig in die Festung zurück zu müssen. Davon abgesehen habe ich hier meine Ruhe“
„Ja es ist wahrhaft idyllisch hier“, stimmte Jagotin zu, „Wisst ihr vielleicht wann dieses Dorf aufgegeben wurde?“
Junivera zögerte, Serenja die sich von den beiden abgewandt hatte um ihren Blick über die von Gräsern zugedeckte Landschaft gleiten zu lassen, schenkte nun aus dem Augenwinkel der anmutigen Falknerin mehr Beachtung um festzustellen wie diese vorm Sprechen den Mundwinkel hob: „Es ist nun schon länger her. Vielleicht hundert Jahre oder auch mehr. Damals, müsst ihr wissen, zogen die Orks in großen Gruppierungen wieder durch die Lande.“
„Ich wußte es doch!“, Jagotin stampfte auf und sah abgewendet von den anderen zum Himmel hinauf, „Diese verdammten Schwarzpelze! Rattenbrut!“
„Redet weiter“, bat Irion der vom Vogel abgelassen hatte und die Arme nun bei sich behielt. Irritiert von dem Gefühlsausbruch des kräftigen, großgewachsenen Norbarden setzte sie fort: „Damals waren die Truppen der Festung stark unterbesetzt als das sie den Orkhorden hätten die Stirn bieten können. Sonst wäre sicher alles anders gekommen.“
„Anders gekommen? Sprecht was ist den geschehen.“
Junivera schluckte. Es war ihr anzusehen das das Thema für sie unangenehm war: „Nun, der Burg unterstanden zwei Dörfer. Das damalige Drachenfeld, heute Dragenfeld und dieses Dorf. Doch die Burg bot nicht genügen Proviant und Verpflegung um alle unterbringen zu können. Man war sich bewusst nur ein Dorf wirklich retten zu können. Tatsache das hier Narithen lebten und diese Volksgruppe hier kein großes Ansehen genoß war die Entscheidung schnell gefallen.“
„Man hatte sie den Orken geopfert?“, betonte Jagotin
„Das ist richtig, ja.“, wiederholte die Heimische.

Dizius lag auf dem Bett in seinem Zimmer bis er feststellte das er so gut wie nichts mehr von dem, was auf den Pergamentblättern stand, richtig lesen konnte. Dies war kein Wunder, hatte sich doch mittlerweile die Sonne hinterm Horizont versteckt und der Dunkelheit allmählich Platz geschaffen. Verkrampft richtete er sich in eine Sitzhaltung um sich zufrieden zu strecken. Die Ergebnisse seiner Arbeit beflügelten sein Gemüt, nicht nur das er an einigen alten Stellen, welche nicht ganz seiner Zufriedenheit entsprachen, Verbesserungen vornahm, nein, er schaffte sogar einen Großteil des neuen Aktes an dem er die letzten Tage hängen blieb. Vorsichtig sortierte er die Blätter und steckte sie in die dafür vorgesehene Ledermappe, die sein letztes Erinnerungsstück der Theaterhochschule war an welcher er zwei Semester lang studieren durfte, bis das Geld in seiner Familie knapp wurde und er gezwungen war dieses abzubrechen.
Die Ledermappe in seiner Tasche gut verstaut, machte er sich daran frische Sachen anzuziehen. Eine schwarze Lederhose mit Schnallen, sowie ein dunkles Seidenhemd welches mit arkanen Symbolen geziert wurde, sollte diesem Abend dem Stande angemessen sein. Darüber warf er sich noch einen nachtblauen Umhang auf welchem der Sternenhimmel sorgsam geflickt wurde und selbst die Sternbilder miteinander verbunden waren. Zur Krönung setzte er seinen alltäglichen Hut auf und zog seine Schnabelschuhe an. Seine übliche Reisegewandung hingegen dürfte er bis Morgen gewaschen und gebügelt wiederhaben. Er zupfte sich an seinem langen Kinnbart, dessen eine Hälfte weiß gefärbt war, während er überlegte ob er seine Maske aufziehen sollte. Den Gedanken verwerfend steckte er sich lediglich seine kostbare Querflöte sowie Pfeife und Tabaktui in die Umhangtaschen ein und verlaß den Raum.
Im, von Fackelschein erhelltem, Gang erblickte er nur wenige Meter vor sich seinen Reisegefährten welche er schnell zurief und dieser an ihn gewannt wartete bis der Gaukler ihn einholte.
