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Autor: Deep Thoughts

Erstellt am: 05.11.2002

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*Einsamkeit*



Geschrieben von:   Deep Thoughts




Der Autor hat folgende Stimmungen f�r sein Werk angegeben:
depressiv
einsam
frustriert



Der Regen passte so gut zu seiner Stimmung. Aus dem wolkenverhangenen Himmel fiel das Wasser in dichten Schleiern auf die fast schon überschwemmte Straße.
Er ließ seinen Blick über das gegenüberliegende, verlassene, Ufer des Flusses schweifen. In den Abendstunden war hier nie viel los. Außerdem war dies auch eine Gegend, die von Touristen und wohlhabenderen Menschen gemieden wurde.
Er breitete seine Decke auf dem letzten trockenen Plätzchen, das hier noch verblieben war aus. Die nasse, zerschlissene Jacke knüllte er zusammen und benutzte sie als Kopfkissen. Als er so dalag und den Beton über sich anstarrte, zogen Bilder aus seiner Vergangenheit in seinem Geiste vorüber. Er unterdrückte sie nicht, denn er wusste nur zu gut, dass man seiner eigenen Vergangenheit nicht entkommen konnte. Er sah sich selbst, wie er an jenem Tag diesen Unterschlupf hier, die Brücke, unter der er gerade lag, fand; tropfnass und niedergeschlagen. Schon seit einigen Wochen wurde es immer schwieriger, einen Schlafplatz oder etwas zu essen zu bekommen, und nicht selten lag er abends in einer der verwinkelten Gassen und musste mit leerem Magen auf den Schlaf warten.
Das war leider der Zustand, in dem er sich zu dieser Zeit befand. Es war jedoch nicht immer so gewesen. Er konnte nicht sagen, wann alles begonnen hatte, die Übergänge der Ereignisse und Situationen waren fließend und schwer erkennbar. Eigentlich hatte er schon Pech, seit er denken konnte. Er war nie gut gewesen in der Schule, eigentlich war er sogar recht schlecht gewesen. Hinzu kam noch, dass er der Klassendepp gewesen war, auf dem jeder herumgehackt hatte. Auch an das erste und letzte Vorstellungsgespräch konnte er sich so gut erinnern, als wäre es gestern gewesen. Man wollte ihn nicht haben, höflich wurde er vor die Tür begleitet, mit den Worten: “Wenn wir uns entschieden haben, lassen wir es Sie wissen!”. Doch die Entscheidung stand schon zu diesem Zeitpunkt fest und das folgende Telefongespräch wäre nicht nötig gewesen. Ab diesem Zeitpunkt wusste er schon, wie er enden würde, aber er verdrängte diesen schrecklichen Gedanken, wollte es nicht wahrhaben.
Mit dem unvorhergesehenen Tod seiner letzten Angehörigen versiegte auch seine letzte Geldquelle und er konnte seine Wohnung nicht mehr halten. Der Teufelskreis war vollkommen, denn: keine Arbeit ohne festen Wohnsitz.
Seither war er überall und nirgends zugleich. Im Moment unter dieser Brücke und gleichzeitig nahezu hilflos verloren in seiner Vergangenheit und ihren Folgen.
Er hatte auch schon daran gedacht, seinem Leben ein Ende zu setzen, aber dazu fehlte ihm der Mut.
Er wusste nicht mehr weiter.