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Autor: Franklin M. Bekker

Erstellt am: 29.08.2002

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Gespräche zur Welt



Geschrieben von:   Franklin M. Bekker


Der Anfang
Zum Beginn einer Geschichte eignet es sich immer mit einem Namen zu beginnen. Doch es ist eigentlich egal, wie man beginnt, da es nur wichtig ist zu beginnen, weil ansonsten die Geschichte ja nicht erzählt wird, wenn man nicht beginnt. Merken wir uns also für den Anfang: ohne Beginn gibt es nicht. Verstanden? Dann fange ich jetzt an – mit dem Ende.
Und wenn sie keine Baugenehmigung erhalten haben sitzen sie noch heute auf der Straße. Das wäre natürlich ein sehr trauriges Ende, besonders für einen Anfang. Was jetzt zweierlei bedeuten kann. 1. Die Geschichte geht am Anfang mit einem traurigen Ende zuende. 2. Wir sollten woanders beginnen. Halten wir also fest: der Anfang ist ebenso notwendig, wie unklar.

Christophs innerer Monolog
Christoph liebte es zu wandern. Das stellte er immer wieder dann fest, wenn er sich gerade einmal wieder dazu durchgerungen hatte aus dem Haus zu gehen. Im Moment beschritt er den heißen Asphalt zwischen Lüssow und Quilow, zweier Ortschaften in Vorpommern nahe der Peene gelegen. Neben ihm im Straßengraben surrten die unermüdlichen Grillen ihr Lied. Abends würde sich ihr Gesang mit dem der Frösche paaren. Über dem Acker zu seiner Rechten erspähte Christoph durch die Alleebäume hindurch einen kreisenden, seinerseits spähenden Adler. Ein kleines Kätzchen duckte sich hinter eine Baumwurzel. Es machte Jagd auf die Spatzen, die von der an der Straße entlang laufenden Hochspannungsleitung höhnisch hinab piepsten.
„Warum eigentlich nicht?“, dachte Christoph, zog aus seinem Rucksack eine Decke hervor, legte sie vor einen Baum und setzte sich darauf. Es gefiel ihm hier. Warum sollte er da nicht solange bleiben, wie ihm beliebte? Wo kam er her? Der Ort lag weit hinter ihm und die Erinnerung daran war in seinem Gedächtnis schon bald vollständig verblasst.. Wo wollte er hin? Nirgendwohin als auf dieses Stück rasen, neben der Straße zwischen zwei Alleebäumen.

Christophs und Julianes innerer Dialog
Juliane kam aus der anderen Richtung gewandert, lauschte den Grillen, sah den Adler, das Kätzchen und die Spatzen, dann fiel ihr Blick auf Christoph und sie fand, dass er Recht hatte. Deshalb holte auch sie eine Decke hervor. Sie lehne sich so gegen einen Baum, dass sie Christoph direkt in die Augen schauen konnte.

Dialog mit Fuchs und Hase
Als der Tag sich dem Ende zuneigt und der Himmel vom Abendrot gefärbt war, waren viele Autos vorbeigehuscht. Keinem aber hatten die beiden viel Beachtung geschenkt. Ihre Beschäftigung bestand darin einander anzustarren.
Ein wilder Hase kam vom Fuchs gejagt herbeigesprungen. Misstrauisch beäugte er die beiden Menschen. Als er sich keinen Reim auf deren Reaktionslosigkeit machen konnte, schaute er Juliane an. Sie bemerkte zwei Zuckungen im Gesicht des Langohres. „Muck-Muck?“, hatte er gefragt. Juliane lächelte verliebt. Um eine zweite Meinung einzuholen, wandte sich der Hase Christoph, der bestätigend nickte, zu. Anschließend hoppelte er eilig von dannen.
Kurze Zeit später folgte der Fuchs. Auch er ließ sich aufklären, riet aber, als er von den Plänen der beiden erfuhr, fauchend ab.