Auch Golgariel wurde sein Kettenhemd und der Lederküras zu schwer und tauschte es für diesen Abend gegen ein langes Hemd das an den Hüften von einem zeigefingerbreitem Ledergürtel gehalten wurde sowie eine einfache Lederhose die in kniehohe Stiefel gesteck waren.
„Abend, mein Freund“
„Abend Dizius. Habt ihr euch auch ausgeruht?“
„Könnte man so sagen. Ich wurde von der Muse umarmt.“
Der Krieger lächelte: „Nun, ich holte den Schlaf nach, der mir lange Zeit verweigert wurde.“ Er senkte seine Stimme: „Doch fühlt ihr euch auch gestärkt genug um heute Nacht Nachforschungen anzustellen?“
„Nachforschungen?…“ ehe er seinen Satz beenden konnte hörte er schwere Schritte und Gerassel von Ketten lauter werden. Er wies den Krieger sich ihm näher zu beugen und flüsterte ihm: „Heut Nacht? Wir sollten unseren Gastgeber erstmals unseren Dank beim Essen aussprechen und nicht gleich in der ersten Nacht um einen Nachtspaziergang… Abend Lord Laomenar“
„Abend Meister Dizius, und auch euch Sir Golgariel“
Der Krieger verbeugte sich vor dem Herzogssohn, der es ihm nur wenige Wimpernschläge später nachtat.
„Nun, ich dachte mir ihr würdet euch vielleicht verlaufen, darf ich euch ins Bankettsaal bringen“
„Ich bitte darum“, antwortete der dunkelhaarige Krieger.
„Nun, folgt mir“
Des Herzogs Sohn führte die beiden Gäste durch die von Steinbögen unterbrochenen weitverzwickten Gängen, welch ein den Stein gehauen oder aus gleichgroßen Quadern errichtet waren. Die Sonne streichelte das Firmament, tauchte dies in ein samtenes Schwarz wie das Loch eines Grabes, in das sie unterzutauchen gedachte, sich vor der Welt versteckend und legte einen grauen Totenschleier über den einst so schönen blauem Himmel mit dem das Farbenspiel des Tages immer mehr getrübt wurde.
Vereinzelt liefen Diener in den farbenarmen Trachten des Dorfes umher, die Fackeln an den Wänden zu entzünden, doch das noch verbliebene Licht reichte aus auch ohne künstliche Beleuchtung etwas sehen zu können, noch!

Schwungvoll öffnete sich die große Flügeltür, die den Bankettsaal vom Gang trennte und herein kamen zwei Krieger und ein Gaukler.
Der Saal unterschied sich vom Rest der Burg nur in seiner verspielten Detailliebe in den Wandreliefen und – Figuren, sowie in der prachtvollen Ausstattung an Teppichen, Gobellins, Ahnenportraits sowie einzigartige Waffen ihrer Art protzend an die Wand gehängt.
Spitzbogige Fenster mit Eisengitter, zwischen denen farbiges Glas Drachen und Drachentöter huldigten.
Unweit davor ein langgezogener, mit weißer Tischdecke verkleideter Tisch gefüllt mir schmackhaftesten Lebensmitteln, die das Land preis gab. Gedeckt war für bestimmt zehn Personen, obwohl sich nur Fünfe daran erfreuen mochten. Dizius, und sein Begleiter. Des Herzog und dessen Sohn, sowie der Priester Praiodan Horisath.
Der Herzog, den Weinkelch aus der Hand legend, stand offenarmig auf die Gäste zugehend um sie zu empfangen. Der Priester hingegen begnügte sich damit nur aufzustellen.
„Einen guten Abend, wünsche ich. Ich hoffe ihr seid zu Kräften gekommen“
Golgariel verbeugte sich zuerst: „Oh ja, Mylord. Wir haben geruht. Wir haben so gut geruht das wir uns darüber Gedanken machen wie wir die Nacht überstehen sollen“
Der Herzog fing gezwungen aber überzeugend an zu lachen. Er durchschaute die Absicht die sich hinter dieser harmlos wirkenden Aussage verbarg und konterte: „Nun, deshalb seid ihr hier, ich werde schon Sorge tragen das ihr euch an diesem Abend nicht nur amüsiert, sondern auch euer Körper ermüdet. Aber nun setzt euch. Ihr habt sicher Hunger“
„Das schon, Wir hatten nur eine kalte Mahlzeit am Tag und das zu ungünstiger Stunde“, gestand Dizius.
