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Autor: Franklin M. Bekker

Erstellt am: 23.08.2003

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Strahlende Helden?!



Geschrieben von:   Franklin M. Bekker


Der Alarmspruch schlug an - schon wieder. Es gab ein Getöse, als knurrte einem Dutzend Halblingen gleichzeitig der Magen. Ich krümmte mich zusammen in meinem Lager, denn ich erwartete mehr peinigende Fußtritte von meinen Weggefährten. Sie tolerierten nicht, dass ich meinen neu erlernten Spruch nicht sofort unter Kontrolle hatte. Nein die Abenteurerwelt war ein hartes Pflaster. Nur Fehler die keine negativen Auswirkungen hatten, wurden toleriert. Einer Bande hartgesottener Recken, die viele erbitterte Kämpfe gesehen hat, ihren wohlverdienten Schlaf zu rauben, war kein solcher Fehler. Überall schon hatte ich Beulen und Blutergüsse. Mein ganzer Körper war übersäht mit solchen Blessuren. Diesmal bewahrte mich nur ein Flimmern in den Augenwinkeln Knuffelberts von Zarnekow vor weiteren Übergriffen. Schon standen Hulk der Halbork und Nel, die sadistische Mönchin, an meinem Lager. Bereit mich für alle Fehler, die ich jemals machen würde, zu bestrafen. Aber Knuffelbert gebot ihnen Einhalt, denn eine Bande hirnloser Goblins stürmte auf unser Lager zu. Und das war schließlich der Sinn meines Alarmspruchs... Uns vor solchen Feinden zu warnen. Ich grinste, denn gleich müssten sie mir anerkennend zunicken. Nichts! Die drei -Hulk, Nel und Knuffelbert- waren in die Nacht hinein gestürmt, den Goblins entgegen.
Alysca, die von dem Tumult wach geworden war, steckte ihren Kopf aus dem Zelt. Das Zelt aus dem man mich verbannt hatte, wegen eines Alarmspruchs, der schlussendlich doch seinen Zweck erfüllt hatte. Hinter ihr brubbelte etwas. Sie drehte ihren Kopf hinein, fragte: "Was willst du?"
In eben jenem Augenblick, als sie einen Tritt in den Hintern bekam und Kopf und Arme zuerst aus dem Zelt katapultiert wurde. Dann kam Rob der Kleriker herausgekrochen. "Du sollst mich mal raus lassen.", sagte er. Alysca stand auf. Sie hatte keine Zeit sich mit dem mürrischen Priester rumzuschlagen. Ein Glück für sie...
"Was ist denn da draußen los?" Rob schaute mich fragend an.
"Goblins.", erklärte ich.
Er rollte nur mit den Augen und griff dann hinter sich ins Zelt, aus dem er seine Rüstung hervor zog. "Hilf mir mal." Ich ging ihm dabei zur Hand das klappernde Metallteil anzulegen. Es war abgewetzt, nahezu zerschlissen, aber sicherlich noch immer sehr nützlich. Nützlich, wenn man mit Goblins, Orks oder anderen niederträchtigen Wesen kommuniziert, denn ihre Art zu kommunizieren belief sich meist darauf einem Schwerter in die Rippen zu stoßen. Unterdessen hatte Alysca etwas Licht in den Kampf gebracht, der sich ungefähr dreißig Meter von unserem Lager entfernt abspielte. Nicht nur das magische Flutlicht, das jetzt über dem Schlagabtausch thronte, war einen Blick wert. Auch der waghalsige Angriff, dem sich die Goblins ausgesetzt sahen, versetzte mich in Entzücken. Ohne zu zögern rannten meine drei Weggefährten dem Feind in die offenen Arme. Mit Kampfgeschrei und Todesmut, als hätten sie nichts zu verlieren. Unterdessen hatten die Goblins ihren Ansturm abgebrochen. Sie waren verwirrt und verstanden es nicht. Sie verstanden nicht die immense Sicherheit mit der diese drei über sie herfielen. In der Tat standen sie nicht gerade sonderlich mächtigen Kämpfern gegenüber. Das wovon die Goblins in diesem Moment Zeuge wurden war nicht ein Vertrauen ihrer Feinde in die eigenen Fähigkeiten, sondern reine Abenteurermanier. Also der gute Glaube, dass jeder Abenteurer sich einem Goblin überlegen fühlen durfte. Die Sicherheit, dass die Welt aus Scham über ihre Ungerechtigkeit untergehen würde, gelänge es jemals einem Goblin einen Abenteurer zu erschlagen.
Das bloße Beobachten der Ereignisse inspirierte mich zu einem Lied. Und so begann ich zu singen. Ein spaßiges Lied, denn auch ich glaubte nicht, dass uns diese Goblins gefährlich werden konnten.