Dialog mit dem älteren Herren
„Kinder was macht ihr denn hier?“ Der ältere Herr kletterte aus seinem Auto.
„Ich für meinen Teil lebe hier.“, antwortete Christoph.
„Du? Und was ist mit ihr?“
„Das müssen sie sie schon selber fragen.“
„Aber du kennst sie doch?“
„Sicher. Sie ist meine Frau.“
„Deine Frau? Seid ihr denn nicht dafür zu jung?“
„Ich wusste nicht, dass man zum Heiraten ein bestimmtes Alter überschritten haben muss.“
„Nun streng genommen muss man das auch nicht, aber es braucht viel Erfahrung, um überhaupt den richtigen Menschen zu finden.“
„Wir würden kaum beide hier sitzen, hätten wir nicht die richtigen Erfahrungen.“
„Tut mir leid ich versteh leider nur Bahnhof. Wie dem auch sei. Ihr könnt hier nicht bleiben.“
„Warum?“
„Warum? Weil es Nacht wird und kalt.“
„Nacht mag es werden, aber nicht kalt.“
„Gut gut die Sommernächte sind warm, aber was macht ihr, wenn es zu regnen beginnt?“
„Das wird es nicht.“
„Dann wollt ihr nicht nach Hause gehen?“
„Ich, wie gesagt, bin zu Hase. Doch da kann ich nur für mich allein sprechen.“
„Ich denke es ist besser die Polizei zu rufen.“
„Wenn sie überzeugt davon sind, sollten sie das tun.“
„Ist es das was ihr wollt? Aufmerksamkeit? Provozieren?“
„Was ich will ist, dass sie gehen. Was sie will, kann ich ihnen nicht sagen.“
Der Mann nahm sein Handy und rief tatsächlich die Polizei. Anschließend versuchte er Christoph und Juliane erneut zum Gehen zu bewegen. Als seine Worte gar nicht fruchteten, ließ er ihnen eine Decke da und fuhr ab.

Der Dialog mit den Insassen des Streifenwagens
Der Streifenwagen hielt. Ein Polizist und ein Mann in Zivil stiegen aus. Letzterer begrüßte Christoph und Juliane und stellte sich als Polizeiseelsorgern vor. Offensichtlich wollte er sie im Gespräch dazu überreden nach Hause zu gehen.
„Warum sitzt ihr hier?“
„Ich sitze hier, weil ich mich in diesen Ort verliebt habe.“, sagte Juliane.
„Und du?“ Der Seelsorger schaute Christoph an, der den Blick nicht erwiderte sondern starr in Julianes Augen sah. „Ich auch.“
„Was ist denn so besonderes an diesem Ort.“
Das Mädchen antwortete: „Er ist ich und ich bin er.“
„Das verstehe ich nicht. Bitte erklär’ es mir.“
„Ein jeder Mensch lebt in zwei Welten. Einmal in der, die ihn umgibt, der zu erfahrenden Welt und einmal in seiner eigenen, der Erfahrungswelt. Wir können beide als Mengen auffassen, die teilweise unterschiedliche und teilweise identische Elemente aufweisen. Soe überschneiden einander also. Nun ist es bei diesem Ort und mir so, dass sich zu erfahrende Welt und Erfahrungswelt nicht einfach nur überschneiden, sondern das sie 100% übereinstimmen.“
„Und was heißt das?“
Christoph spürte Julianes Augenrollen. „Das heißt, ich sehe, wenn es regnet den ersten Tropfen fallen und höre, wie die ersten Blätter sich nach der Windstille aneinander reiben.“
„Was macht ihr, wenn es regnet?“
„Das wird es nicht.“
„Warum?“
„Wenn meine Welt und die zu erfahrende eins sind, warum soll es dann regnen, wenn ich es nicht will?“
Mit einem Lächeln auf den Lippen deutete der Psychiater nach oben. „Weil Regenwolken aufziehen.“
Jetzt ergriff Christoph das Wort: „Das liegt an ihnen. Sie stören das Gleichgewicht. Ihre Erfahrungen haben auch ihren Einfluss auf die zu erfahrende Welt. Die Welten stimmen nicht mehr zu 100% überein.“
„Soll das heißen, dass ich den Regen verursache?“
„Ja, denn durch das von ihnen und ihrem Kollegen hervorgerufene Ungleichgewicht verliere ich meinen Einfluss.“
„Und was ist mit ihr?“
„Das kann ich ihnen nicht sagen.“
„Warum denn nicht?“
„Weil er damit meine Welt bestimmen würde.“
„Aber eure Welten sind doch identisch. Egal, wie er über dich denkt, du würdest es auch tun.“
„Aber sie würde nicht mehr wissen, ob sie es selbst tut. Dies ist ein empfindliches Gleichgewicht, das 100% auf Vertrauen basiert.“
„Ich denke es ist besser, wenn ich eure Eltern rufe. Wie heißt ihr?“
„Juliane.“
„Chrtistoph.“
„Und weiter?“
„Ich habe keine anderen Namen.“
„Ich auch nicht.“
„Dann verratet mir wenigstens die Telefonnummern eurer Eltern.“
Sie gaben sie ihm. „Bevor sie aber zum Telefon greifen möchte ich ihnen beiden noch etwas zeigen.“, sagte Christoph.
Beide, Psychiater und Polizist taten ihre Einwilligung mit einem Nicken kund. „Dann bitte entfalten sie diese Decke und setzen sie sich darauf. Ich bitte sie aber darauf zu achten nicht den Blickkontakt zwischen mir und Juliane zu stören.“ Die Männer kamen den Wünschen nach. „Seien sie nun so freundlich an nichts zu denken. Leeren sie ihren Geist.“
Die Beiden taten dies und nach einer Weile gelang es ihnen auch gleichzeitig. Da schwebte plötzlich eine geometrische Figur vor ihren Augen. Ihre Sinne nahmen sie wahr. Ihr Verstand konzentrierte sich darauf. Als sie es erkannten verpuffte es, doch das nahmen sie nicht wahr. Panisch sprangen sie auf und in den Steifenwagen. Die Räder quietschten, der Motor heulte. Es dauerte nicht Lang bis das Automobil außer Sichtweite war.
Anschließend verzogen sich die Regenwolken, ohne das ein Tropfen gefallen war.