„Dann esst. Nachher wollen wir eurer Minne lauschen“
„Nichts lieber als das“
Der Geweihte vollführte eine kreisförmige Bewegen mit seinen Händen ehe er sie in eine Bethaltung brachte als Zeichen der Verständigung. Die Begrüßten taten es ihm gleich.
„Möge Khenos über euer Schicksal wachen“
Er nahm Platz und füllte seinen Weinkelch auf: „Erzählt, woher kommt ihr her? Was sind eure Reiseabsichten?“
Dizius der noch nichts im Mund hatte gab als Erster Antwort: „Einst war ich der Hofnarr und Ratgeber des Baronen Albin Helmjew aus dem Hause Bjornar von Pjerow, ehe die Götter Schatten über ihn legten. Nun ziehe ich durch die Lande sammle Spenden für einen Befreiungsversuch seiner Tochter.“
„Eine noble Quest“, stellte Praiodan fest
„Sie sind mir ans Herz gewachsen. Der Grund meiner Einstellung. Ich war ihr Seelsorger und Lehrer“
Der Herzog, seinen Bissen schluckend: „Ihr scheint mir in vielen Geisteskünsten bewandert zu sein. So viele Berufungen? Spielmann, Ratgeber, Lehrer. Seelsorger!“
„Es wart nicht meine Absicht Gaukler zu werden. Es ergab sich der Not heraus. Einst studierte ich an der Universität zu Norburg Schauspielkunst und Literatur“
Der Herzog, einen Weinkelch an seine Lippen haltend, verschluckte sich beinah. Was dachte sich dieser Haleking bloß? Dachte Duncan frustriert nach: Legt einfach offen das er in den Kunst des Blenders unterrichtet worden zu sein. Wie ein Kartenspieler der seine beste Karte vor den Augen aller in die Mitte warf und hoffte sein Deck noch übertreffen zu können. Es ärgerte ihn sehr, wie er mit ihnen spielte, wie er provozierte, wie er nur darauf wartete das jemand ein falsches Wort aussprach. Der Herzog setzte talentiert eine unbekümmerte Miene als ob nichts wäre. Ganz gleich was dieser Schelm vor hatte, er würde mitspielen, mitspielen und Gewinnen.
„Eine bewegende Geschichte, werter Dizius. Das arme Kind. Stimmt ihr mir zu Herzog Duncan?“
Aus seinem Träumereien gerissen: „Bitte?“
„Na das Mädchen? Zusehend wie ihr Vater enthauptet wurde und dann noch gegen ihren Willen weggebracht in ein Land, in dem die Götter verband wurden.“
„Ja ja, Natürlich. Tragisch Tragisch“
„Ich werde im Tempel für sie ein Gebet sprechen, sie möge unversehrt sein, und das wichtigste; Rein im Geiste“
„Habt dank euer Gnaden“
„Und ihr, Sir…“, Praiodan warf dem Krieger einen spitzen Blick zu
„… Oh, nein, nein! Ihr dürft mich nicht Sir nennen. Das wäre nicht richtig.“
„Nicht richtig? Ihr seid doch…“
„Ein einfacher Krieger bürgerlicher Abstammung. Das wohl“
„Ja natürlich“, der Geweihte aß einen Happen, „Und wo kommt ihr her?“
„Aus der Gegend von …“
… so so ein bürgerlicher? Dachte sich der Baron. Der Zar schickt mir einen Bürgerlichen Krieger um mich zu entlarven. Will er mich so nur mehr demütigen? Oder lügt er das sich die Balken biegen? Will er mich genauso provozieren wie der Harleking? Natürlich, was sollte er sonst damit bezwecken. Die beiden sind keine Amateure! Denk dran: Spiel ihr Spielchen mit.
„… und seid dem habe ich mir geschworen Dizius auf seiner Quest zu unterstützen. Seinen ersten Krieger hat er“
„Ebenfalls eine sehr noble Aufgabe“, bemerkte der Geweihte, „Ein Gaukler der die Tochter seines Herren retten will und ein Krieger der ihm zur Seite steht. Und ihr kamt nun zufällig durch unsere Gegend auf dem Weg in die Schwarzen Lande?“
„So ist es.“
„Reist ihr morgen schon wieder ab?“
„Nun,“, gestand Dizius fragend zu seinem Begleiter guckend, „wir hatten uns vorgenommen in diesem Dorf eine kleine Rast zu machen um wieder zu Kräften zu kommen“
„Ich hoffe wir bereiten ihnen keine Umstände. Ebenso können wir natürlich auch in der Dorfherberge nächtigen, wie wir es ja ursprünglich vor hatten, ehe wir die großzügige Einladung emfpingen“
„Nein es macht natürlich keine Umstände, nicht war Mylord?“
„Natürlich nicht“, wie sie ihn verspotteten! Zufällig hier her? Ausgerechnet hier eine Rast? Pah! Kein Wort glaube ich euch. Ihr seid der verlängerte Arm des Zaren! Das seid ihr! Jawohl! Dachte sich der Herzog, während er mühevoll an einem Stück Wildschweinfleisch schnitt und ihn sich zum Mund führte.