Goblin Goblin sei nicht dumm,
sieh das Abenteurerlager,
und mache einen Bogen drumm,
nimm mit dir auch gleich den Schwager,
sonst hauen wir euch beide um.

Goblin Goblin fliehe in die Nacht,
und verkrieche dich in deiner Höhle,
wer weiß was sonst der Abenteurer,
mit dir macht.
Goblin Goblin hörst du wie er lacht?

Ich konnte mir das fiese Grinsen, das nun sicherlich die Gesichter meiner Weggefährten zierte lebhaft vorstellen. Ja es war die richtige Nacht, um in Ruhe und Frieden ein paar Goblins niederzumetzeln. Sie kamen brutal in die Ränke der Feinde. Nel und Hulk schlugen gleichzeitig auf den Größten der sieben Goblins los. Sicher, dass er der Anführer war. Knuffelbert hingegen rannte ein Stück weiter und ignorierte den Großen, um es mit den drei Goblins dahinter aufzunehmen. Einer fiel sofort zu Boden. Getötet durch eine klare Enthauptung. Eine große offene Wunde klaffte dort, wo vorher der Kopf des Goblins gesessen hatte.
Mittlerweile war es mir gelungen die Rüstung des Klerikers fest anzulegen. Er nickte sich mit Alisca zu und die zwei machten sich auf in den Kampf. Ich schlenderte, aus Leibeskräften singend, zu meinem Lager herüber, das aus Gründen der Sicherheit etwas abseits lag herüber und holte meine Armbrust. Eine feine Waffe, wie man sie selten fand. Mit einem Schnellspanner ausgerüstet erlaubte sie mir die Ladezeit erstaunlich kurz zu halten. Gerade wollte auch ich in den Kampf, als mir Karsten einfiel. Es brauchte einige kräftige Tritte die Kiste zu wecken, aber dann kam sie einigermaßen schnell (für eine Kiste) auf ihre unzähligen Beine. Ihre Scharniere quietschen entzückt, als sie das Kampgetöse wahrnahm. Sogleich hoppelte sie voller Freude auf die Feinde zu. Sie gehörte nicht mir, so sehr ich das gern gewollt hätte. Nein die Kiste war Eigentum des Klerikers, ein Geschenk von einem Schreiner in Toggle, den meine Gefährten auf einer ihrer Reisen vor einem Stamm von Riesenarmeisen gerettet hatten. Ich verstand den Kleriker, dass er Karsten aus dem Kampf heraus halten wollte. Vor kurzem erst hatte er Karstens Erbauer getroffen und war anständig ausgeschalten worden, für seine Verantwortungslosigkeit im Umgang mit Karsten. Er war unsicher unser Kleriker, was die Verwendung von Karsten anging. Persönlich glaube ich, dass das massive Eichenholz aus dem die Kiste gemacht ist geprüft werden will. Ja es will sich beweisen.
Als ich nah genug kam, um endlich in den Kampf einzugreifen, sah ich, dass, obwohl wir das Gefecht dominierten, wir noch nicht gewonnen hatten. Nel und Hulk hielten den großen Goblin in Schach. Das Untier hatte sie einige Male getroffen, aber niemals ernsthaft verletzt und so spielten sie ein wenig mit ihm. Die Mönchin zog sogar Grimassen, die den Goblin, der die Gesichter seiner Angehörigen zu ertragen gelernt hatte, schockierten und anwiderten. Ich sah in seinen Augen den Todeswunsch. Diese absolute Leere in der Existenz und die totale Frustriertheit. Nein dieser Goblin würde kein Problem damit haben zu sterben. Gut so, dachte ich, denn genau das war, was ihm bevor stand. Knuffelbert hatte unterdessen einen weiteren Goblin getötet. Von hinten kam der Ruf er solle den Weg freimachen. Die elbische Zauberin Alysca wollte ein