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Autor: korridor

Erstellt am: 18.01.2006

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Sonntage



Geschrieben von:   korridor


Anmerkungen des Autors:
und noch was altes. dabei wirds aber auch bleiben.





Der Autor hat folgende Stimmungen f�r sein Werk angegeben:
belustigt
einsam
gelangweilt
genervt



"du hast noch nie was humorvolles geschrieben."
"stimmt, ich trau mich nicht."
"du?!"
da hatte er recht. dagegen musste ich was unternehmen, also humor.
erste frage: was ist humor?
ich denke an komedianten im fernsehen, an die witzseite in der zeitung, an
cartoons und an mein leben und alles andere, was einer gewissen comik nicht
entbehrt.
aha, also stellen wir erstmal fest: das leben ist NICHT komisch.wenn dann
höchstens tragisch-komisch und nicht als thematik zu gebrauchen.
daraus folgt: wir müssen was erfinden.
lustige situationen tuen ja meistens so, als seien sie im wahren leben
geschrieben worden.
so wie, "neulich als ich an der bushaltestelle stand, kam da ein polizist
vorbei..." oder
"als meine schwiegermutter mal wieder zu besuch kam..."
alles schon gehört, alles schon gesehn.
zweite frage: was sind die no-nos der komik?
langweiliges natürlich, is ja klar, in stories muss was passiern, da kann nicht
einfach jemand still in der bude hocken.
und sachen, die unter die gürtellinie gehen, wie etwa ein erdbeben in afrika, ein zugunglück oder ein vulkanausbruch.
dritte frage: wozu das eigentlich??!
ich will nix komisches schreiben, das ist nicht lustig.
ich schreibe lieber was dramatisches...das wird lustig.
es ist sonntag, wie an 2/14 jeder woche.
sonntage sind grässlich, sie fangen mit wohligem nichtstun an, steigern sich in gelangweiltes nichts tun und enden in gefrustetem nichtstun begleitet von dem unguten gefühl irgendwas verpasst zu haben.
an diesem sonntag war es allerdings besonders schlimm, denn während ich sonst die flucht nach draussen zu ergreifen suche, oder zumindest irgend jemand auf den gedanken kommt, mich anzurufen, war heute mein sprit leer, der himmel voller wolken und mein telefon besonders schweigsam.
ich saß also so rum und zählte die kleinen punkte an der decke. sie ließen sich nicht wirklich gut zählen, weil mindestens 3 davon noch lebten und ständig in andere ecken flogen.so verging der tag, und ich hoffte es würde einfach irgendwer mal anrufen, damit ich mir nicht mehr das
"so meine damen und herren das war der neue song von popgirl tralala der daheisst so und so und ich finde...." radio eben. scheusslich, was den leuten aus dem mund kommt, wenn sich in ihrem hirn ein vakuum gebildet hat.
da fällt mir ein, dass susi mal wieder anrufen könnte. wie kam ich jetzt gleich nochmal drauf? achso, vakuum. früher haben die leuten mythen weitererzählt, die davon handelten, wie jemand frösche spuckt oder bei seinem eigenen anblick zu stein erstarrt.
heute haben wir talkshows. gott sei dank sehe ich die nicht, mangels besitz eines fernsehers. bin abgeschnitten von realität und raumzeitkontinuum.
no news for me, mister. die welt könnte gerade untergehen und ich hätte kein rtl,sat,wdr,telenews dass mir davon die exclusivbilder ins haus trägt.
so siehst aus, ja, wahrscheinlich explodiert gerade irgendein vulkan, der ganz bayern in glühender lavasiffe versiechen lässt und ich krieg nix mit.
ich starre auf den vierten beweglichen punkt. war der vorhin schon da? Wieder was verpasst, hat jemand schon mal live gesehen, wie eine fliege aus reiner matrix entsteht?
ich wende den blick ab, der punkt ist noch da. naja, vielleicht sollte ich die brille mal putzen. es ist vier, noch ca 10 stunden, bis ich müde genug sein werde um einzuschlafen, ich überlege kurz, ob ich nicht ein paar schulbücher aus der ecke holen soll, und vielleicht sogar aufschlage..