„Ich sehe ihr habt gegessen, werter Barde“, ist dem schweigsamen Laomenar, der die ganze Situation beobachtete, aufgefallen, „Ihr wolltet doch für uns spielen?“
„Natürlich. Ich habe aber nur meine kostbare Flöte hier. Meine Laute musste ich zurücklassen“
„Das macht nichts. Wir werden euch eine bringen lassen. Solange spielt uns auf eurer Flöte vor“
Dizius nahm seine silberne Querflöte und spielte die Sage des Grothwild Ehphramsohn, der der Legende nach vor der Kriegsgöttin in Ungnade gefallen war und nun auszog einen Drachen zu bezwingen um sich Ehre vor seiner Göttin wieder herzustellen. Leider, konnte man die lyrische Sage mit einer Flöte nicht singen, doch die zunächst leise und langsame Melodie welche sich langsam steigerte und zu einem donnern hoher Töne endet um wieder zu verstummen ehe nach wenigen Sekunden Ruhe, die Melodie in eine hektische mit ständig wechselnden auf und ab Tönen die sich zu einem Höhepunkt zuspitzte, abfallend und nachträglich langsame, tiefe Töne die Spannung erzeugten ehe wieder ein Höhepunkt einsetzte auch so die Handlung vom Jäger der durch die Lande pirscht, sich dem Drachen stellt, einem Kampf auf Leben und Tod stellt, vom Drachen tödlich verwundet ehe er einen letzten Streich vollführt mit dem er den Drachen mit in den schwarzen Abgrund mitnimmt, vorstellen lässt.
Am Ende des Stückes angelangt klatschten seine Zuhörer Beifall.
„Das war Wundervoll, werter Dizius. Spielt uns noch mehr vor“, verlangte der junge blonde Krieger
„Nur mit der Ruhe“, der Musikus nippte an einem Glas mit kaltem Wasser, „Meiner Kehle bedarf es erst ein wenig Ruhe und Nässe, ehe sie wieder Luft durch dies hier blasen kann“
„Ihr sagtet ihr spielt auch Laute?“, ersann sich der Geweihte
„ja“
„Spielt uns etwas darauf? Wir stellen euch selbstverständlich eine zur Verfügung“
Ein einfaches Handzeichen zu einem Diener, und es dauerte nicht lange da der verarmte Hofnarr wieder eine Laute unter den Händen fühlen durfte.
„Ein wundervolles Instrument!“, sogleich zupfte er die ersten Seiten, langte mit der Linken an den Gitarrenhals, mit drei Fingern je einen Bund und strich alsbald mit der ganzen Hand über das Schalloch.
„Ja, in der Tat“, meinte Golgariel, lauschend der Melodie, die bald jeder als „die Jungfrau von Olkhor“ identifizierte und leise mitsummte, mit Ausnahme des Herzogs, der die ganze Zeit verstummt, das Kinn hinter seinen am Holztisch stützenden Hände verbarg und seine Gäste ausdruckslos aus den Blickwinkel beobachtete, unauffällig.

Es war bereits zur später Stunde und alle beteiligten hatten ihre Reserven bei Tanz uns Spiel des heutigen Festessens verbraucht.
Wieder Richtung Dizius Quartier führte sie der Gastgeber durch einen dunklen Gang. Der Tag wart zur Nacht und ein sterbender Mond kämpfte gegen schwarze Wolkenschleier während die Nachkälte vom totem Stein und Fels eingesaugt wurde wie ein Leichnam in einer Gruft gefangen gehalten. Einzig kleine Pechfackel an Wandhaltern spendeten dem Durchgehenden die Möglichkeit zur Orientierung, doch auch dieses bescheidene Licht konnte die Festung Dragenfelds bei Nacht nicht angenehmer gestalten. Dunkle lange Gänge, gelegentlich durch eine aufgestellte Ritterrüstung bewacht, erinnerte an ein Spukschloss, längst vergessener Bardenlieder. Lange Gobelins dokumentierten längst vergangene Schlachten und Drachen- wie Dämonenstatuen aus Stein, die sich auf Säulen, Wänden und außen in der nähe der spitz zulaufenden Fenster als stumme Diener krallten, belebt vom Lichtertanz des Feuers, beobachteten mit ihren grauenerregenden Fratzen jeden der zu fortgeschrittenerer Stunde in der Burg sein Unwesen trieb.
