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Autor: Khaine

Erstellt am: 02.05.2006

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Antimensch



Geschrieben von:   Khaine




Der Autor hat folgende Stimmungen f�r sein Werk angegeben:
verletzt
sehnsüchtig
frustriert
einsam



Das schlimmste war überstanden, jetzt ging es um den Wiederaufbau. Aus den Trümmern lugten die ersten Gesichter in eine neue Welt, als ein Fremder bereits anfing herumliegenden Schrott einzusammeln und bis vor den Ruinen des alten Stadtrats hinter sich herzuschleifen. Dort fing er an mit einfachen Werkzeugen Stein und Holz, Stahl und Beton, Plastik und Pappe, Kupferdrähte und Glasfasernkabel zu verformen und zusammenzufügen und es letztendlich doch zu verwerfen und vom neuen anzufangen.
Der Klang seines Hammers hallte durch sämtliche Bauwerke, die die Kämpfe wie blanke Knochen übrig gelassen hatten und aus denen sich ermutigt vom gleichmäßigen Schlag des Hammers, hagere Gestalten aus den verfallenen Leibern ihrer alten Stätten trauten.
Die Tage wurden heller, das Gras bedeckte alte Wunden. Schon war der Schrecken aus den Augen gewichen und neuer Sternenglanz beflügelte die aufkeimende Saat.
Geselliges treiben herrschte auf den staubigen Straßen und man war eifrig dabei Fleisch auf die wunden Knochen zu packen.
Nur den Fremden kümmerte das aufkeimende Leben in den Straßen nicht. Er zerrte eifrig weiter den Müll einer untergegangen Zivilisation hinter sich zur Stadtmitte hin und baute daraus seine Skulptur.
Sein Eremitentum sah man ihm nach. „Ein Künstler“, sprach man hinter vorgehaltener Hand, „man müsse ihnen ihre Freiheit lassen“. Und so störte niemanden der Fremde der längst zum Alltagsbild geworden war und von dem man nichts wusste außer das er jeden Tag an seiner Statue baute.
Dann eines Tages war es vollbracht. Wie ein Raunen ging es durch die Straßen, wurde von Ohr zu Ohr getragen. „Der Fremde hat sein Werk vollbracht.“
Man drängte sich hinter Ecken und Fenstersimsen und unterdrückte erstauntes Flüstern. Jeder wollte das zweibeinige Ungetüm aus Schrott, das im Entferntesten die Ähnlichkeit zu einem Menschen aufwies, sehen.
Doch den Fremden beeindruckte das Gaffervolk nicht. Er stand nur mit unterdrückten Tränen in den Augen vor seinem Menschen und betrachtete ihn regungslos aus ein paar Schritten Entfernung.
Dann, aus seiner Starre gerissen, spuckte er ihm ins Gesicht, wandte sich ab und wurde nie wieder gesehen.