Der Monolog des Zeitungskuriers
Das nächste Auto kam erst mit dem nächsten Morgen. Es war ein Zeitungskurier der mit großen Augen auf die beiden zuging. „Ach ne dann hat er mich doch nicht verarscht.“, sagte der Zeitungskurier. Juliane und Christoph machten kein Anzeichen Notiz von ihm genommen zu haben.
„Ein Freund von mir, Reporter, hat mir die Story gestern Abend auftischen wollen. Hat mir von dem Seelsorger und dem Polizisten erzählt, die ihr so fertig gemacht habt. Viereckiges Dreieck! Das ist schon ein starkes Stück von euch. Hätte nicht gedacht, dass das zu dieser Zeit noch einer kapiert. Ihr habt ja eigentlich die falsche Mentalität dazu. Aber doch! Ihr habt es rausbekommen. Die empirische Welt, die wir doch alle sehen rational zu erklären und dann gleich ihr Idealform zu finden. Das ist grandios! Ihr wisst, was Gerechtigkeit ist, nicht wahr? Und was gutes Handeln ist und überhaupt alles, denn ihr definiert es durch euch. Kolossal!
Nun aber genug geredet. Es tut mit leid. Ich kann meine Freude über diese Entdeckung niemals zügeln, so oft ich das auch miterlebe. Kommt gebt mir eure Hände.“
Christoph und Juliane standen auf, gaben die eine Hand dem Partner und die andere Platon. Dann verschwanden sie.

Dialog in der Ideenwelt
„Wo sind wir hier?“, dachten Juliane und Christoph.
„Außerhalb der Höhle. In der Ideenwelt.“
„Und sie sind Platon?“
„Ja.“
„Und sie können solange leben, weil wenn sie nicht glauben tot zu sein, sie es ach nicht sind.“
„Ja.“
„Cool.“

Dialog von Hase und Fuchs
Gleich nachdem die drei Menschen verschwunden waren traten Fuchs und Hase hinter den Bäumen hervor, hinter denen sie sich versteckt hatten, um das Geschehen zu verfolgen.
„Meine Güte dieser Platon ist schon ne dumme Nuss.“, fauchte der Fuchs.
Der Hase muckte: „Jepp 2400 Jahre und er hat es immer noch nicht begriffen.“
„Woran liegt es nur, dass selbst die intelligentesten Menschen zu blöd sind die letzte Schlussfolgerung zu ziehen?“
„Hängt vielleicht damit zusammen, dass sie das Ding mit der Sinnlosigkeit nicht verkraften können:“
„Mag sein.“ Sie saßen noch einige Minuten so da, stierten in den sich nur langsam verziehenden Nebel hinein und genossen es eins mit der Welt zu sein. Dann sagte der Fuchs: „Lass uns mal wieder.“
„Gib mir fünf Sekunden.“, sagte der Hase uns sprengte von dannen. Der Fuchs zählte bis drei und rannte hinterher. „Ich krieg dich.“, rief er.
„Ich hab fünf Sekunden gesagt:“, muckte der Hase.

Das Ende
Und wie kommt ihr mit der Sinnlosigkeit klar? So klar wie dies das Ende ist oder so wie der Anfang und auch das gort erwähnte Ende mit dem ich zu beginnen erwog, was dieses Ende nun auch wieder unklar macht, unklar war?