„Hier rein, werter Gaukler“, deutete der junge Ritter. Tiefe Schattenfurchen gruben sich in sein Gesicht und ließen ihn mit seinem schmalen Lächeln beängstigend aussehen.
„Die Tür weiter rechts wart euch zugestanden Sir Golgariel“
„Danke, Lord Laomenar. Aber bitte, laßt das Sir sein. Ich bin kein Ritter“
„Wie ihr meint, Golgariel. Angenehme Träume“
„Auch euch“, entgegnete Dizius
„Auch euch“, wiederholte Golgariel in seiner Tür verschwindend.
Laomenar Kornfalk aus dem Hause Elgurio stand mit verschränkten Armen noch eine weile stehen, auf die Tür der Gäste starrend, seinen Mundwinkel nach oben verzogen.

Der Himmel war getränkt in leuchtendem rot, einer eitrigen Wunde gleichend. Am Firmament, die goldene Scheibe, ein neuer Tag graute. Nein, es war keiner dieser Tage an denen der Gaukler frühzeitig Morpheus Arme verließ. Eingebettet in mollig, warme Decken fühlte er sich einem Küken im Ei gleichend, welches Blind seine schützende Schale nicht durchbrechen wollte. Erst ein regelmäßiges Klopfen an seiner Tür half ihm den Ringkampf mit dem Schlaf zu bestreiten. Noch zwischen den Welten taumelnd griff er sich mit beiden Händen an die dumpfe Stirn und rieb sich ein wenig wach. In der Zeit ließ das Klopfen nicht nach. Mit belästigendem Tonfall gab er seine Anwesenheit bekannt. Golgariel trat herein, sobald er hereingebeten worden war, und fand den halb aufgerichteten Gaukler, im langem Nachthemd und verzotteltem schwarzen Haar den Rücken hinunterfallend.
Euphorisch hob der Krieger in einfacher Kleidung seine Hand zum Gruße: „Guten Morgen!“
„Morgen“, war die schlichte Antwort eines Mannes mit schweren Augenlidern, „Wie späht haben wirs?“
„Kurz nach Sonnenaufgang“
„So früh?“, fuhr Dizius seinen Gefährten an.
Während er zur Antwort setzte ließ er die Holztür hinter sich zufallen: „Früh? Wir sind auf unseren Reisen schon wesentlich früher aufgestanden als nach dem Sonnenaufgang, mein Guter“
„Da lagen wir auch in Schlafsäcken auf schlammigen Boden bei Temperaturen um den Gefrierpunkt!“
„Mag sein“, entschuldigte sich Golgariel, „Aber wir haben heute noch viel vor, oder etwa nicht?“
Dizius war mittlerweile seiner warmen Eierschale entsprungen und legte sich seine Sachen zurecht. Eine aus schwarzen und weißen, gleichförmigen Flicken bestehende Flickenhose, und ein Leinenhem, dessen Muster dem Hemd vom Vortag glich:„Ja“
„Nun, und da sollten wir keine unnötige Zeit mit etwas so sinnlosem wie Schlafen vergeuden, nicht etwa?“, beendete der an die Wand gelehnte Krieger mit angewinkeltem Fuß und verschränkten Armen seinen Satz.
Das Hemd übergezogen, in seine Hose schlüpfend setzte er fort: „Am Ort des Geschehens fanden wir keine Anhaltspunkte“
„Das ist richtig“, unterbrach der Krieger besserwisserisch.