aber so langweilig ist mir dann doch nicht.
stattdessen beginne ich die kleinen hubbel von der hässlichen rauhfasertapete zu popeln, begutachte mein werk nach zehn minuten und stelle fest,dass die stelle ohne hubbel auch nicht grade besser als der rest.
ich stelle eine theorie auf; du kannst sachen zwar verändern, dass heisst aber weder dass sie besser noch schlechter werden, nur halt anders.
jetzt komme ich in fahrt und stelle auch noch die theorie von dem vulkan auf, der genau dann explodieren wird, wenn ich dass nächste mal mein mathebuch öffnen werde. verdammt, ich hab nich mal alkohol im haus, mit alkohol funktioniert philosophieren immer gut.
Kaffee. 20 minuten später. kaffee getrunken. Na toll, jetzt bin ich wach. ich schaue mich um und mein blick fällt auf die gardinen, der gedanke,"müsste auch mal wieder gewaschen werden," taucht auf aber verschwindet schnell wieder, als ich sie zur seite schiebe und aus dem fenster in den grauen himmel schaue. DER müsste mal wieder gewaschen werden.
immernoch ruft niemand an. NIEMAND! hab ich denn keine freunde? was wäre wenn ich jetzt auf der seife ausrutschen würde und mir das genick bräche? wie lange würde ich dann hier liegen? habe keine seife mehr da, fällt mir ein. notiz an mich: nur noch duschgel kaufen!
moment mal, ein neuer gedanke schiebt sich vor die selbst erdachte todesanzeige
(wir liebten sie aber verloren sie an ihren drang sich zu waschen) und fragt; warum nicht selbst jemanden anrufen?
ich schaue auf die uhr, es ist 18,20. habe ich wirklich so lange gebraucht, um darauf zu kommen?
naja kein wunder, ich war ja auch die ganze zeit beschäftigt.
also...telefon. suchen. finden.
eine weitere stunde vergeht damit dass akkugerät aufzutreiben, denn natürlich ist mein akku längst leer.
deswegen auch keine anrufe. is doch logisch.
endlich geht das telefon wieder, meine liebste verbindung zur aussenwelt in
diesem moment.
keine anrufe in abwesenheit, keine kurzmitteilungen erhalten.
arrrggh
egal, ok, wen rufe ich an?
susi. eckhard. nils. thorsten. anrufbeantworter um anrufbeantworter hangele ich mich durch die liste.
naja, da wären noch meine eltern, und norman, mein ex. nein. so tief sinke ich nicht, da reicht mein stolz noch.
wie sähe das denn aus, bei den eltern deprimiert angekrochen zu kommen, weil man keine freunde hat?
ich sehe wieder aus dem fenster, endlich dunkel. gutes zeichen. auf der uhr ist es halb neun. schlechtes zeichen.
aber jetzt ist es mir auch egal. beruhigungstee muss her. warme socken,
einwabernde musik, dann kann sogar eine 18 jährige um halb neun schlafen gehen. "wie erbärmlich," denkt ein kleiner rest teil von mir. ich stimme zu, mach das aber jetzt trotzdem.
tatsächlich liege ich nur ca 130 weitere minuten wach, bis der schlaf doch über die langeweile siegt oder sich vielleicht mit ihr einigt.
als das telefon klingelt ist es halb elf und ich schnell am hörer. meine
schläfrigkeit ist wie weggeblasen.
"hallo?" plärre ich ins telefon und merke dass meine stimme sich so aufgeregt anhört wie früher, als weihnachten kurz vor der tür stand.
ich räusper mich und höre den anrufer seinen namen sagen, dann fragt er, "ist da helene?"
ich bin enttäuscht und nicht helene, überlege aber kurz ob ich mir den
umstand,dass er mich ja nicht sehen kann zu nutze machen soll und...aber nein. bin zu depressiv dafür. "nein, tut mir leid," sage ich mit grabesstimme und will auflegen in der gewissheit, dass dieser sonntag wohl bisher einer der schlechtesten seiner gattung war, da sagt der unbekannte schnell, "nein, bitte nicht auflegen. es ist mir auch egal, ob da helene ist, die ist wahrscheinlich eh nicht zu hause. sie war auch nur meine letzte reserve, meine ex.mein sonntag
war so schrecklich langweilig."
es gibt menschen, die die langeweile noch tiefer sinken lässt, als mich.