bisschen Spaß mit dem Speerwerfen haben, die zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich Angst gehabt hatten. Also verzichtete Knuffelbert darauf den dritten Goblin, der ihn gleich zu beginn des Kampfes attackiert hatte zu töten. Stattdessen rannte er zur rechten Flanke, der Speerwerfenden Goblins, während Alysca sich um die linke kümmerte. Knuffelberts Bewegungen waren keinesfalls vorsichtig. In Wirklichkeit rannte er ohne jegliche Achtsamkeit von seinem Gegner fort zum nächsten. Von noch fünf stehenden Gegnern hätten ihn in diesem Moment vier problemlos köpfen können. Nach meinem Empfinden gehörte er für seine Dreistigkeit geköpft. Vielleicht war es Glück, vielleicht war es die bloße Unmöglichkeit einer solchen Aktion, dass keiner der Goblins auch nur auf die Idee kam ihn zu verletzen.
Der Goblin, den Knuffelbert soeben auf offenem Feld hatte stehen lassen hatte keine Zeit zu denken. Was nun auf ihm zukam konnte er einfach nicht verstehen. Als ihn Karsten in die Hand biss, sprich dem Goblin ein großer schwerer Holzdeckel auf die Finger fiel, Schrie die arme Kreatur mehr in Unverständnis als vor Schmerz. Genau anders herum war es, als die schwere Keule eines Klerikers ihn direkt auf den Brustkorb traf. Auch für ihn war das Leben vorbei. Denn trotzdem Goblins kaum einen Schimmer von Taktik hatten, wussten sie, dass es nicht gut war eingekesselt zu stehen zwischen einem Priester und noch schlimmer einer magischen Kiste. Ich schoss ihm einen Pfeil in die Schulter. Im selben Moment fielen zwei der Speerwerfer und ihr Häuptling zu Boden. Der eine erschüttert von den magischen Geschossen, die ihn durchlöcherten, der andere von dem Schwert, das ihm soeben durchs Herz gerammt wurde. Der Häuptling der Goblins wurde zerschmettert durch die im Mondlicht schimmernde versilberte Axt des haarigen Halborks. Der verbleibende Goblin, jener der von Knuffelbert auf dem Schlachtfeld stehen gelassen, von einer Kiste gebissen, von einem Knüppel fast zertrümmert und von einem grinsenden Elfen in die Schulter geschossen worden ist, drehte sich zu mir herum und drohte mir grimmig mit der Faust. Mein Kopfschütteln war der letzte Indikator für seinen Tot. Er selbst hätte sich gewundert hätten ihn nicht der gleichzeitige Streich von Schwert, Axt sowie die bösartigen Bisse magischer Geschosse, ein Tritt in seine wenigen verbliebenen Weichteile und natürlich die zerschmetternde Attacke der Kiste getötet.
Der Kleriker beugte sich weit über die Kiste, die arme verschränkt und sie blickte unsicher zu ihm herauf. Dann aber schmiegte sie sich an seine Beine und Rob musste schmunzeln. Er würde sie niemals wieder bei einem Kampf außen vor lassen.

Kleiner Goblin, war zu dumm,
nun ist seine Zeit schon rum.
Hat nicht Kopf noch Arme mehr,
und das Atmen fällt ihm schwer.
Kleiner Goblin, ich geb nichts drum.

Wir lachten fröhlich. Unsere Herzen waren frei. Wir waren Abenteurer. Solche Gefechte waren der Grund für unsere Reisen - meistens.. Wir gingen wieder schlafen. Aber die Nacht war noch nicht vorbei. Der Alarmspruch noch nicht aufgebraucht. Der Lärm nicht minder als die Male zuvor. Ich knäulte mich unter dem Wolfsfell, das meine Decke war zusammen. Diesmal kamen die Tritte wieder.