„Bleibt uns also das Dorf, die Schlossbewohner und die Chroniken“
„Richtig“, nickte der Krieger
„An den Chroniken würde ich mich gerne vergreifen“, gestand der Gaukler, „Werden sicherlich im Schloßtempel zu finden sein. Mit der Erlaubnis seiner Würden Praiodan, versteht sich. Das gemeine Volk werde ich wohl auch das ein oder andere Geheimnis entlocken können. Die Herrschaften überlasse ich euch. Die schienen von meinem Flötenspiel nicht sonderlich angetan gewesen zu sein. Zumindest der Herzog“
„Jetzt wo ihr es sagt. Da fällt mir ein. Diese Fremden, zumindest nehme ich an es seien Fremden, deren Pferd uns am Tatort zugelaufen ist.“
„Richtig!“, entsann sich der nach vorne gebückte Gaukler mit einem Kamm in der Hand, „das muss ja irgendwie dorthin gekommen sein. Somit müssen sie am Vorabend, wie wir auch, in der Nähe gewesen sein. Fragt sich nur auf welcher Seite sie stehen“
„Sicherlich nicht auf derer. Sonst wäre ihnen das Pferd nicht abhanden gekommen. Sicherlich begegneten sie auch einigen von denen und können uns mehr verraten. Wir sollten sie frühstmöglich aufsuchen ehe sie weiter reiten“
Dizius band sich die erste Haarsträhne mit einem Lederbändchen an dem ein Glöckchen hing zusammen. Fünf solcher Strähnen sollen es werden in das sein langes, dunkles Haar aufgeteilt werden wird, „In Ordnung. Gleich nach der Morgenmahlzeit zu der uns der Herzog sicherlich erwartet“. Noch eiligst seine Schnabelschuhe anziehend, eiligst die letzten Details an seiner Gewandung herrichtend schlug er vor, anzufangen.

Laomenar stand mit verschränkten Armen an einer Wand angelehnt, unweit der Gästequartiere. Seit ein Diener ihm berichtete das der Ritter die Gemächer seines Spielmannes aufsuchte wußte er Bescheid und kam um sie abzufangen und somit ihrer Gelegenheit herumzuschnüffeln zu berauben. Und er sollte nicht enttäuscht werden, den flüsternd auf leisen Sohlen waren sie überrascht unweit um eine Ecke den Herzogssohn empfangen zu dürfen.
„Den Göttern zum Gruße, meine Herren“, war seine schlichte Antwort, „Ich darf euch in den Bankettsaal führen?“
„Zum Gruße. Ihr dürft auch wenn wir sicherlich auch allein den Weg gefunden hätten.“, grinste Golgariel.

Laomenar öffnete die schwer beschlagene Tür zum Zimmer, in welchem der Herzog mit dem Geweihten beim Schachspielen saß. Der Herzogssohn verschränkte die Arme: „Vater? Kommt ihr zum Früstück?“
Der Herzog, mit dem Blick aufs Schachbrett gebannt, kraulte sich regungslos an seinem behaartem Kinn.
„Vater?“
„hä?“
„Das Essen. Mit dem Ri…“
„Den Läufer, Mylord!“, unterbrach Dizius.
„Der Läufer?“, Herzog Duncan hob eine Braue empor, während Dizius auf ihn zuging, sich neben ihn stellte und unaufgefordert die Figur bewegte. Der lässig sitzende Geweihte beugte sich nun interessiert zum Schlachtfeld, zögerte kurz und bewegte eine seiner Figuren.
„Und nun Barde?“
„Ihr erlaubt, Mylord?“
„Nur zu, es ist ja schon entschieden“
Dizius spielte seinen Zug aus. Praiodan, wirkte nun nachdenklich, die Königin schon in der Hand haltend entdeckte er die Falle und legte sie an ihren Platz zurück, dachte kurz nach, und bewegte stattdessen eine andere Figur mit dem er einen Turm des Herzogs vernichtete.
Ohne zögern nutze Dizius den frei gewordenen Weg für seinen Plan und spielte seinen Zug aus.
Der Geweihte, des Narren tödlichen Plan nicht durchschauend, wiegte sich nicht nur in falscher Sicherheit sondern auch noch in triumphaler Siegeslaune. Gelassen räumte er in seinem Spielzug Dizius einen Springer web. Seine nichtssagende Pokermiene nun abgeworfen nahm sich Dizius des Geweihten Königin und hatte den Weg fast frei zu dessen König!
Duncan beugte sich nun überrascht nach vorne, interessiert wie es wohl weitergehen möge.
„Vater?“, erinnerte Laomenar, das noch zwei weitere Menschen in diesem Raum sich befanden.
„Geht schon mal, wir spielen hier derzeit zu ende. Endlich ist der Sieg mein!“
„Nein, noch bin ich nicht geschlagen, Mylord“, sprach Praiodan, der seine Deckung wieder herstellte.
Laomenar, wendete sich zur Tür und zu Golgariel zurück und schloss hinter sich die Tür.

Serenja lag mit den Armen überm Kopf verschränkt in ihrem Zimmer. Der Morgen graute doch es kümmerte sie nicht. Andere Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Die Stirn in Falten gelegt, die Augenbrauen zueinander gezogen, die Augen glänzend als ob sie mit Tränen gefüllt wären.
Wer war diese Frau? Weshalb gab sie sich so mysteriös? Wieso musste sie sich so an Irion ranschmeißen? Ihretwegen waren sie noch nicht einmal rechtzeitig in der Taverne zurück um die Bauern bei einem gemütlichem Bier auszuhorchen. Viele Gedanken rannen sturmartig und zusammenhangslos durch ihren Kopf als es leise zu klopfen begann. Es klopfte noch drei weitere male nach einer Pause des gegenseitigem Schweigens, dann erst richtete sie sich stöhnend auf und ging zur Tür, während sie gleichzeitig in einem frustrierten und genervten Tonfall ein „Ja!“ von sich gab.
Heiterer Fröhlichkeit war in den Gesichtern ihrer beiden Gefährten gestampft die sich nun über Serenjas Gestalt anfingen zu wundern. Noch im Schlafrock gekleidet mit verzotteltem weißem Haar welches nach allen Seiten sich streckte, stand sie bewegungslos vor der Tür, ihre Freunde mit einem abwesenden Blick der in einer gähnenden Leere unter ging.
„Gehts dir nicht gut, Serenja?“, wagte es Jagotin besorgt zu Fragen.
-„Hast du dich etwa erkältet gestern Nacht?“
„Vielleicht hast du schlecht geschlafen? Wir hatten gestern Neumond. Ich habe gehört bei Neumond schlafen manche Menschen schlecht.“
„Quatsch!“, entgegnete Irion, „Du verwechselst da was. Das war Vollmond“
-„Auch bei Neumond gibt es Leute mit Schlaf…!“
„Wir hatten kein Neumond. Es war nur abneh…“
„Ruhe!“, holte Serenja die beiden in die Realität zurück, „Es würde mir wunderbar gehen wenn ihr beiden Trampel mich nicht so früh wecken würdet. Ich war vorhin noch beim Bankett mit König Morpheus in dessen Traumpalast, und jetzt bitte entschuldigt!“
Mit diesen Worten knallte die junge Kriegerin den beiden Männern die Tür vors Gesicht und ließ sich auf den Boden sinken, wo sie mit dem Rücken zur Tür da saß und sich die Schläfen rieb, während eine Träne still ihre Wange herunter floß.
„Welch Chaoten!“
„Was hat sie den? Es doch schon nach neun?“, überlegte Jagotin laut.
Irion sah ihn besserwisserisch von der Seite her an: „Na was wohl? Wenn du ihr mit deinem Neumond auf die Nerven gehst“
„Na und? Als ob du nicht deinen Teil dazu beigetragen hättest?“
-„Ich habe nur gefragt ob sie sich erkältet habe“
„Ach ist doch egal! Lass uns erst in die Schanke gehen, unseren leeren Mägen etwas guten tun, danach sehen wir weiter“
-„Guter Vorschlag, bis du fertig bist, ist sie sicherlich unten“
„Was war das jetzt?“
„naja, bei dem was du so alles in dich stopfen kannst?“
„Jungs!“, kam Serenja fertig angekleidet und gekämmt aus ihren Zimmer die Treppen herunter, „So da wäre ich“
„Fein!“, drückte Jagotin sie mit einem Arm an sich, dann können wir ja speisen und uns überlegen was wir heute machen.
„Naja, wir können alle unsere bisherigen Informationen nochmals durchgehen, vielleicht haben wir irgendwelche Zusammenhänge übersehen.“, meinte Serenja
„Guter Vorschlag“
„Wir könnten uns auch mal den Narothtempel ansehen“, schlug Irion vor
„Tempel ansehen, klingt gut“, wiederholte Jagotin.

Golgaroth ritt langsam die vom Regen umgegrabene Straße hinunter. Ein wenig mulmig war ihm schon wenn er den Hang hinunter sah, doch bisher ist keiner hier zu Tode gekommen, der nicht angetrunken war. So sagte man ihm wenigstens. Und davon abgesehen, war er ohnehin froh aus der Burg davon gekommen zu sein. Es hatte hohe Überredungskünste gebraucht Laomenar davon zu überzeugen allein in die Stadt zu gehen. Irgendwie klebte er an ihm wie eine Zecke. Was bezweckte er bloß?
Er verwarf den Gedanken wieder. Dafür war schließlich keine Zeit. Hier tummelten sich eine gestörte Sekte die Menschenopfer brachte und er musste sie finden und ihr Einhalt gebieten. Zur seiner Glücksgöttin betend das die drei Fremden noch zu Finden waren, ließ er das geliehene Reittier etwas schneller laufen. Sie waren gestern Nacht unterwegs, sie haben ein Pferd verloren. Sie mussten folglich etwas mitbekommen haben und er musste herausfinden was sie gesehen hatten. Vielleicht würde es sie weiterführen, denn wer weiß schon wie gesprächig der Herzog beim Schachspiel mit Dizius war. Vielleicht vermochte er ihm mit Geschick etwas vom Geheimnis dieser Burg zu entlocken. Er hoffte so.
Die Wolken hatte sich letzte Nacht ausgetobt. Nun waren sie mit ihrem Hirten weitergezogen. Der Himmel in ein sanftes blau getaucht, wie Pergament über dem eines Schreibers Tinte sich ergoß, war fast durchgehend in einer Farbe gefärbt. Nur vereinzelte kleine Schafe hatten den Anschluß zur Herde verloren und irrten nun am Himmel umher.
Freudig ritt Golgaroth um einen Hang der von einem in der Felswand wachsendem Baum, beschattet war und blickte auf die nun breitere und flachere Landschaft auf der ein Wald von Weinreben, wie Soldaten in Reih und Glied, gediehen.

„Leise! Du dummer Ochse“, mahnte Irion, der sich umsah ob jemand im Dorf mitgehört habe. Beruhigt sah er mahnend zu Jagotin. Sie durften beim besten Willen die Menschen nicht in Aufruhe versetzten.
„Ja, ja! Weiß schon“
„Da ist er schon“, deutete Irion und sah zu Serenja die hinter ihnen her trottete.
Das helle Gebäude war recht alt, und man konnte nicht behaupten es strahle in der Sonne. Der Zahn der Zeit hat zusätzlichen Schaden an den Reliefen angerichtet. Der ganze Tempel war ein langgezogener Quader mit flachem Dach der in den Fluss hinein gebaut worden war und mit Schilf umwuchert. Am Eingang, der trockenen Seite hingegen kletterte Efeu und wilder Wein an den Steinwänden und Säulen. Dennoch wirkte das größte Gebäude des Dorfes einladend aus.
Irion betrachtete die kunstvolle mit Motiven aus dem Buch des Wassers geschmückte Tür, ehe er die schwere Handklinke herunterdrückte und einen Spalt breit öffnete. Die Drei traten ein. Die Größe des Tempels erstaunte seine Besucher von ihnen noch um einiges mehr als von außen. Sehr geräumig, kaum Möbel, dafür zwei Säulenreihen, je eine rechts und links des Tempels, und trennten die Seitenschiffe vom großem Hauptschiff. Feuer brannte hier keines, dies wäre ein Sakrileg! Dafür fielen Lichtkegel durch kleine, runde Öffnungen an den Seitenschiffen von der Decke und den Wänden in unerreichbarer Höhe, die meist ein Gesicht mit offenem Maul darstellten. Überhaupt, waren die Wände geschmückt mir in Stein gehauenen Bildern, den Papier überstand diesen Tempel nicht lange. Bei jedem Regen, jedem Wolkenbruch, ergoß sich das Wasser, wie Wasserfälle die Wand entlang, ernährten hydrophile Kletterpflanzen und flossen in steinerne Auffangbecken die Schräge hinunter in den Fluss.
Der Boden des Tempels war ebenfalls eine Besonderheit, denn er verlief in einer leichten Neigung nach Unten in den offenen Fluss hinein und der Altar befand sich auf einem breitem Steinpodest erhöht, höher als der Eingang, am anderen Ende. Trockenen Fußes erreichte man diesen nicht, nicht mal bei Trockenzeiten. In Regnerischen Jahreszeiten hingegen wuchs der Wasserspiegel, aber das sollte hier niemanden stören der hier her kommt um zu beten.
Gegen die tristen Grautöne half ein Seerosenteppich um den Altar, weiße, blaue und grüne Stoffe kleideten Dauertrockene Stellen ein, importierte Korallen und Muscheln in allen Farben den Regenbogens und die verspielten Wasserspiegelung an der Decke weckten eine einladende Gemütlichkeit bei allen die dem Nass nicht abgeneigt sind.